Bauer war es auch, der erklärte, dass man an heißen Tagen aufpassen müsse, von den reflektierenden Rolexuhren und Goldkettchen keine Brandwunden davonzutragen. Wobei in den letzten Jahren auch ein explizit zeitgenössischer Schick an die Zonen von Tradition und Folklore anschloss. Nicht zuletzt war das Berg auch immer eine meteorologisch-verhaltensbiologische Versuchsstation. Kein Bad so voll, wenn die Temperaturen Spitzenwerte erreichten (es gab Tage, da lag ich am Gehweg wie ein Obdachloser in Badehosen), doch mit jedem sinkenden Grad schwanden hier die Gäste mit erstaunlicher Rasanz. Bis auf jene Gruppe hart gesottener Pensionäre, die zu jeder Jahreszeit, bei Regen und Schnee und Dunkelheit ins Wasser steigen (als ich erstmals im Winter erschien, damals bereits auf die fünfzig zugehend, schenkte man mir Blicke, als stünde ich im Verdacht, aus einem Kindergarten ausgebrochen zu sein).

 

Jetzt zum Schluss scheinen sich auch viele Neulinge einzufinden. Ein irritierter Herr fragt mich, wie die Türe seines Kästchens zu verschließen sei; er weiß nicht um die für zwei Euro Pfand einzulösende Münze, die aussieht wie aus dem Goldschatz einer außerirdischen Rasse, die lang vor den Stuttgartern Stuttgart bevölkerte. Ein anderer Gast bestellt an der Restauranttheke ein „halbes Viertel Rotwein“ (!), meint also wohl ein Achterl, der Mann hinter ihm fragt die Thekenkraft, ob er seinen Kaffee mit EC-Karte bezahlen könnte. Ihr Nein ist eigentlich kaum zu hören, umso mehr zu spüren. Ihr Nein donnert kleine Schrammen in die Stirn des Fragenden. Nun, so ist das nun mal bei Begräbnissen. Da gibt es dann auch Kiebitze, die den toten Schwan gar nicht wirklich kannten.

Ansonsten, wie gesagt, echte Trauer. Zwei Jahre sind zwei Jahre und im Bauwesen ist Zeit ohnehin relativer als anderswo und gleicht der Reise in eine so ferne wie bei aller Planung widerspenstige Zukunft. Dass nachher alles besser und schöner sein wird . . . Swan reloaded.

Ein letzter Blick zurück auf den heiligen Flecken

Als ich das Bad dieser Tage zum letzten Mal verlasse und hochlaufe zum obligatorisch verdreckten Japanischen Garten, dessen kleiner Gehweg zur Ecke Steubenstraße/Kuhnstraße führt, drehe ich mich ein letztes Mal um und schaue auf den heiligen Flecken und sein mirakulöses Gewässer. Und denke mir nun zynischerweise, dass doch alles seine Richtigkeit hat, indem das Bad Berg jene bauliche Form annimmt, die in Stuttgart am gebräuchlichsten ist: die der Baustelle.

Aber kann man mit einer solchen Feststellung aufhören? So, als erwähne man bei einem Begräbnis nicht die Restauration des Lebens nach dem Tod, sondern allein den Umstand von Verwesung und Verfall. Nein, dann doch lieber mit einem Gespräch enden, das ich zuletzt aufschnappe. Wie sich da zwei ältere Herren über den Zustand einer gewissen Fußballmannschaft unterhalten und der eine meint: „Dass die wieder vorne mitspielen, werden wir nicht erleben.“ Der andere: „Sicher nicht, aber vielleicht, dass die das Berg pünktlich wieder aufsperren.“

Das große Verdienst des Bad Berg neben seiner architektonischen Grazie und dem belebenden Gefühl, in Champagner zu baden, ist es gewiss, einen sich selbst beobachtenden soziologischen Feldversuch darzustellen: ein Nebeneinander der Milieus, die die verschiedenen Areale im Inneren und Äußeren bewohnen, sich im Ritus geordneten Schwimmens vereinen, in der Selbstdarstellung, der theatralischen Geste und im Selbstbewusstsein der jeweiligen Gruppe. Ich muss immer wieder an den sehr berechtigten Ausspruch von Joe Bauer denken, der meinte: „Wenn du dich hier auf die falsche Liege legst, dann wirst du erschossen.“ Wobei gleichzeitig in keinem anderen Bad eine derartige Homogenität im Geiste herrscht: das kollektive Bewusstsein, sich in einer zur Badeanstalt gewordenen Gottheit zu befinden.

