Russland warnt vor großer Kriegsgefahr. Die USA ziehen ihr Botschaftspersonal aus Kiew ab. Die EU sichert der Ukraine finanzielle Unterstützung zu.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Brüssel - Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen in der Ukraine-Krise verschärfen sich zunehmend. Angesichts des massiven russischen Truppenaufmarsches an der ukrainischen Grenze kündigte die Nato an, zusätzliche Kriegsschiffe und Kampfjets nach Osteuropa zu verlegen. Die Streitkräfte der Nato-Staaten seien in Alarmbereitschaft, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf den USA und deren Alliierten vor, die Spannungen weiter zu eskalieren. Er fügte hinzu, dass die Kriegsgefahr noch nie so groß gewesen sei. Schuld daran sei auch die Ukraine, so Peskow, die an der sogenannten Kontaktlinie im Osten des Landes große Truppenverbände zusammenziehe und damit einen militärischen Konflikt zu provoziere.

 

USA ziehen ihr Personal aus Botschaft ab

Angesichts dieser Entwicklung riefen die USA Angehörige ihrer Botschaft in Kiew zur Ausreise aus der Ukraine auf. Deutschland wird sein Botschaftspersonal vorerst nicht abziehen. „Die Sicherheit von Mitarbeitenden hat oberste Priorität“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Montag vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. „Wichtig ist aber auch hier, wir dürfen nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage beitragen, sondern es geht darum, die ukrainische Regierung weiter ganz klar zu unterstützen und vor allen Dingen die Stabilität des Landes aufrechtzuerhalten.“ Die Lage werde ständig beobachtet, sagte Baerbock.

Auch die Europäische Union sieht nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell derzeit keine Veranlassung, Familienangehörige von Diplomaten in der Ukraine zur Ausreise anzuweisen. Es gebe dafür keinen konkreten Anlass, sagte Borrell. Gespräche darüber hielten aber an. Gleichzeitig versuchte Borrell die Situation verbal zu entschärfen. Er erklärte am Rande des Treffens in Brüssel, solange die diplomatischen Gespräche mit Moskau andauerten, gebe es für die EU keinen Grund „zur Dramatisierung“.

Finanzielle Hilfe der Europäischen Union

Nach dem Treffen der Außenminister der 27 EU-Staaten hieß es in einer Erklärung, dass die Union der Ukraine Unterstützung bei der Militärausbildung in Aussicht bereitstellen werde. Zudem sei man entschlossen, die Ukraine weiter bei der Bekämpfung von Cyber- und Hybridgefahren sowie von Desinformation zu unterstützen. Auch drohten die Minister für den Fall eines russischen Angriffs erneut mit Vergeltung. Jede weitere militärische Aggression gegen die Ukraine werde „massive Konsequenzen und hohe Kosten“ nach sich ziehen. Dazu gehöre eine breite Palette an Sanktionen gegen Wirtschaftssektoren und Personen. Die vorbereitenden Arbeiten seien zuletzt beschleunigt worden, heißt es in der Erklärung

Gleichzeitig will die EU-Kommission der Ukraine kurzfristig mit weiteren Milliardenhilfen unter die Arme greifen. „Wie immer steht die EU der Ukraine in dieser schwierigen Situation bei“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag in Brüssel. Die deutsche Politikerin schlug unter anderem ein Nothilfe-Kreditpaket in Höhe von 1,2 Milliarden Euro vor. Man zähle darauf, dass der Rat der EU-Staaten und das Europaparlament so bald wie möglich grünes Licht dafür geben. Von der Leyen zufolge wird die EU-Kommission zudem bald an langfristigerer Hilfe für die Modernisierung der Ukraine arbeiten. Auch wolle die Behörde die Summe an Zuschüssen für das Land in diesem Jahr um 120 Millionen Euro erhöhen und damit fast verdoppeln. Insgesamt hätten die EU und ihre Finanzinstitutionen dem Land seit 2014 mehr als 17 Milliarden Euro in Krediten und Zuschüssen zur Verfügung gestellt. Von der Leyen bekräftigte, dass die Ukraine ein freies und souveränes Land sei, das seine eigenen Entscheidungen treffe.

Die Verhandlungen gehen in Paris weiter

Aus diplomatischen Kreisen hieß es am Montag, dass das sogenannte Normandie-Format aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine am Mittwoch zu Beratungen zusammenkommen soll. Das Treffen werde in Paris und auf Ebene der politischen Direktoren stattfinden, hieß es aus der russischen Delegation. Deutschland und Frankreich vermittelten bereits das Minsker Abkommen zwischen Russland und der Ukraine 2015, das die Ostukraine befrieden soll. Der Erfolg war allerdings eher bescheiden.

Russland hat in den vergangenen Wochen mehr als 100 000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet einen russischen Angriff auf das Nachbarland. Moskau dementiert dagegen jegliche Invasionspläne und fordert seinerseits schriftliche Zusicherungen von der Nato, dass sie etwa auf eine fortgesetzte Osterweiterung verzichtet.