Der Doppel-Weltmeister Frank Stäbler aus Musberg verlegt nach der Hallensperre gegen seinen Verein sein Training nun in den elterlichen Hof. Dort trainiert er derzeit im Stall. Eine Entspanung im jahrelangen Ringerstreit ist nicht in Sicht.

Leinfelden-Echterdingen - Der Hof der Familie Stäbler in Musberg ist keine Wohnkulisse romantischer Städter, sondern ein richtiger Betrieb. Und jetzt muss im Stall noch Platz für den jüngsten Sohn gemacht werden. Doppel-Weltmeister Frank wird sich künftig auf seine nationalen und internationalen Einsätze mit Trainingsgruppen im elterlichen Stall vorbereiten, weil sein Verein TSV Musberg seine aktiven Ringer nach einem jahrelangen Streit Mitte April mit Rückendeckung der Stadt aus der städtischen Trainingshalle ausgesperrt hat. Deutschlands erfolgreichster Ringer hat zwar gewisse Ausnahmerechte, aber die reichen ihm nicht. „Ich darf bis 16 Uhr in die Halle und nur mit einem Trainingspartner“, erklärt Stäbler, „um diese Zeit arbeiten meine Partner aber noch und ich brauche eine Gruppe, um erfolgreich arbeiten zu können“, erklärt der 28-Jährige.

 

Stäbler spricht von „Neid und Missgunst“

An der Längsseite Traktoren und Heuballen, an der Stirnseite eine eilig installierte Wettkampfmatte für Ringer – das neue Domizil ist ein ehemaliger Kuhstall. Es gibt Städte, die benennen Sporthallen nach Weltmeistern, in Musberg sperren sie ihren Champion und die aktiven Ringer einschließlich der Schülerklasse aus. Der Höhepunkt eines Streits, der als Zwist um Geld begonnen hat und längst zu einem persönlichen Kampf zwischen TSV-Clubchef Joachim Beckmann und den Ringern sowie speziell Frank Stäbler geworden ist.

Der frisch gebackene Vater sprach am Montag erstmals öffentlich von den aus seiner Sicht von „Neid und Missgunst“ geprägten Attacken von Beckmann gegen ihn und seine Familie. Ein Beispiel: Laut Stäbler kam zwei Tage nach seinem ersten WM-Sieg in Las Vegas eine Mail des TSV. Statt der zu erwarteten Glückwünsche enthielt die eine Abmahnung an Stäblers Coach Andreas Stäbler wegen „vereinsschädigenden Verhaltens“. Auch seine Mutter sei als Ringerfunktionärin vom TSV abgemahnt worden. Zudem sagte Stäbler: „Ich habe, anders als Beckmann behauptet, nie Geld vom TSV bekommen.“

Die meisten Ringer wollen weg von TSV

Aus dem Zwist aller Ringer mit dem Hauptverein ist vor einiger Zeit der KSV Musberg entstanden – wobei die meisten Ringer, auch Frank Stäbler, Mitglied im TSV blieben. Sie wurden trotzdem ausgesperrt. Bei dem Zwist scheint eine gütliche Einigung kaum mehr möglich zu sein. Zumindest nicht die, die sich Joachim Beckmann vorstellt. Der hatte angeboten, die Ringer wieder wie früher in die Trainingsräume zu lassen, wenn sich der KSV Ende des Jahres auflöst und alle unter das Dach des TSV zurückkehren. Dies haben die KSV-Mitglieder bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am Donnerstag abgelehnt, weil es den Streit nicht lösen würde. Nur eines der 110 stimmberechtigten Mitglieder votierte in geheimer Abstimmung für den Vorschlag von Beckmann, 96 sprachen sich für eine endgültige Trennung vom TSV und eine Ausweitung des Angebots von reinem Wettkampf- auch auf Breitensport aus. 13 Mitglieder würden sich vom TSV lösen wollen, aber weiter über eine Rückkehr im Gespräch bleiben.

Welche Möglichkeiten der neue Verein und Frank Stäbler bekommen, hängt vor allem von der Stadt Leinfelden-Echterdingen ab, die Hausherr über die Trainingshalle ist, das Belegungsrecht aber nach wie vor dem TSV zugesteht. Oberbürgermeister Roland Klenk (CDU) hat sich nach anfänglichem Zögern eingeschaltet und beim TSV angeregt, den Verein über die Zukunft der Ringer abstimmen zu lassen. Bis zum Termin Ende Juni sollte der TSV die Räume wieder für alle Ringer freigeben und die Kündigung des Stützpunktrainings für Frank Stäbler ruhen lassen. So hat es OB Klenk an Trainer Andreas Stäbler geschrieben. Beckmanns Reaktion: Er habe ein anderes Schreiben von Klenk bekommen.

Wie es im Hernst weitergeht ist offen

Von außen betrachtet wäre es das Beste für Stäbler, Musberg den Rücken zu kehren. „Ich habe Anfragen von 15 Vereinen“, erklärt er. Auch Jens Petzold, Chef der Red Devils Heilbronn, für die Stäbler mit Zweitstartrecht in der Bundesliga ringt, würde „ihn sofort aufnehmen“, wie er sagt. Aber Stäbler will nicht weichen. „Ich brauche meine Familie und mein Trainingsumfeld um erfolgreich zu sein“, sagt er. Der Preis dafür ist hoch und wie es nach der WM im Oktober in Budapest weitergeht offen. Der Stall hat nämlich keine Heizung.