Der offene Chor beim Verein Musikwerk Stuttgart ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Jetzt demonstriert er singend für die Verbesserung der Proben-und Aufführungsmöglichkeiten.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Erst verwunderte Blicke – und dann Applaus: Der offene Chor des Musikwerk Stuttgart hat am 1. August an verschiedenen Stellen der Stadt gezeigt, wie viel Freude gemeinsames Singen macht. Start war am Marienplatz, da hielt es die Passanten nicht mehr auf der Treppe. Es wurde mitgewippt und mitgesungen, wie an den anderen Stationen auch. So gut gelaunt verlief die erste Chor-Demonstration, die eigentlich als Geburtstagsfeier zum einjährigen Bestehen des offenen Chores des Musikwerks gedacht war. Doch wegen des Mangels an Proben-und Aufführungsräumen hat der Verein den Geburtstag zum Anlass genommen, aus voller Kehle auf die unzureichende Raumsituation hinzuweisen.

 

Passanten greifen zum Notenblatt

„Zusammen ist man weniger allein“ von den Fantastischen Vier war der fröhliche und geschickt platzierte musikalisch- programmatische Auftakt der Geburtstagsdemo. Die wanderte, eskortiert von der Polizei, weiter zum Rupert-Mayer-Platz, dann zum Rotebühlplatz, weiter zum Marktplatz und schließlich zum Karlsplatz. „Da waren wir dann gut 180 Sänger und Sängerinnen“, sagt Vorstand Philipp Mezger. So viele kommen üblicherweise auch zu den Proben. Nach der Sommerpause könnten das noch mehr werden, denn an den verschiedenen Stationen der Demo griffen auch Passanten zu den Notenblättern, um sich an Adeles „Turning Tables“ oder am Coldplay-Ohrwurm „Viva la Vida“ zu versuchen.

Begeisterung für bekannte Popsong

Tatsächlich ist der offene Chor eine solche Erfolgsgeschichte, dass Chorleiter Arnd Pohlmann und Philipp Mezger der Zulauf fast über den Kopf wächst. Das Konzept: Man singt Popsongs, die jeder kennt, und es gibt keine Pflicht zur Teilnahme. Wer singen will, kann kommen, muss aber nicht. Pohlmann nimmt die Herausforderung, dass die Zusammensetzung von Probe zu Probe wechselt, mit Humor und Gelassenheit, denn es geht um die Freude am Singen. Und dabei kommt dennoch ein gut hörbares Ergebnis heraus. Immer wieder richtet er im Newsletter deshalb lobende Worte an die bunt gemischten Chorsänger.

Vertreibung unter der Paulinenbrücke

Das ist die erfreuliche Seite. Ganz anders ist die räumliche Situation des Vereins und insbesondere des offenen Chors. Der ist vor einem Jahr unter der Paulinenbrücke bei den Stadtlücken gestartet. „Dort wurden wir jetzt vertrieben, weil wir der angrenzenden Gastronomie zu laut sind“, berichtet Mezger. Und bei fast 200 Leuten pro Probe stört jetzt die neue Kletterwand unter der Brücke. Eine Zeit lang traf sich der Chor in der kleinen Schalterhalle des Hauptbahnhofs. Wegen des Geräuschpegels konnte das nur eine Notlösung sein.

Im vergangenen Winter wurde dann im Foyer des Stadtpalais’ geprobt. Wegen der vielen Veranstaltungen im Sommer ist aber auch das keine Dauerlösung. Philipp Mezger und seine Vorstandskollegen müssen deshalb dauernd wegen geeigneter Räumlichkeiten verhandeln. „Wir sollten beispielsweise einen barrierefreien Zugang haben“, betont er.

Den Vorschlag, einmal pro Woche abends im Rathausfoyer zu singen, verwarf die Verwaltungsspitze mit der Begründung, dass dies bei den Sitzungen störe. So geht die Suche weiter und der offene Chor bleibt ein Nomade wider Willen.