Yoshihde Suga wollte erst um sein Amt kämpfen – und kündigt nun überraschend seinen Rückzug an. Mehrere Nachfolgekandidaten stehen bereit.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Tokio - Er war der erste offizielle Staatsgast, den US-Präsident Joe Biden in Washington empfangen hatte, doch auch dieser Ritterschlag auf internationalen Bühne hat Yoshihide Suga daheim nichts genützt. Am Freitag kündigte der japanische Premier an, dass er sein Amt aufgeben wird – ein Jahr, nachdem er es übernommen hatte. An der Börse in Tokio brannte daraufhin ein Kursfeuerwerk ab. Das sagt viel über die mangelnde Beliebtheit im eigenen Land.

 

Ursprünglich wollte Suga kämpfen

Suga stand vor allem wegen seiner Corona-Politik in der Kritik, auch wegen seines fast schon sturen Festhaltens an den Olympischen Spielen. Die Japaner hätten die Veranstaltung gerne zurückgegeben. Ursprünglich hatte Suga in diesen Tagen eine Kabinettsumbildung geplant gehabt, um wieder Pluspunkte zu sammeln. Dass nun gleich die Spitze der Regierung selbst getauscht werden wird, kommt überraschend.

Suga erklärte am Freitag, dass er für die Wahl zum Parteivorsitzenden der regierenden Liberaldemokraten (LDP) am 29. September nicht mehr antreten werde. In Japan ist es üblich, dass der Parteichef auch das Amt des Premiers ausübt. Der Nachfolger Sugas auf diesem Posten wird daher auch als künftiger Regierungschef gehandelt. Spätestens im November wird in Japan ein neues Unterhaus gewählt. Die LDP stellt seit 1955 nahezu ununterbrochen die Regierung. Wer die Partei nun in den Wahlkampf führen wird, bleibt spannend.

Kandidaten stehen bereit

An Kandidaten mangelt es jedenfalls nicht. Schon vor Sugas Rückzieher hatte der frühere Außenminister Fumio Kishida seine Kandidatur erklärt. Nach Umfragen in der Bevölkerung wären der Reformminister Taro Kono und der frühere Generalsekretär Shigeru Ishiba beliebter. Beobachter sehen auch den Umweltminister Shinjiro Koizumi als Kandidaten. Viele Japaner halten ihn mit seinen 40 Jahren aber noch für zu jung. Dass der Amtsinhaber nicht mehr zur Wahl steht, wird voraussichtlich die möglichen Kandidaten bestärken, selbst in den Ring zu steigen.

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Suga hatte das Amt des Ministerpräsidenten im vergangenen September übernommen. Sein Vorgänger Shinzo Abe war nach mehr als sieben Jahren aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Suga war als Kabinettssekretär eine der wichtigsten Personen in der Abe-Regierung gewesen, hatte nach anfänglich guten Umfragewerten allerdings schnell an Beliebtheit verloren. Ende August lag die Zustimmung laut einer Umfrage nur noch bei 26 Prozent.