Wegen des Vogels, der sich im lichten Forst bei Perouse ziemlich wohl fühlt, müssen in 25 Jahren 15 Hektar Wald gerodet und wieder aufgeforstet werden.

Rutesheim - Eine Straße durch waldiges Gebiet zu bauen, ist nicht nur mit hohen Auflagen, sondern manchmal auch mit Überraschungen verbunden. Bis vor Kurzem wusste man in der Rutesheimer Stadtverwaltung kaum, was es mit Waldschnepfen so auf sich hat. Das hat sich schlagartig geändert als die Pläne für die Ostumfahrung Perouse akut wurden – denn in den Wäldern nahe dem Waldenserort versteckt sich auch die Waldschnepfe.

 

Das Thema wurde jüngst auch im Gemeinderat angesprochen, als der Revierförster Ulrich Neumann das aktuelle Forstjahr einordnete und den Betriebsplan für das kommende Jahr vorlegte. Dabei stellte sich heraus, dass die besagte Waldschnepfe auch den Holzeinschlag für das Jahr 2016 durcheinander gebracht hat.

Die Waldschnepfe liebt lichte Flächen

Denn es mussten Baumarten in Mengen geschlagen werden, die so gar nicht geplant waren. So wurden weniger Fichten, dafür mehr Kiefern gefällt, dazu Gewächse, die zu Hackschnitzeln verarbeitet werden. Zudem musste der Förster wegen der Schnepfe für mindestens ein Vierteljahrhundert im Voraus Pläne aufstellen.

Doch was macht das Zusammenleben mit diesem Vogel so schwierig? Der heißt zwar Waldschnepfe, aber im dichten Wald fühlt er sich eher unwohl, liebt die etwas lichteren Flächen, wie sie die jüngsten Stürme hinterlassen haben. Derartige Flächen gibt es auch auf der zukünftigen Trasse der neuen Ostumfahrung von Perouse. Was dort allerdings in den Akten als Wald bezeichnet ist, sieht überhaupt nicht danach aus. Doch die etwa haustaubengroßen Waldschnepfen, die dank ihres Gefieders sehr gut getarnt sind, haben sich gerade dort im Wortsinn eingenistet. „Vom Artenschutz her ist es gerechtfertigt, den Vögeln ein Ersatzhabitat zu schaffen“, sagt der Revierförster. Und so wurden Ende Februar, bevor die Tiere mit dem Brüten beginnen, kurzfristig zwei jeweils einen Hektar große Waldflächen gerodet, auf denen sich Waldschnepfen ansiedeln können.

Doch hier kommt dann ein weiteres Gesetz zum Zug, das diese Bemühungen aushebelt: Jede gerodete Waldfläche muss nach mindestens drei Jahren wieder vollständig aufgeforstet werden. Also wären die Rutesheimer Waldschnepfen dann wieder heimatlos. Hinzu kommt noch, dass gerodete Waldflächen nach drei bis vier Jahren von sich aus wieder derart zuwachsen, dass sie für die Schnepfen zunehmend uninteressanter werden.

Langfristige Planung

Vor diesem Hintergrund war das Forstamt gezwungen, eine langfristige Planung vorzulegen. Die Stadt wird für die Waldschnepfen in den kommenden 25 Jahren eine Fläche von insgesamt 15 Hektar vorhalten. Davon wird dann im Abstand von mehreren Jahren immer wieder ein Hektar gerodet, damit die Vögel das Areal als Lebensraum auch annehmen.

Doch nicht nur für die Waldschnepfen mussten neue Lebensräume geschaffen werden, erläuterte Förster Ulrich Neumann. Für die im Wald gefundene Springfrosch-Population haben er und seine Leute einen Laich-Tümpel angelegt. Und Habitate in der Nähe des Schützenhauses dienen anderen Singvogelarten als Revier.