Bäume aus dem Mittleren Schlossgarten haben auf dem Dornhaldenfriedhof eine neue Heimat gefunden.

Degerloch - Sobald die Fakten geschaffen sind, ist unübersehbar Schluss mit der Heimlichtuerei. Zwei Bahnen aus dicken, schwarzen Gummimatten liegen am Freitagmittag auf einer Wiese am Dornhaldenfriedhof in Degerloch. Als Rasenschutz vor dem Reifenprofil der Rundspatenmaschine führen sie zu einem schmalen mit Efeu umrankten Stamm. Der Baum ist dort nur wenige Stunden zuvor eingepflanzt worden – er ist einer derjenigen, die seit Ende vergangener Woche im Zuge der Bauarbeiten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 versetzt worden sind. Wenige Schritte davon entfernt steht ein anderer, neuer Baum. Das Loch für einen dritten ist bereits auf einem weiteren Rasenstück ausgehoben, ein Bauzaun sperrt die knapp einen Meter tiefe, kreisrunde Grube ab.

 

Bis Dienstag sollen die Arbeiten abgeschlossen sein

Insgesamt sollen bis zum Wochenbeginn 68 Bäume aus dem Mittleren Schlossgarten umgepflanzt worden sein, 54 davon in Grünanlagen innerhalb des Stadtgebietes. 100 mögliche Standorte hatte das Gartenamt der Stadt Stuttgart dafür geprüft und freigegeben. Nach einer Aufstellung der Bahn waren Grünanlagen in Degerloch, Sillenbuch, Vaihingen und Möhrigen sowie in Stuttgart-Nord, Bad Cannstatt und Zuffenhausen im Gespräch. Rund zwei Millionen Euro sind für diese Arbeiten eingeplant. Darunter fallen jedoch nicht nur die Baumversetzungen, sondern auch die Fällarbeiten und die Kosten für den Artenschutz. Bis zum Redaktionsschluss wollte sich die Bahn jedoch nicht detaillierter zu den konkreten Standorten, an die die Bäume aus dem Mittleren Schlossgarten letztlich gebracht worden sind, äußern. Ebenfalls nicht dazu, in welcher Stückzahl sie an ihren neuen Bestimmungsort kommen. Nur soviel: Bis Dienstag werden die Arbeiten aller Voraussicht nach abgeschlossen sein, wie die Projektsprecherin betont.

Zum einen, um größtmögliche Flexibilität für die Wahl der Standorte zu bewahren, wie die Sprecherin erklärte. Zum anderen sei dies nicht die Strategie der Bahn alleine, sondern auch der Wunsch der Polizei sowie der übrigen Projektpartner gewesen. „Wir wollten nicht riskieren, dass im Vorfeld irgendetwas passiert und sich die Baumversetzungen verzögern.“ Deswegen gaben sich auch die an der Versetzung beteiligten Planungsbüros zugeknöpft. „Wir sind noch bei der Arbeit“, teilte die Mitarbeiterin eines Büros mit. Ohne Absprache mit Stadt und Bahn wolle man sich nicht zu dem Thema äußern.

Dirk Thürnau, Technischer Bürgermeister der Stadt Stuttgart, zeigt sich von der Geheimhaltung überrascht. „Tatsächlich sind wir als Stadt nicht an der Versetzung der Bäume direkt beteiligt.“ Aber die Bedenken einiger Projektpartner, dass es vereinzelt Verzögerungen durch Proteste geben könnte, teilt er nicht. „Das wäre ja noch schöner, wenn Projektgegner die Versetzung der Bäume behindern wollten.“

Die Bahn ist in den kommenden drei Jahren zuständig

Im städtischen Gartenamt wird jedoch abgewunken. „Wir haben nur mögliche Standorte innerhalb des Stadtgebietes geprüft“, sagt Johann Brauer vom Gartenamt. Welche Bedingungen brauchen die Platanen, Eichen und Eiben, um die es sich vor allem handelt? Welche Nutzung der Umgebung passt zu welcher Baumart? Das waren die Kriterien, nach denen das Gartenbauamt ausgewählt hat. Für das Versetzen sowie die danach anfallende Pflege der Bäume sei in den kommenden drei Jahren allein die Bahn zuständig, die dafür Unternehmen beauftragt hat. „Innerhalb dieser Zeit haben wir mit den versetzten Bäumen nichts mehr zu tun“, so Brauer.

Er zeigt sich zuversichtlich, dass die Umpflanzungen erfolgreich verlaufen werden und verweist auf Erfahrungen aus dem Vorjahr. Im Februar 2011 waren auf dem Kurt-Georg-Kiesinger-Platz an der Nordseite des Bahnhofs 16 Bäume ausgepflanzt und an andere Standorte im Stadtgebiet versetzt worden. „Die sehen bislang ganz gut aus.“