Die Stadt kann ein 2016 selbst gebautes Haus für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen.

Rutesheim - Die Rutesheimer sind nett, gut, freundlich, höflich, sie haben einen respektvollen Umgang mit den Menschen und außerdem haben sie noch nie gelogen. Dieses gute Zeugnis haben ihnen jüngst Flüchtlinge ausgestellt, die in den Unterkünften in der Margarete-Steiff-Straße 1 und 20 untergebracht sind. Der örtliche Freundeskreis für Flüchtlinge, hatte mehr als 40 der rund 130 hier wohnenden Menschen befragt, was sie gut im Ort finden und was nicht.

 

„In der Negativwertung steht die Wohnsituation unangefochten ganz oben“, eröffnete Susanne Wochele jüngst dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderates. Sie leitet das Koordinationsteam des Freundeskreises, dem auch Karl Schumacher, Katharina Rieger, Annette Siebold und Manfred Pauschinger angehören.

In der vorläufigen Unterkunft, also in der Container-Siedlung, die der Freundeskreis „Das Camp“ nennt, sei es zu laut, besonders nachts. Es liege zu weit weg von der Stadt und vom Bahnhof. Und man wohne unter Flüchtlingen, dabei hätte man lieber deutsche Nachbarn, geht aus der Befragung des Freundeskreises hervor. „Dort findet Unterbringung, aber keine Integration statt“, sagte Manfred Pauschinger.

In Sachen Anschlussunterbringung wurden die alten Häuser moniert, in denen Reparaturen nicht gemacht werden, sagte Susanne Wochele. Das ließ Bürgermeister Dieter Hofmann so nicht stehen. In den Unterhalt der kommunalen Gebäude, in denen derzeit 58 Menschen in der Anschlussunterbringung wohnen, wird jedes Jahr sehr viel Geld für die Unterhaltung investiert.“ So seien seit 2013 hier jährlich zwischen 31 500 und 53 000 Euro ausgegeben worden, während in die rund 40 Mietwohnungen der Stadt im gleichen Zeitraum 21 000 bis 54 000 Euro investiert wurden.

Verwaltung und Gemeinderat seien sich von Anfang an einig gewesen, dass der Standort für die vorläufige Unterbringung im Gewerbegebiet nicht ideal sei, so Hofmann. Trotz intensiver Suche sei seinerzeit kein geeigneter gefunden worden und eine zwangsweise Einweisung in die Rutesheimer oder die Perouser Festhalle habe man vermeiden wollen. Eine bessere Integration der Flüchtlinge in das städtische Leben verspricht sich die Stadt von der Arbeit des zukünftigen Integrationsmanagers – eine 100-Prozent-Stelle wurde dafür bereits ausgeschrieben.

Weitere Wohnungen für die Menschen zu finden, deren Asylverfahren abgeschlossen ist und die als obdachlos gelten, werde nicht einfacher, bedauerte der Bürgermeister. „Alles was uns angeboten wird, kaufen wir – aber wir bekommen nichts.“ Im äußerst erhitzten Wohnungsmarkt gingen in der Stadt die Preise durch die Decke. „Manche lassen die Häuser lieben leer stehen und vergammeln“, weiß der Bürgermeister.

Wie ist die gegenwärtige Lage? In der vorläufigen Unterbringung durch den Landkreis Böblingen wohnen derzeit 132 Personen in den Unterkünften Margarete-Steiff-Straße 1 und 20. Allerdings haben davon rund 100 Menschen inzwischen das Recht auf eine Anschlussunterbringung. Deshalb habe der Landkreis angekündigt, dass er diese Personen den Kommunen zur tatsächlichen Anschlussunterbringung zuweisen werde. „Auch bietet er den Kommunen an, dass sie dazu die für die vorläufige Unterbringung genutzten und nicht mehr benötigten Liegenschaften des Landkreises übernehmen können“, sagt Hofmann.

Weil Rutesheim, mit derzeit 55 Menschen in der Anschlussunterbringung, verteilt auf zehn städtische Gebäude, im Vergleich zu vielen anderen Kommunen zügig gehandelt hat, bekommt sie 2017 keine weiteren Zuweisungen. „Wir liegen momentan noch über unserem Soll“, sagte Dieter Hofmann. Allerdings muss die Stadt im Jahr 2018 voraussichtlich 36 Personen in die Anschlussunterbringung übernehmen.

„Dies ist nur im von der Stadt 2016 neu errichteten Gebäude Margarete-Steiff-Straße 20 möglich“, erläuterte Hofmann. Das Haus sollte eigentlich der Landkreis mieten für die vorläufige Unterbringung. „Wir benötigen es nun zwingend für diese Anschlussunterbringung und werden im Laufe des Jahres 2018 den Mietvertrag mit dem Landkreis einvernehmlich beenden und das Gebäude selbst als Einrichtung unserer Anschlussunterbringung betreiben“, so Hofmann. Angesichts fehlender bezahlbarer Wohnungen sei es für ein friedliches Zusammenleben von großer Bedeutung, dass die Stadt die problematische Wohnungssituation nicht noch durch weitere Anschlussunterbringungen verschärfe.