Zum Finale kommen auch viele Neulinge

Bauer war es auch, der erklärte, dass man an heißen Tagen aufpassen müsse, von den reflektierenden Rolexuhren und Goldkettchen keine Brandwunden davonzutragen. Wobei in den letzten Jahren auch ein explizit zeitgenössischer Schick an die Zonen von Tradition und Folklore anschloss. Nicht zuletzt war das Berg auch immer eine meteorologisch-verhaltensbiologische Versuchsstation. Kein Bad so voll, wenn die Temperaturen Spitzenwerte erreichten (es gab Tage, da lag ich am Gehweg wie ein Obdachloser in Badehosen), doch mit jedem sinkenden Grad schwanden hier die Gäste mit erstaunlicher Rasanz. Bis auf jene Gruppe hart gesottener Pensionäre, die zu jeder Jahreszeit, bei Regen und Schnee und Dunkelheit ins Wasser steigen (als ich erstmals im Winter erschien, damals bereits auf die fünfzig zugehend, schenkte man mir Blicke, als stünde ich im Verdacht, aus einem Kindergarten ausgebrochen zu sein).

Jetzt zum Schluss scheinen sich auch viele Neulinge einzufinden. Ein irritierter Herr fragt mich, wie die Türe seines Kästchens zu verschließen sei; er weiß nicht um die für zwei Euro Pfand einzulösende Münze, die aussieht wie aus dem Goldschatz einer außerirdischen Rasse, die lang vor den Stuttgartern Stuttgart bevölkerte. Ein anderer Gast bestellt an der Restauranttheke ein „halbes Viertel Rotwein“ (!), meint also wohl ein Achterl, der Mann hinter ihm fragt die Thekenkraft, ob er seinen Kaffee mit EC-Karte bezahlen könnte. Ihr Nein ist eigentlich kaum zu hören, umso mehr zu spüren. Ihr Nein donnert kleine Schrammen in die Stirn des Fragenden. Nun, so ist das nun mal bei Begräbnissen. Da gibt es dann auch Kiebitze, die den toten Schwan gar nicht wirklich kannten.

Ansonsten, wie gesagt, echte Trauer. Zwei Jahre sind zwei Jahre und im Bauwesen ist Zeit ohnehin relativer als anderswo und gleicht der Reise in eine so ferne wie bei aller Planung widerspenstige Zukunft. Dass nachher alles besser und schöner sein wird . . . Swan reloaded.

Ein letzter Blick zurück auf den heiligen Flecken

Als ich das Bad dieser Tage zum letzten Mal verlasse und hochlaufe zum obligatorisch verdreckten Japanischen Garten, dessen kleiner Gehweg zur Ecke Steubenstraße/Kuhnstraße führt, drehe ich mich ein letztes Mal um und schaue auf den heiligen Flecken und sein mirakulöses Gewässer. Und denke mir nun zynischerweise, dass doch alles seine Richtigkeit hat, indem das Bad Berg jene bauliche Form annimmt, die in Stuttgart am gebräuchlichsten ist: die der Baustelle.

Aber kann man mit einer solchen Feststellung aufhören? So, als erwähne man bei einem Begräbnis nicht die Restauration des Lebens nach dem Tod, sondern allein den Umstand von Verwesung und Verfall. Nein, dann doch lieber mit einem Gespräch enden, das ich zuletzt aufschnappe. Wie sich da zwei ältere Herren über den Zustand einer gewissen Fußballmannschaft unterhalten und der eine meint: „Dass die wieder vorne mitspielen, werden wir nicht erleben.“ Der andere: „Sicher nicht, aber vielleicht, dass die das Berg pünktlich wieder aufsperren.“

Wie heißt es? In Gottes Ohr.