Die ungewöhnliche Idee wurde auf dem Hof in der Pinadelle in Perouse geboren.

Rutesheim - Ruck-Zuck Kartoffelsalat aus dem Hofladen in der Pinadelle in Perouse – das klingt vielversprechend. Der Hof der Betreiberfamilien Rolf Vincon und Sohn Tobias Fauser hat sich seit einigen Jahren auf den Kartoffelanbau spezialisiert. Früher, zu den Zeiten von Fausers Großvater, war der Hof im Perouser Gewann Pinadelle ein Mischbetrieb aus Vieh- und Landwirtschaft, Fausers Vater beschränkte sich später auf die Landwirtschaft. „Doch vom Getreide allein kann man nicht leben, also haben wir uns überlegt, wie wir den Betrieb so umstrukturieren können, dass er genug für zwei Familien abwirft“, erzählt Fauser.

 

Da der Waldenserort Perouse seit jeher bekannt für Kartoffeln und Kraut gewesen ist und auch auf dem Hof in der Pinadelle immer schon Kartoffeln angebaut wurden, lag die Spezialisierung auf die Erdäpfel nahe. Etwa 40 Hektar bewirtschaften die Familien heute, zwischen 1500 und 1600 Tonnen der nährstoffreichen Knolle werden jährlich geerntet. Die Frühkartoffeln Annabelle und Gloriana, die nicht gelagert werden können, machen den Anfang. Ab Juni können sie geerntet werden. Belana, Goldmarie und Concordia ziehen nach, die Lagerkartoffeln werden bis in den Oktober hinein geerntet. Dann kommen sie in die 2015 extra dafür gebauten Halle und lagern dort bei fünf Grad Celsius in „natürlicher Dormanz“, so der Fachbegriff. Durch diese natürliche Keimhemmung braucht es keine weitere Behandlung, damit die Kartoffeln knackig und in bester Qualität für den Verzehr bis zur nächsten Ernte bleiben.

Die Kartoffel, eine kommunikative Feldfrucht

Tobias Fauser, der nach seiner landwirtschaftlichen Ausbildung ein agrarwissenschaftliches Studium in Hohenheim absolviert hat, ist fasziniert von der gesunden Knolle. „Mein Ausbilder hat gesagt, die Kartoffel sei die kommunikativste Feldfrucht“, schmunzelt er, „und ich finde, das stimmt.“ Denn beim Stecken, Ernten und Sortieren arbeiten immer mindestens zwei Hand in Hand, Plaudereien inklusive. „Außerdem findet das Familienleben nicht nur in den vier Wänden statt, sondern wir sind auch draußen und im Betrieb beieinander“, was der zweifache Familienvater sehr schätzt.

Mit der Halle wurde auch die Kartoffelschälerei in Betrieb genommen. „Alle Großabnehmer wie Firmenkantinen oder Krankenhäuser, bei denen wir nachgefragt haben, wollten nur geschälte Kartoffeln haben“, erzählt Fauser. Der Familienbetrieb reagierte, baute die Kartoffelschälerei auf und bietet seitdem auch geschälte Kartoffeln für Großabnehmer und Endverbraucher an. Roh oder fertig gegart, geschnitten, gewürfelt oder im Ganzen.

Warm oder kalt würzen?

Die Idee, Kartoffelsalat für die Mikrowelle anzubieten, kam den pfiffigen Spezialisten nach den ersten suboptimalen Erfahrungen mit essfertigem Kartoffelsalat. „Der Einzelhandel kam auf uns zu und fragte nach, ob wir auch fertigen Kartoffelsalat in kleinen Bechern liefern könnten“, erinnert sich Fauser. Doch schon bald habe sich gezeigt, dass das schwäbische Nationalgericht, wenn es aus dem Kühlschrank kommt, einfach nicht mehr so gut schmeckt.

„Eine warme Kartoffel nimmt Geschmack und Flüssigkeit viel besser auf als eine kalte“, erklärt Fauser, und in der Kühlung gehe viel an Geschmack verloren. „Man muss viel nachwürzen und bekommt den Geschmack trotzdem nicht so hin“, ist die Erfahrung der Spezialisten.

Weil das nicht den Qualitätsanspruch der Familien Vincon und Fauser erfüllte, wurde probiert, getestet und experimentiert, bis der Kniff für den Ruck-Zuck Kartoffelsalat gefunden war: Die Kartoffeln werden vakuumiert gegart, das Dressing nach eigenem Rezept gibt’s im Extra-Päckle dazu. „Für den essfertigen Salat werden die Kartoffeln dann in der Mikrowelle oder im Wasserbad erhitzt, bevor man die Brühe dazugibt“, so Fauser, „und dann schmeckt er.“ Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Natürlich ist der beste Kartoffelsalat der, den man von zuhause kennt. Aber wir sind damit zufrieden, den zweitbesten Kartoffelsalat zu machen.“

Lieferservice steht

Seit der Corona-Virus die Bewegungsfreiheit der Menschen einschränkt, haben Vincon und Fauser einen Lieferservice nach Perouse, Rutesheim, Heimsheim, Malmsheim und Flacht organisiert.

„Das muss sich noch ein bisschen herumsprechen“, so Fauser, „aber es war uns wichtig, allen, die nicht aus dem Haus können, dürfen oder sollten diese Hilfe anzubieten.“

Ein weiterer Wermutstropfen der aktuellen Krise ist die Absage des kulinarischen Treffens „Heckengäu meets Kartoffel“, das am 1. April zum zweiten Mal auf dem Hof hätte stattfinden sollen. „Wir wissen noch nicht, ob wir das nachholen können oder auf das kommende Jahr verschieben“, meint Fauser.

Doch zum Schluss gibt er noch einen Tipp für die eigene Küche: „Die alte Hausfrauenregel, nach der sich längliche Kartoffeln besser für Salat und runde eher für Suppen eignen, gilt nicht mehr“, weiß der Kartoffelkenner, „die Züchtungen heute zielen alle auf eine runde Form ab.“ Man lernt eben nie aus.