Ein emotionaler Spielplatz für jedes Alter, perfekt für die Generation Instagram: Gleich zum Start sorgt die Event-Schau „Monets Garten“ in Stuttgart für große Begeisterung – und für einen Ansturm auf Karten. Wir haben die impressive 360-Grad-Ausstellung getestet.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Alles wär’ wohl anders gekommen, hätte sich Klassikveranstalter Andreas Schessl nicht 1994 in New York ein Bildband mit dem schönen Titel „Monets Garten“ für 29 Dollar gekauft. Und hätte viele Jahre später nicht Corona die Kultur lahmgelegt.

 

Beim Pre-Opening von „Monets Garten“ im Anbau der Schleyerhalle erzählt der Münchner Impresario, der mit Sohn Nepomuk Schessl momentan gleich in vier Städten (New York, Wien, Hamburg, Stuttgart) den französischen Impressionisten Claude Monet (1840–1926) auf völlig neue Weise für alle Sinne zelebriert, dem Theaterhauschef Werner Schretzmeier, wie alles begann.

An das schöne Gartenbuch erinnerte sich Schessl, als er sich in der Pandemie überlegte, was man im Stillstand tun könne. Und er dachte an die gebogene Leinwand, die er auf einer Orchestertour in der Ukraine vor dem Krieg eingesetzt hat. Der Trend in der Kunstwelt heißt: Digitale Zauberei! Vater und Sohn Schessl wollen damit noch mehr Emotionen auslösen. Sie erzählen eine zutiefst menschliche Geschichte des Franzosen, eines Rebellen, beim Rundgang in seinem Garten. Keine Ahnung hatten die beiden, als sie Anfang des Jahres in Berlin Premiere feierten, dass sie irgendwann auch Socken, Taschenschirme, Augenmasken zum Schlafen und vieles mehr mit Monet darauf verkaufen würden.

„Mehr Money als Monet“ ist manchmal zu hören

Kunstpuristen mögen einwenden, dies sei „mehr Money als Monet“, aber mit den interaktiven Spielereien führen die Schessls ein ganz neues Publikum dem Impressionismus zu und wecken Neugierde, noch mehr über Kunst zu erfahren. Der Ansturm auf die Karten ist so groß, dass es für die ersten drei Wochenenden keine freien Plätze mehr gibt.

Ein reiner Erlebnisparcours ist die Schau ohne Originale nicht. All das, was den Meister des Lichts ausmacht, wird unterhaltsam vermittelt. Gern hat Monet seine Bilder groß anlegt – High-Tech unserer Tage macht alles noch größer. „Ihm hätte das gut gefallen“, sagt Birgit Hohl,die PR-Agentin der Schau.

Die Generation Instagram ist im Glück. Was man hier an Selfies machen und unter #monetsgarten posten kann, übersteigt mit einer farbenprächtigen Motiv-Fülle, inklusive bewegter Bilder, das Gewohnte.

Beim Pre-Opening für geladene Gäste, darunter Vertreter der Stuttgarter Kulturszene, ist die Begeisterung riesengroß – gerade weil viele gar nicht mit dieser didaktische Qualität gerechnet haben. Lob in der Superlativform ist zu hören. Mindestens drei Monate lang soll der Garten in Halle 4 der Schleyerhalle erblühen. Die Veranstalter rechnen mit 100 000 Besuchern.

Schon fühlt es sich an, als sei man Teil eines Gesamtkunstwerks

Der bunte Rausch wird kombiniert mit Musik und Düften – alle Sinne sollen betört werden. Wer etwa über eine Brücke geht, aktiviert den Bewegungsmelder, der Geruchsstoffe versprühen lässt. Wer herumturnt vor einem der Werke, dirigiert die Farben und nimmt Einfluss auf das sich verändernde Bild. Im Hauptraum kann man in Sitzsäcken versinken, ist mal von Wasser umgeben, lässt sich mal bei sanften Ravel-Klängen wie eine Seerose treiben. Vorsicht beim Herumgehen! Mitunter denkt man, der Boden schwankt und alles bewegt sich – dabei zaubert nur die digitale Technik. Wenn sich vor der „Hug-Wand“ ein Paar ganz dicht umarmt, kommt es zur Farbenexplosion auf der Leinwand.

Und schon fühlt es sich an, als werde man zum Teil eines Gesamtkunstwerks.

Veranstalter arbeiten an einer Klimt-Schau

Der Spaziergang in Monets Garten ist ein großer Spaß – und gleichzeitig lernt man viel über den Meister. Wenn es sich herumspricht, wie toll das alles ist, wird sich der Ansturm auf Karten noch weiter verstärken. Geöffnet ist die Monet-Schau täglich von 10 bis 21 Uhr. Die Schessls arbeiten schon am nächsten Thema: „Klimt – Der Kuss“ feiert, erneut als 360-Grad-Erlebnis, Anfang 2023 Premiere in Berlin. Sollte die neue Schau ebenso erfolgreich sein, kommt sie garantiert auch nach Stuttgart.