Die G9-Schule muss im Herbst sieben 5. Klassen bilden. Schule und Stadt sehen künftig sechs als Limit.

Rutesheim - Dem Rutesheimer Gymnasium droht der eigenen gute Ruf und die Schulpolitik des Landes zum Verhängnis zu werden. Sage und schreibe rekordverdächtige 210 Kinder (Vorjahr 171) sind von ihren Eltern für die neue Klassenstufe 5 am einzigen G9-Gymnasium im Landkreis angemeldet worden. Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat wollen nun die Reißleine ziehen und ab dem Schuljahr 2019/2020 nur noch maximal 180 Fünftklässler in sechs Klassen zulassen – doch das ist leichter gesagt, als getan.

 

„Das Ganze hat inzwischen eine politische Dimension angenommen, denn es ist nicht unsere Absicht, den Schulen im Umland die Schüler abzuwerben“, sagte die neue Bürgermeisterin Susanne Widmaier in ihrer ersten Gemeinderatssitzung. „Es gibt sehr Vieles, das die Attraktion dieser Schule ausmacht und dieser Zustrom ist ein großes Kompliment für das Kollegium und die Stadt als Träger. Doch unsere Strategie ist, klar zu sagen, dass sechs Klassen das Maximum sind und sieben eine einmalige Sache waren“, sprach Widmaier den Stadträten und auch der Schulleitung aus dem Herzen.

Negative Reaktionen befürchtet

Um im Schuljahr 2018/2019 bei sechs Klassen 5 zu bleiben, hätten an die 30 Schüler abgewiesen werden müssen. Doch das Regierungspräsidium Stuttgart sieht die Abweisung von rund 30 Schülern als sehr kritisch und auch als nicht möglich an. „Die Behörde befürchtet, dass die negativen Reaktionen der Eltern und in den Medien sehr intensiv und nachteilig wären und empfiehlt, sofern möglich, sieben Klassen zu bilden“, sagte der Erste Beigeordnete Martin Killinger. Es bliebe wohl nichts anderes übrig, als die Kröte zu schlucken. Abweisungen sind rechtlich Verwaltungsakte, gegen die förmlich Widerspruch eingelegt und Klage erhoben werden kann. Der Ausgang dieser Verfahren wäre ungewiss. Formal zuständig für Abweisungen ist die Schulleitung. Was spricht dafür, dass sieben Klassen 5 im Schuljahr 2018/2019 gebildet werden: Als einzige G9-Schule im Landkreis Böblingen muss Rutesheim auch Schüler, die außerhalb des klassische Einzugsgebiets wohnen, aufnehmen. Auch die Profilwahl kann im Einzelfall ein Grund sein, der gegen eine Abweisung spricht. Die Gymnasien im Umland haben nämlich unterschiedliche Profile.

Unverändert gibt es auf der anderen Seite keine Fördermittel für neue Schulräume in G9-Gymnasien, weil diese ja nur als Probeversuch gelten. Dies hat auch die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) bei ihrem Besuch in Rutesheim am 21. März bestätigt.

Die Schulleitung des Gymnasiums hat die Stadt informiert, dass sieben Klassen 5 gebildet werden können, ohne dass zusätzliche Schulräume auf dem Schul-Campus beansprucht werden müssen, erläuterte Killinger. Das funktioniere nur, weil in erheblichem Umfang Unterricht in Fachräumen stattfindet. Das sei vor allem eine große logistische Leistung. Die hohe Zahl an Klassen und Schüler habe naturgemäß auch pädagogische Nachteile.

Zusätzliche Busse für die vielen Schüler

Die Schulleitung habe versichert, dass sie eventuelle Zuzüge nach Rutesheim und in die fünf weiteren am Gymnasium beteiligten Kommunen nicht abweisen wird, sagte Killinger. Für die vielen Schüler, die mit der S-Bahn fahren und am Bahnhof in den Bus umsteigen, werden ab September zusätzliche Busse benötigt. Dank den Sachkostenbeiträgen des Landes und den vom Kreis Böblingen gewährten Zuschüssen für auswärtige Schüler – auch für die Schüler, die in anderen Kreisen wohnen – übersteigen die Einnahmen die Ausgaben der Stadt als Schulträger.

„Wir lassen uns nicht erpressen und sollten es auf Widerspruch und Klagen ankommen lassen“, sagte Stadtrat Harald Schaber (UBR). „G9 ist durchgefallen und eine Mogelpackung, die schlecht für alle ist. Nun zeigt sich, dass unser Weg richtig war“, meinte Fritz Schlicher (Gabl). „Wir sind nicht schuld, wenn wir dann Kinder abweisen müssen“, fügte er hinzu.

Das Fazit der Gemeinderatssitzung fasste die Bürgermeisterin Susanne Widmaier so zusammen: Die Schule muss künftig frühzeitig öffentlich kommunizieren, dass nicht mehr als sechs Klassen gebildet werden können und gegebenenfalls Schüler abgewiesen werden. Sieben Klassen zu bilden sei die absolute Ausnahme und nicht wiederholbar oder mehrfach möglich.