Lustig wird das nicht im neuen Jahr: Mars regiert, Autos rasen im Kreis herum und die Fifa. . . na ja. Aber ein paar Werte verteidigen wir noch. Und in zwölf Monaten ist alles vorbei.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Martin Gerstner (ges)

Stuttgart - Als ob die Männer nicht schon genug Schaden angerichtet hätten: Jetzt steht auch noch das Jahr 2016 im Zeichen von Mars, dem männlichsten aller Planeten. Jedenfalls behaupten das die Astrologen. Mars hat die typisch männlichen Eigenschaften: dominant, behaart, suchtgefährdet. Reste von Mars finden sich aber auch in Frauen, was die Sache nicht besser macht. Wo der Mars regiert, werde die Welt vital, heftig, laut, extrovertiert, schnell, rücksichtslos, heißt es in den streng wissenschaftlichen Weissagungen. Es bleibt also alles, wie es ist.

 

Zum Mars kommt noch Pluto, der sich in den Steinbock schiebt. Was er dort macht? Er transformiert, verändert und kontrolliert, so die Astrologen. Warum man einen Steinbock von innen beaufsichtigen und ausforschen soll, wissen aber bis jetzt nur die Geheimdienste. Doch es gibt auch Hoffnung. Nachdem im Jahr 2015 Jupiter noch im Löwen war, befindet er sich bis in den September 2016 hinein in der Jungfrau. Er ruft damit Eigenschaften wie Nächstenliebe, Empathie, Selbstkritik wach. Das könnte also das inoffizielle Horst-Seehofer-Jahr werden. Im Chinesischen ist das Jahr 2016 übrigens das Jahr des Feuer-Affen – es löst das Jahr des Holz-Schafes ab. Was uns das sagen will? Tja.

Fifa-Kohle für die goldenen Duschköpfe

Jetzt aber mal der Reihe nach.

Im Februar 2016 wählt die Fifa einen Präsidenten. Schon Wochen davor werden gewaltige tektonische Verschiebungen in Teilen der Welt registriert – für Seismologen ein klares Indiz für die Stärke der anschwellenden Geldtransaktionen Richtung Zürich und von dort aus wieder zurück. In südamerikanischen, asiatischen und afrikanischen Umkleidekabinen und in der deutschen Kreisliga B will man nach der Wahl endlich die versprochenen goldenen Duschköpfe installieren. Der gewählte Präsident wird natürlich lückenlose Transparenz versprechen, zugleich aber darauf hinweisen, dass der Fußball auf immer und ewig die schönste Nebensache . . . und man die Kirche jetzt mal im Dorf lassen . . . es gehe ja schließlich um den Sport . . . kann man sich doch nicht ständig selbst zerfleischen . . . jetzt muss auch mal wieder Ruhe . . . Herrgott noch mal!

Würgende Stille über den Formel-1-Strecken

Am 13. März ist Super-Wahlsonntag in Deutschland: Es finden gleichzeitig Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz statt. In Baden-Württemberg werden die Grünen wohl die absolute Mehrheit gewinnen. CDU und FDP haben aber bereits eine Verfassungsklage angekündigt, weil das Ergebnis gegen die bei der Gründung des Bundeslands festgelegte christlich-demokratische Erbfolgeregelung verstößt, laut der oberschwäbische Stimmen doppelt zählen. Der Klage wird vermutlich stattgegeben. Es bildet sich in der Folge eine große Koalition nach dem Vorbild der Gemeinschaftsschule. Lernschwache werden bis zum Staatssekretär mitgeschleift.

Die 67. Formel-1-Saison startet auch im März. Mittlerweile fahren alle Teams mit Elektroautos. Die plötzliche Ruhe an der Rennstrecke löst bei Zuschauern und Betreuern Dyskalkulie und Herzrasen aus. Viele Formel-1-Fans grillen vegane Blutwürste und trinken alkoholfreies Bier, was den Motor-Rennsport in die schwerste Krise seit Menschengedenken schlittern lässt.

Im April jährt sich dann der Todestag von Miguel de Cervantes zum 400. Mal. Der Mann gilt bis heute als Galionsfigur der Windkraftgegner. In einigen Schwarzwaldgemeinden ist Rosinante der beliebteste weibliche Vorname. Im Mai wird man ebenfalls des 400. Todestags von William Shakespeare gedenken, des einflussreichen englischen Tüftlers. Sein Wahlspruch: Ein Königreich für einen Herd führte direkt zur Entwicklung der legendären Sonette-Küchenmaschine. Auch der Toyota-Cressida und der Lear-Jet fußen auf seiner theoretischen Vorarbeit. Ebenfalls im Mai feiert Leipzig den 100. Katholikentag. Der liebe Gott hat sein Kommen zugesagt, fürchtet aber, in einer Legida-Demo für einen syrischen Migranten gehalten zu werden.

