Viele Fußgänger auf der Eberhardstraße recken angesichts der ungewöhnlichen Anblicks derzeit ihre Köpfe in die Höhe. Seit wenigen Tagen ist die Fassade des Tagblattturms hinter einem Gerüst versteckt.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Viele Fußgänger auf der Eberhardstraße recken angesichts des ungewöhnlichen Anblicks derzeit verwundert ihre Köpfe in die Höhe. Seit wenigen Tagen ist die Fassade des 18-stöckigen Tagblattturms hinter einem mächtigen Gerüst versteckt. Der Grund dafür ist die anstehende Sanierung der Fenster. Im 61 Meter hohen Turm selbst sind es 239 Stück, im Ensemble am Fuß 139. Laut der Stadt soll der Austausch der Fenster in zwei Wochen beginnen. Nur die Originalfenster mit Metallrahmen im ersten Stock bleiben erhalten. Sie werden auf Vordermann gebracht.

 

Die Sanierungskosten belaufen sich auf 3,5 Millionen Euro. Den Großteil trägt die Stadt, der das Gebäude gehört. Wegen des Denkmalschutzes bezuschusst der Bund die Arbeiten mit 300 000 Euro. Das Land schießt 200 000 Euro zu. Die Landesdenkmalstiftung gibt weitere 100 000 Euro.

„Babylonismus“ ist heute ein Wahrzeichen der Stadt

Der Tagblattturm war 1928 nach mehrjähriger Bauzeit errichtet worden. Das von Ernst Otto Oßwald entworfene Gebäude galt als erstes Stahlbeton-Hochhaus in Deutschland und sogar als erstes Sichtbeton-Hochhaus der Welt. Es erzürnte damals viele Gemüter. Von „Babylonismus“ und „Amerikanismus“ war angesichts des Neuen Bauens, das von Sachlichkeit geprägt war, die Rede. Heute feiert die Branche das Hochhaus hingegen als Ikone der Architektur des 20. Jahrhunderts. Es ist eines der Wahrzeichen der Stadt.

Das Hochhaus war lange Zeit das Stammhaus des Neuen Tagblatts, später der Stuttgarter Zeitung, die heute im Pressehaus in Möhringen untergebracht ist. Im Jahr 1978 kaufte die Stadt Stuttgart den Tagblattturm und ließ neue Fenster einbauen. Nach mehr als 30 Jahren gelten diese aber als marode. Um den Auflagen des Denkmalschutzes Rechnung tragen zu können, wird der Turm mit seinen 239 Fenstern seinem historischen Erscheinungsbild zurückgeführt. Die Flügel und die Rahmen werden aus Holz gebaut und mit Schiebevorrichtungen ausgestattet. Die Fenster werden im Originalgrauton der 1920er Jahre gestrichen. Bis zum Winter bleibt der Turm von dem Gerüst verhüllt.

Komplettsanierung ist abgeschlossen

Damit gilt die Komplettsanierung des Tagblattturms als abgeschlossen: Bereits vor zehn Jahren wurde ein Millionenbetrag investiert und die Fassade saniert. Zudem wurden die Elektrik im Gebäude erneuert und eine Brandmeldeanlage eingebaut. Die ursprünglich montierten Neonröhren an den Ecken des Tagblattturms, die die Formen des Gebäudes nachts hervorheben, ersetzte man mit insgesamt 350 Metern Lichtfaserleitung. Der alte Paternoster hingegen ist Geschichte. Bereits in den 1970er Jahren wurde der weltweit höchste Umlaufaufzug ausgebaut und durch zwei herkömmliche Lifte ersetzt.