Die Sanierung der Oswaldkirche ist beendet – jetzt wurde bei einem Festwochenende gefeiert.

Stuttgart-Weilimdorf - Das Regenwetter lud nicht gerade dazu ein, gen Himmel zu blicken und die neu eingedeckten Dächer von Kirchturm und Haupthaus zu betrachten. Drinnen in der Oswaldkirche herrschte dagegen sonnigste Feierlaune: Nach rund zwei Jahren ist die umfassende Sanierung abgeschlossen und auch mit der Finanzierung ist man auffallend weit gediehen – die Weilimdorfer haben großzügig für ihr Wahrzeichen gespendet.

 

Nach dem Sonntagsgottesdienst ging es hinauf, um den Kirchboden, die kunstvolle Zimmermannsarbeit im Dachstuhl zu begutachten: Immer wieder mussten marode Stellen in den bis zu 14 Meter langen Dachsparren aus Eichenholz ersetzt werden. „Tolle Arbeit!“, lobt der Kirchenpfleger Robin Meissner, der die Sanierung von Anfang an begleitet hat. Jetzt ruht das Dach wieder gleichmäßig auf den Wänden, Verschiebungen hatten zuvor für Risse im Mauerwerk gesorgt. Weithin sichtbar wurden außerdem Haupthaus, Kirchturmdach und Vordach der Sakristei neu gedeckt. Dass man auch die Elektrik austauschen musste, hat die Sanierung verteuert, doch nun ist man stolz auf das Erreichte.

Seinen Auftakt fand das Festwochenende schon am Samstagabend bei einem „Kirchenbesen“, und auch das zeigt ja: Die Oswaldkirche ist über die Konfessionen hinaus noch immer der erklärte Mittelpunkt des historischen Weilimdorfs. Einst war das Gotteshaus, das seine heutige Form ungefähr im Jahr 1595 erhielt, durch die umgebende Wehrmauer sogar der letzte Rückzugsort für die Dorfbevölkerung.

Heute zeigt sich die Verbundenheit der Weilimdorfer mit ihrer Oswaldkirche auch in ihrer Spendenbereitschaft. Den aktuellen Stand dokumentieren die Plexiglas-Röhren im Hauptschiff, über die knitz der Turmhahn im Ruhestand wacht: Er soll aus dem Jahr 1606 stammen, und wich nur deshalb einem neueren und etwas windschnittigeren Artgenossen, weil er 1945 bei einem Bombenangriff schwer beschädigt worden war.

Der Kirchboden soll eine besondere Nutzung erfahren

Auf rund 400 000 Euro beläuft sich der Anteil, den die Kirchengemeinde selbst aufbringen muss, erläutert Pfarrerin Guntrun Müller-Enßlin. Einen Großteil davon habe man bereits zusammen – durch Rücklagen und durch Spenden. Etliche vierstellige Beträge seien dazu eingegangen und von privater Hand eine Spende in Höhe von 40 000 Euro, „das war unglaublich“, betont die Pfarrerin. Außerdem trat der Weilimdorfer Kabarettist Christoph Altmann bei einem Benefizabend auf „und es gab einen Dachziegelverkauf für die Sanierung“.

Eine Foto-Strecke im Chor der Kirche verdeutlichte am Sonntag noch einmal die einzelnen Bauabschnitte. Besonders spannend: Im Zuge der Kirchturmsanierung öffnete man auch die Zeitkapsel in der Turmkugel: Ausgehend von dem Gedanken, dass traditionell am ehesten die Kirchen im Stadtbild überdauern, hinterlässt man darin üblicherweise Zeitdokumente als Gruß für kommende Generationen. Sie habe bereits einen fünfseitigen Bericht des damaligen Stadtpfarrers über das Gemeindeleben im Jahr 1934 enthalten und einen Satz Reichsmark, so Müller-Enßlin. Jetzt kamen D-Mark und eine Euro-Münze hinzu, sowie eine Tageszeitung vom 9. September 2019.

Mit einer Zeitkapsel der musikalischen Art verklang das Festwochenende: Am Sonntagnachmittag konzertierten mit der Gemeinde verbundene Organisten; auch Pfarrer Hartmut Häcker selbst war darunter. Jetzt bleibt nur, auf ein wenig Sonnenschein zu hoffen, damit die überlieferten bunten Dachziegel des Turms weithin leuchten können.

Und der in neuem Glanz erstrahlte Kirchboden, der im Zuge der Sanierung sogar noch einen Zwischenboden erhalten hat? Der wird nun wohl öfter stolz vorgezeigt werden, Kirchenpfleger Meissner sagt sogar: „Man müsste sich eine gute Nutzung einfallen lassen, so schön, wie das geworden ist.“