Krüge hoch - das Bier bleibt sauber

Beim Eurovision Song Contest in Stockholm tritt Xavier Naidoo nicht an. Er interpretiert als Zeichen des Protests im Berliner Sportpalast einige Reggae-Polkas, basierend auf deutschen Volksliedern. Seinen Kritikern droht er den totalen Krieg an. Nicht enden wollender Jubel in allen Teilen des Reichs.

Im Juli wird in München und Weihenstephan wie an rund 34 000 anderen bayerischen Gemeinden und Stammtischen das 500-Jahr-Jubliäum des bayerischen Reinheitsgebots gefeiert. Es wird alles so sein wie immer – ins Unreine gesprochen also: lockere Stimmung, Hitziges und Poltriges, Krüge hoch, oins, zwoa, Leberwirrwar, Madlbringstnooins, muassamolschlussseinmitidegonzausländersackzifixnochamal, anderntags schwammige Fladen im Gehirn, Alpenglühen und Sodbrennen. Bayerns Regierungschef Seehofer versichert, man werde die Qualität des bayerischen Biers gegen den Islamischen Staat und gegen die Europäische Gemeinschaft bis zum letzten Tropfen Erdinger, Kulmbacher und Augustiner verteidigen. Eventuelle Sprengsätze der Islamisten dürften wegen der wuchtig aufspielenden Blaskapellen ungehört verebben.

Muskeln ohne Menschen bei Olympia

Tage der Entscheidung auch für Millionen deutscher Schüler, die im Juli Abitur machen. In den bisherigen Prüfungen konnten fast alle in Biologie die Oberkiefer korrekt als Nadelbaum identifizieren und Montauk als Cannabis-Subgruppe. Viele scheiterten aber am Unterschied zwischen Algebra und Wonderbra und bezeichneten Sprühkathoden fälschlicherweise als urologisches Krankheitsbild. Dennoch öffnet der Arbeitsmarkt seine Arme. Viele Aral-Tankstellen reißen sich um die Abiturienten. Sie seien sicher im Zahlenraum bis E 10 und könnten auch nach Mitternacht zwischen Zapfhahn und Hähnchen unterscheiden.

Im August beginnen die 31. Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Im Vorfeld wird bereits die Frage diskutiert, ob Muskeln auch ohne Menschen antreten dürfen. Schließlich seien die Auswirkungen leistungssteigernder Mittel auf Psyche und Physiognomie gravierend. Die Debatte gewinnt an Fahrt, seit im Netz Bilder von Kugelstoßerinnen kursieren, die in der Herrentoilette stehen und sich gleich über dem Rasierzeug Fotos von schnellen Autos in den Spind hängen. Sittsamer geht es bei der Schachweltmeisterschaft am Ende des Jahres zu. Es wird wohl auf e2-e4, Sb1×c3+, Td1-d8#, e7-e8D und f5×g6 e oder so etwas Ähnliches hinauslaufen. In den Pausen gibt’s Damengambits vom Grill.

Im November blickt die Welt auf die Präsidentschaftswahl in den USA. Selten waren die ideologischen und programmatischen Unterschiede so klar: Republikaner stehen für eine der Eigeninitiative huldigende, das Individuum fördernde, liberale, nach außen kraftvoll auftretende, dem Interesse des Landes verpflichtete, sich an den christlichen Grundwerten orientierende Politik. Die Demokraten hingegen kündigen eine kraftvolle, den christlichen Werten folgende, nach außen klare, das Individuum stützende und den klassischen amerikanischen Prinzipien wie der Eigeninitiative verpflichtete Politik an. Es geht also um die grundlegende Neuausrichtung der politischen globalen Ordnung.

Gotthard statt Westbalkan-Route

Und noch ein Todestag: im November 1916 starb der legendäre österreichische Kaiser Franz Joseph I., dessen Backenbart die Vorlage für viele Ziergärten im Donauraum lieferte. Sein Todestag ist ein großes Datum in Österreich, wo die Monarchie immer noch die zweitbeliebteste Staatsform ist – gleich nach dem Kaffeehaus.

Im Dezember wird der Gotthard-Basistunnel als längste Eisenbahnröhre der Welt eröffnet. Er soll die zuletzt stark belastete Westbalkanroute ersetzen. Der Anschluss an das deutsche Verkehrsnetz lässt aber auf sich warten. Verkehrsminister Alexander Dobrindt versichert den ausreisewilligen Schweizern, man werde mit geleasten rumänischen Postbussen einen Schienenersatzverkehr gewährleisten.

Schließlich warten alle Beobachter im nächsten Jahr auf die entscheidende Wende im NSU-Prozess. Vermutlich wird die Angeklagte Beate Zschäpe endgültig ihre ungeliebten Verteidiger Stahl, Sturm und Heer gegen deren Kollegen Bormann, Focke-Wulf und Ehrenhorst von der Sozietät Braunau & Braunau & Ribbentrop austauschen. Die Elite-Advokaten kündigen in der „Juristischen Wochenschau“ für die Sommermonate eine Generaloffensive an. Die Polizei weist die Anwohner des Gerichtsgebäudes vorsorglich an, ihre Fenster zu schließen.