Acht gleichgeschlechtliche Paare lassen sich im Standesamt in der Eberhardstraße trauen – und drei davon feiern am Hans-im-Glück-Brunnen ihre Ehe sowie das Ende einer Ausgrenzung.

Stuttgart - Ein Gesetz wirkt. Die Ehe für alle ist in Stuttgart angekommen. Am Montag ließen sich acht gleichgeschlechtliche Paare auf dem Stuttgarter Standesamt trauen. Sechs davon lebten vor der Trauung bereits in einer eingetragen Lebenspartnerschaft, wollten aber nach der neuen Gesetzgebung, die seit dem 1. Oktober gilt, nun auch in den Hafen der Ehe schippern.

 

Drei dieser Hochzeitsgesellschaften feierten den schönsten Tag in ihrem Leben am Hans im Glückbrunnen, ein Paar im Café Deli, zwei weitere gegenüber im Ruben’s. Mittendrin statt nur dabei sind die frisch vermählten Lorenz Kaiser (52) und Kai-Michael Mett (54). Beide kennen sich seit vier Jahren und leben seit dreieinhalb Jahren zusammen. Die Ehe für alle hat sie gewissermaßen kalt erwischt. Denn lange bevor der Bundestag über die Gleichstellung entschieden hat, planten die beiden, ihre Partnerschaft auf dem Standesamt eintragen zu lassen. Damit kreuzten der Hausverwalter Kaiser und der Architekt Mett innerhalb von vier Tagen zweimal in der Eberhardstraße auf: erst am Freitag, um die lange geplante Partnerschaft eintragen zu lassen, und nun am Montag, um den Bund der Ehe zu schließen.

Damit hat das Paar jetzt alle Rechte und Pflichten wie alle anderen Paare. Früher hieß es: „Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen.“ Jetzt heißt es: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Es sind also gerade einmal sieben Worte in einem Paragrafen. Aber für Paare wie Kaiser und Mett sind es wichtige sieben Worte.

Ein Akt mit Symbolkraft

„Es musste viel passieren, dass das in Deutschland möglich wurde“, sagt Mett, „wir sind dankbar dafür.“ Beide könnten nach der neuen Rechtslage nun auch Kinder adoptieren. „Ich könnte jetzt sogar die beiden erwachsenen Töchter von meinem Mann adoptieren“, erklärt Mett, „aber das haben wir nicht vor.“ Gleichwohl hat alleine die Möglichkeit für ihn und seinen Gatten eine große Symbolkraft: „Für uns ist es eine Anerkennung, dass wir nicht unterschieden werden.“ Man könnte auch sagen: die Ausgrenzung hat ein Ende.

Den allerletzten Schritt können beide dennoch nicht gehen: Weder die katholische Kirche, der Lorenz Kaiser angehört, noch die evangelische Landeskirche von Mett spenden gleichgeschlechtlichen Paaren den Segen. „Das wäre uns wichtig“, sagen sie, „wir hatten dafür sogar schon einen freikirchlichen Pfarrer gewonnen. Doch der ist kurzfristig erkrankt.“ Beide hoffen, dass die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare bald in beiden großen Amtskirchen möglich ist.

Die Kirchen hinken hinterher

Für die Gleichstellung und ein Ende der Diskriminierung geht Christoph Ruben, Wirt des Ruben’s am Hans-im-Glückbrunnen „bereits seit 20 Jahren auf die Straße“. Aus seiner Sicht war das „Ja“ des Bundestags zur Ehe für alle „überfällig“: „Jetzt ist es so, wie es sich gehört.“ Genauso überfällig sei es, dass die evangelische Landeskirche auf ihrer Synode im November im Hospitalhof ein Zeichen gegen Ausgrenzung setze. „Die sexuelle Orientierung darf in solchen Fragen keine Rolle spielen. Da darf sich kein Dritter einmischen.“ Immerhin konnten Lorenz Kaiser und Kai-Michael Mett zusammen mit ihren 80 Hochzeitsgästen neben ihrem Lebensbund auch diesen gesellschaftlichen Etappensieg feiern. Und den Segen Gottes für ihre Ehe werden sie ganz sicher auch noch bekommen. Vielleicht sogar vor einem Pfarrer in Diensten der württembergischen Landeskirche.