Nach wie vor ist der S-Bahnverkehr in der Region Stuttgart von fast täglichen technischen Störungen geprägt. Der Verband Region Stuttgart verschärft den Ton und zitiert die Verantwortlichen zu einem weiteren S-Bahngipfel 2018. Doch die Pendler fordern rasch Abhilfe.

Stuttgart - Die andauernden technischen Störungen im S-Bahnnetz haben zu vielfältigen Reaktionen geführt. Immer mehr Pendler machen ihrem Unmut offen Luft – und mittlerweile entwickeln sich die regelmäßigen Störfälle zum Standortnachteil. So schreibt der Personalleiter eines mittelständischen Verlags im Stuttgarter Westen: „Die Situation bei der S-Bahn ist mal wieder nicht auszuhalten. Uns sind schon mehrfach Mitarbeiter abgesprungen, da sie die unerträglich langen Fahrtzeiten nicht hinnehmen wollten.“ Ein Pendler aus dem Rems-Murr-Kreis beklagt die „täglichen Verspätungen und Zugausfälle“ auf der S 2 von Schorndorf nach Stuttgart: „Das ist nicht mehr hinnehmbar. Ich überlege mir jetzt ernsthaft, den Arbeitsplatz zu wechseln, weil mich die tägliche Fahrt mit den Öffentlichen zur Arbeit so sehr belastet.“

 

Regionalpräsident Bopp kritisiert S-Bahn

Auch der Verband Region Stuttgart, der als Aufgabenträger der S-Bahn direkter Vertragspartner des S-Bahnbetreibers Deutsche Bahn AG ist, verschärft den Ton. Nachdem Regionaldirektorin Nicola Schelling erst im Sommer die Bemühungen für mehr Zuverlässigkeit gelobt hatte („Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“), übten Regionalpräsident Thomas Bopp und Regionalräte während der Etatberatungen im Verkehrsausschuss harte Kritik. „Die Pünktlichkeit ist in den vergangenen Wochen wieder deutlich schlechter geworden“, sagte Bopp. Der Regionalverband habe die Unzufriedenheit darüber „massiv bei DB Netz platziert“. Zum Hintergrund: DB Netz ist die Bahntochter, die für die Infrastruktur zuständig ist – und damit Weichen-, Oberleitungs- und Stellwerksstörungen zu verantworten hat. Die Drei-Minuten-Pünktlichkeit ist im Oktober auch in der bahneigenen Statistik mit 82,3 Prozent auf den schlechtesten Wert in diesem Jahr gefallen. Gleiches gilt für die Sechs-Minutenpünktlichkeit mit 94,7 Prozent. Die mit der Region vereinbarten Zielwerte betragen 94,5 und 98 Prozent.

S-Bahngipfel auch im Jahr 2018

Auf Antrag der Grünen und der SPD in der Regionalversammlung wird es auch im kommenden Jahr eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses geben, auf der Bahn-Verantwortliche über die Probleme im S-Bahnverkehr berichten müssen – diese Veranstaltung wird etwas hochtrabend S-Bahngipfel genannt.

Die Grünen wollen vor allem Auskunft darüber, wie sich die Bahn am Infrastrukturausbau des Bahnknotens Stuttgart beteiligen will, für den das Land 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat und wofür die Region 20 Millionen Euro zuschießt. „Infrastrukturausbau ist eigentlich Aufgabe der Bahn. Die Mittel der Region stehen nur dann zur Verfügung, wenn auch die Bahn sich mit einem namhaften Beitrag einbringt“, fordern die Grünen.

Für die SPD kritisierte ihr verkehrspolitischer Sprecher Thomas Leipnitz, dass „trotz der Bemühungen nichts besser geworden ist“. Beim Zustand der Schieneninfrastruktur liege noch vieles im Argen. Er regte an, die S-Bahngipfel bis auf weiteres jährlich einzuberufen. „Auf anderem Weg als durch öffentlichen Druck scheinen sich die Verantwortlichen bei der Bahn nicht zu bewegen“, so Leipnitz. Den Anträgen von Grünen und SPD stimmten alle Regionalräte zu, auch die Linke, die von einer „Ritualveranstaltung“ sprach. Es wäre besser, so Regionalrat Wolfgang Hoepfner, die Bahn müsse sofort über ihre Probleme berichten.

In den Beratungen sprachen sich die Regionalräte auch für technische Verbesserungen aus. Ganz oben steht das moderne Leitsystem ETCS für die Stammstrecke, dessen Einsatz momentan noch untersucht wird. Außerdem soll die DB Netz auf Antrag der SPD darüber berichten, ob eine festinstallierte statt der heutigen aufgehängten Oberleitung die Störanfälligkeit auf der Stammstrecke verringern könnte. Auf Antrag der FDP wird es auch einen Bericht über die Kapazitätsauslastung der S-Bahn geben. Die Forderung nach einer zweiten unterirdischen Stammstrecke gab die FDP aber auf.

Pendler fordern rasch Verbesserungen

Wie stark die Ausfälle und Verspätungen die Pendler betreffen, machen Reaktionen deutlich, in denen rasch Maßnahmen gefordert werden, mit denen zur früheren Zuverlässigkeit zurückgekehrt werden kann. Wie kurios es mitunter zugeht, schildert ein Nutzer: Zwei S-Bahnen aus Schorndorf seien frühmorgens ausgefallen, weil der Lokführer nicht da war. In der dritten, total überfüllten, habe der dann erklärt, dass er selbst wegen einer Störung nicht mit dem Zug von Waiblingen nach Schorndorf gekommen sei und ein Taxifahrer den von der Bahn ausgestellten Beförderungsbeleg nicht akzeptiert habe. So musste der Lokführer warten, bis die Schienenstrecke wieder freigegeben war. „Wie kann das sein?“, fragt der Pendler.