Bezirksbeiräte verlangen von der Stadt eine Begründung, weshalb die Querdenker-Demo an Karsamstag auf dem Marienplatz genehmigt worden ist. Die Hunderte von unmaskierten Protestlern hätten für die Bewohner ein Ansteckungsrisiko dargestellt.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Die Bezirksbeiräte im Süden lassen in Sachen Querdenker-Demo nicht locker. Der Schrecken vom Karsamstag, als der Marienplatz von fast Tausend Gegnern der Corona-Maßnahmen nachgerade gekapert wurde, sitzt tief. Einwohner, die den Platz an jenem Samstagvormittag passieren wollten, mussten sich durch Pulke unmaskierter Demonstranten schlängeln. Die Bezirksbeiräte haben beschlossen, die Stadtverwaltung zur Rede zu stellen. Die Räte fordern Antworten. Einen entsprechenden Antrag hat nun die SPD-Fraktion formuliert, dem in der kommenden Sitzung des Gremiums zugestimmt werden dürfte.

 

Pingelige Platzanweisung

Die drängenden Fragen der Bezirksbeiräte lauten: „Welche Gründe gab es, eine dezentrale Demonstration der Querdenker auf dem Marienplatz und den anschließenden Sternenmarsch quer durch Stuttgart zu genehmigen, und warum wurde der Bezirksbeirat nicht informiert?“ Der Bezirk selbst ist nämlich bei der Genehmigung von Veranstaltungen auf dem Platz sehr pingelig. Neue Akteure müssen im Bezirksbeirat Rede und Antwort stehen und selbst Etabliertes wird nicht einfach durchgewunken. Stets versucht man, die Balance zu wahren zwischen anspruchsvoller Bespielung einerseits, die man durchaus haben möchte, und den Bedürfnissen der Bewohner andererseits, den Platz als Spielfläche, Picknickwiese und Treffpunkt zu nutzen.

„Wenn auch die Genehmigung von Demonstrationen keine Beteiligung des Bezirksbeirats erforderlich machen, so wäre es zumindest angebracht, diesen über die Genehmigungen in Kenntnis zu setzen“, meinen die SPD-Bezirksbeiräte. Immerhin seien es die sachkundigen Einwohner, „die im Zweifel vor Ort bei Anfragen der Einwohner des Bezirks Rede und Antwort stehen müssen“.

Viel zu voller Platz

Doch es geht nicht nur darum, dass man sich im Bezirksbeirat durch die Genehmigung der Querdenker-Demo düpiert fühlt. Man erachtet dies als nachgerade verantwortungslos gegenüber den Bürgern: Die Begrenzungen des Platzes durch Straßen und Häuserreihen erzeugten zwar bei netten Festen eine lauschige Atmosphäre. Doch beschränke dies auch seine Nutzbarkeit. „Der Platz kann nur eine bestimmte Anzahl von Menschen gleichzeitig aufnehmen, ansonsten ist er nicht mehr beherrsch- und kontrollierbar und wird dadurch zu einem Sicherheitsrisiko für Besucherinnen und Besucher, aber auch für die Bevölkerung, die den Platz beim Einkaufen und Nutzen der öffentlichen Verkehrsmittel queren muss“, heißt in dem Antrag zur Begründung dafür, dass sich der Marienplatz nicht eigne für unberechenbare Großevents wie eine Querdenker-Demo. „Die Entscheidung zur Genehmigung der Versammlung auf zentralen Plätzen der Innenstadt mit anschließendem ‚Sternenmarsch‘ verurteilen wir aufs Schärfste“, betonen die Verfasser des Antrags. „Die Konsequenzen aus dieser Entscheidung werden wieder Pflegende und Bürgerinnen und Bürger tragen müssen, die sich selbst an die vorgegebenen Maßnahmen halten.“

Gemalter Regenbogen

Die am 3. April aus dem Ruder gelaufene Demo hat Stuttgart bundesweit negative Schlagzeilen eingetragen. Die Republik konnte live zusehen, wie zügellose Demonstranten ungebremst durch die Stadt zogen. Stuttgarter sahen nicht zuletzt das Image der Stadt beschädigt und starteten die Kampagne #wirsind0711. Ihr Zeichen, ein freundlicher Regenbogen wie von Kinderhand gemalt, soll die Vielfalt dieser Stadt versinnbildlichen. Auch der Marienplatz trägt seit Neuem dieses Motiv auf den Bodenplatten.