Resilienz ist erlernbar, sagt die Pädagogin Katja Kuttler. Eltern können ihre Kinder zu resilienten Menschen erziehen, die nicht gleich alles umhaut im Leben. Aber auch die Erwachsenen selbst können sich noch resiliente Techniken antrainieren, die sie durch den Alltag tragen.

S-Süd - Die Voraussetzungen könnten nicht schlechter sein: Das zehnjährige Mädchen ist Halbwaise, der Vater beruflich ständig im Ausland und sie lebt in einem ziemlich heruntergekommenen Haus. Doch Millionen Kinder kennen und lieben sie als Pippi Langstrumpf, die zwar keine Schule besucht, dafür Einbrecher vertreibt, ein sehr glückliches Kinderleben führt und vor allem sehr stressresistent ist. Sie kann ihre Kompetenzen und Ressourcen so einsetzen, dass sie mit den Herausforderungen des Lebens gut zurecht kommt. „Resilienz“ lautet der Fachbegriff für diese Fähigkeit.

 

Doch wie mache ich aus meinem Kind eine Pippi, wie mache ich es stark? Zu diesem Thema hatte die Familienberaterin Katja Kuttler ins Marienhospital eingeladen, die sowohl in der Schulsozialarbeit aber auch in der Eltern-Kind-Gruppen gearbeitet hat und die wichtigen Entwicklungsschritte von Kindern kennt. Ihre tragende Botschaft des Abends ist: Resilienz kann man lernen. Je früher, desto besser. Sie wird nicht allein durch genetische Voraussetzungen bestimmt.

Mal machen lassen

Am besten lernen Kinder mithilfe von Herausforderungen, sagt die Expertin. Doch diese Herausforderungen zuzulassen, sei eine der wichtigsten Elemente hin zu einer resilienzfördernden Erziehung, und für Katja Kuttler zugleich jener Faktor, an dem viele Eltern scheitern. Sie rät: „Wenn ein Kleinkind hinfällt und sich nicht wehgetan hat, sollte es allein wieder aufstellen.“ Oder wenn das Kind etwas baue, solle man nicht eingreifen und helfen, wenn es auch schwerfällt. Eltern sollten Herausforderungen allerdings schon dosieren. Kinder könnten beispielsweise gemäß ihres Alters in Haushaltsaufgaben eingebunden werden.

Viele Eltern neigten dazu, Kinder vor allem zu schützen. Diese „Pass’ auf“-Mentalität bewirke jedoch, dass Kinder ängstlich würden und mit bestimmten Gefahren nicht umgehen können.

Der sichere Ort im Kopf

Die Seele sei wie ein Muskel und seelische Abwehr könne man trainieren, meint die Pädagogin. „Drum wäre es schön, wenn wir alle etwas mehr Hornhaut auf der Seele hätten.“ Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung, das Wissen um die eigenen Stärken, soziale Kompetenz, die Fähigkeit zu Mitgefühl, Problemlösungskompetenz und Stressbewältigung seien zusätzliche Schutzfaktoren, die helfen würden, resilient zu werden. Eltern dienten mit ihrem Verhalten in diesen Bereichen gleichzeitig als Vorbilder und sollten sich dieser Rolle auch bewusst sein. Ihre Kinder sollten sie wohlwollend und ermutigend begleiten.

Die Teilnehmerin Julia Hiller hat selbst Pädagogik studiert. Ihr Kind kommt demnächst in die Schule. „Ich bin hier, um noch eine neue Perspektive auf das Thema Resilienz zu bekommen“, sagt sie. Wie die anderen Frauen bekommt sie noch eine Reihe von Übungen an die Hand, die man mit Kindern machen kann. Zum Beispiel „Der sichere Ort.“ Dabei schließt das Kind die Augen und wandert gedanklich an seinen Lieblingsort. Die Eltern stellen dazu Fragen und das Kind kann jederzeit wieder an diesen Ort zurückkehren, wenn es möchte. Den Erwachsenen empfiehlt Kuttler, ein Dankbarkeitstagebuch zu führen, in dem sie täglich drei Worte eintragen, die für etwas Positives stehen. Denn es ist nie zu spät, Resilienz zu lernen.