Der Stuttgarter Autokonzern gibt 220 Millionen Euro aus und will damit das Abgasproblem lösen. Hilfe soll das Knowhow aus der jüngsten Dieselmotorenfamilie liefern. Die Nachrüstung soll in den nächsten Wochen beginnen.

Stuttgart - Der Daimler-Konzern versucht mit einem Befreiungsschlag das Abgasproblem bei Dieselmotoren zu lösen. Am Dienstagabend kündigte das Unternehmen ein Programm an, mit dem die Stickoxid-Emissionen fast aller Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge gesenkt werden sollen. Die Maßnahmen, so heißt es, würden in enger Kooperation mit den deutschen Zulassungsbehörden durchgeführt. Betroffen sind nach den Angaben mehr als drei Millionen Fahrzeuge. Daimler gibt für die Nachrüstaktion 220 Millionen Euro aus. Den Kunden sollen keine Kosten entstehen. Die Umsetzung soll in den nächsten Wochen beginnen.

 

Daimler nimmt in der Mitteilung keinen Bezug auf die vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Vorwürfe. Danach soll das Unternehmen in Europa und den USA zwischen 2008 und 2016 mehr als eine Million Autos mit unerlaubt hohem Schadstoffausstoß verkauft haben. Daimler bestreitet vehement, eine illegale Abschalteinrichtung eingebaut zu haben, um den Schadstoffausstoß zu senken. Ende voriger Woche hieß es, es werde intensiv an Maßnahmen gearbeitet, die Stickoxid-Emissionen bei Fahrzeugen mit den Abgas-Grenzwertklassen Euro 5 und Euro 6 weiter zu reduzieren. Das Ergebnis ist offenbar der gestern vorgestellte Plan. Im vergangenen Jahr hat Daimler, wie von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt verlangt, 250 000 Fahrzeuge mit auffälligen Stickoxid-Messwerten nachgerüstet.

Die Belastung mit Stickoxiden und Feinstaub ist vor allem in Stuttgart ein großes Problem. Die zehn wichtigsten Fakten dazu sehen Sie im Video:

„Wir wollen den Dieselfahrern Sicherheit geben“

„Die öffentliche Debatte um den Diesel sorgt für Verunsicherung“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. „Wir haben uns deshalb für weitere Maßnahmen entschieden, um den Dieselfahrern wieder Sicherheit zu geben und um das Vertrauen in die Antriebstechnologie zu stärken.“

Um den Ausstoß schädlicher Stickoxide zu verringern, sollen unter anderem Erkenntnisse aus der Entwicklung der aktuellen Dieselmotorenfamilie genutzt werden. Einzelheiten dazu teilte Daimler nicht mit. Mercedes hat gegenwärtig in der E-Klasse einen Motor mit der Typenbezeichnung OM 654 im Einsatz, der von Fachleuten durchweg gelobt wird und als sauberster Diesel aller Zeiten gilt. Nach dem Marktstart im vorigen Jahr soll die modular aufgebaute Motorenfamilie in allen Modellen schnell zum Einsatz kommen. Die Investitionen für diese Motorenfamilie beziffert Daimler auf drei Milliarden Euro.

Daimler geht mit der Umrüstung noch einen Schritt weiter als die Konkurrenten BMW und Audi: Wie die Staatskanzlei in München am Dienstag mitteilte, haben die bayerischen Autobauer zugesagt, dass allein durch ein Software-Upgrade für die Hälfte ihrer Euro-5-Diesel-Pkw bei der Absenkung der Stickoxid-Emissionen im innerstädtischen Bereich ein „relevantes Niveau“erreicht werden kann. Die Hersteller würden „umgehend“ mit den Vorbereitungen für das kostenlose Upgrade starten.