Bis auf kleine Vorkommnisse und eine Schrecksekunde ist die Samstagnacht ruhig verlaufen: Viele Menschen haben die laue Sommernacht in Stuttgart einfach nur genossen.

Stuttgart - „Wow, das ganze Programm!“ Verwundert schaut ein junger Mann auf eine ebenso junge Polizistin, die in voller Montur an der Theodor-Heuss-Straße steht, ausgerüstet sogar mit Maschinenpistole. Es ist 21 Uhr an diesem Samstagabend und die Theo-Heuss abgesperrt, der Königsbau umstellt. Bedrohungslage? „Nein, momentan keine“, beruhigt der Polizeiführer vom Dienst. „Wir bekamen einen Anruf nach 19 Uhr. Jemand sei gesichtet worden, der möglicherweise mit einem Magazin hantierte, die Ausbeulung der Hose könne eine Waffe sein, da müssen wir reagieren.“ Um 23 Uhr gibt’s Entwarnung. Man habe den Mann nicht gefunden, heißt es später. „Eine Gratwanderung, aber bei solch einer verdächtigen Wahrnehmung müssen wir jegliche Restgefahrenlage ausschließen.“ Ansonsten sei es ein normaler, unauffälliger Einsatzverlauf für eine warme Samstagnacht gewesen, zieht die Polizei am Sonntagmorgen Bilanz: Lediglich einige kleinere Straftaten und Rempeleien seien verzeichnet worden. Auch die Nacht zum Samstag war aus Polizeisicht unauffällig verlaufen. „Für das schöne Wetter erstaunlich ruhig”, sagte ein Polizeiführer.

 

Die „Wild-Pinkler-Ecke“ wird ihrem Ruf gerecht

Eindrücke des Samstagabends: Auf der Königstraße wird flaniert, oft in Hawaiihemden und Hofstaat à la Kardashian – körperbetont und häufiger bauchfrei. Die Außentische der Restaurants, Cafés und Bars rund um Königsbau, in der Calwer Straße oder im Hospitalviertel sind gut gefüllt. Vor dem Kunstmuseum tanzen junge Männer Dabke, den traditionellen Folklore-Tanz aus dem Nahen Osten. Auf der Freitreppe daneben sitzen viele junge Menschen. Die eine oder andere Boombox vibriert – dito auf den Wiesen des Schlossplatzes. Gechillt, gequatscht, gelacht, angestoßen, mal kurz gestritten wird auf den Bänken rund um die Brunnen und den Treppen der Jubiläumssäule sowie am Eckensee vor den Mäuerchen des Landtags. Unangenehme Geruchsakzente sind am Weg zum Akademiegarten auszumachen: Die Hecke hinter dem Neuen Schloss wird wieder ihrem Ruf als „Wild-Pinkler-Ecke“ gerecht.

Nichts davon nimmt das Grüppchen Mitzwanziger aus Stuttgart, Luxemburg und der Schweiz wahr, das sich auf der anderen Seite des Baus, dem Treppchen zum Finanzministerium, niederlässt, nicht bemerkend, dass da Sitzverbot herrscht. Sie verlassen die Stufen, als der Sicherheitsdienst sie freundlich dazu auffordert. Alle aus der Gruppe seien geimpft, sagt eine der Frauen: „Auch aus egoistischen Gründen: Nach so langer Zeit Eingesperrtsein muss man wieder raus“, meinte sie, auf die Königstraße blickend.

Auf der Königstraße spaziert derweil Assis mit ihren Freundinnen Hajer und Racha. „Stuttgart ist schon voller gewesen!“, sagen die Tunesierinnen, die in Stuttgart leben. Sie hätten gerade Videoclips gedreht, nun schauen sie, wo sie tanzen könnten. Laut neuer Coronaverordnung des Landes sollen ab diesem Montag, 16. August, kulturelle Veranstaltungen im Innenbereich, auch in Diskotheken und Clubs, wieder voll stattfinden können – solange die Besucher entweder geimpft, genesen oder PCR-getestet sind. Das sei okay so, sagt ein junges Pärchen.

Besuch aus Heidelberg

Nicht okay finden sechs junge Frauen mit Rosenkränzen im Haar, die Junggesellinnenabschied feiern, dass sie in manchen Lokalitäten nicht willkommen sind. „Die haben wohl schlechte Erfahrungen mit solchen Feiern gemacht, dabei trinke ich nicht mal Alkohol“, erklärt Bald-Ehefrau Tina. Extra aus Heidelberg seien sie angereist, um sich die Landeshauptstadt anzuschauen.