Noch ist die Lage überschaubar. Aber viele Mediziner haben den 60. Geburtstag schon hinter sich.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Nachricht kann die Patienten im Landkreis Esslingen nicht wirklich froh stimmen. Zwar ist die Versorgung des Gebiets mit Hausärzten noch ein wenig besser als in anderen Regionen in Baden-Württemberg. Dennoch: auch in den 44 Kreisgemeinden gibt es schon heute einen erheblichen Ärztemangel. Darauf hat Johannes Bauernfeind, der Geschäftsführer der für den Landkreis Esslingen zuständigen AOK-Bezirksdirektion Neckar-Fils, am Freitag hingewiesen.

 

Die Versorgungsquote liegt bei 88 Prozent – noch

Aktuell zählt die AOK 320 Hausärzte im Kreis. Das entspricht einer Versorgungsquote von etwas mehr als 88 Prozent. Anders, als man vielleicht meinen könnte, sind es dabei nicht einmal generell die kleineren Gemeinden, in denen Hausarztpraxen unbesetzt sind. Vielmehr verteile sich, so Bauernfeind, der Mangel über das gesamte Kreisgebiet. Auch in Esslingen selbst gebe es manche Vakanz.

Besser ist die Situation bei den Fachärzten. 360 von ihnen hat die AOK im Kreisgebiet gezählt. Damit liege die Versorgungsquote nahe der 100-Prozent-Marke. Lediglich junge Augen- und HNO-Ärzte sowie Urologen hätten momentan die Chance, ohne Wartezeiten Praxen eröffnen zu können. Komplettiert wird die medizinische Versorgung im Kreis durch 42 Kinderärzte und rund 125 Psychotherapeuten.

Es gibt 150 Versorgungsassistentinnen

Besonders kritisch aus Sicht der AOK ist es, dass der Altersdurchschnitt der noch praktizierenden Hausärzte im Kreis relativ hoch ist. Ein Drittel von ihnen habe bereits den 60. Geburtstag gefeiert. Es sei also abzusehen, dass in den kommenden Jahren weitere Nachfolger gefunden werden müssten. Christopher Hermann, der Vorstandsvorsitzende der AOK Baden-Württemberg, sieht darin eine gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe. Die AOK leiste ihren Beitrag unter anderem damit, dass sie mittlerweile landesweit 2000 Arzthelferinnen – davon 150 im Landkreis Esslingen – zu Versorgungsassistentinnen hat weiterbilden lassen, die den Ärzten gewisse Arbeiten abnehmen können. Aber auch die Kommunen seien gut beraten, Ärztehäuser zu bauen, um auf diesem Weg den Standort attraktiver zu machen. Arztpraxen vor Ort seien so wichtig wie die Ansiedlung von mittelständischen Unternehmen.

Der Hausarztberuf werde immer weiblicher. Frühere Modelle, in denen ein Hausarzt seine Praxis gründete und diese dann 30 oder noch mehr Jahre führte, spiegelten nicht mehr die heutige Zeit wieder. Darauf müsse das Gesundheitswesen viel stärker als bisher reagieren.