Die Gemeinde Hattenhofen möchte die Erdwärmenutzung gerne ausbauen. Auf den Sauerbrunnen soll aber keinesfalls verzichtet werden. Eine Erkundung des Bodens könnte Klarheit bringen, ob beides möglich ist.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Hattenhofen - Seit etlichen Jahren befasst sich die Gemeinde Hattenhofen schon mit dem Gedanken, geothermische Energie zu nutzen. Einige Privatleute heizen zwar bereits mittels gesetzter Erdwärmesonden. Vor einen flächendeckenden Ausbau hat der Gesetzgeber allerdings eine Untersuchung der geologischen Beschaffenheiten gesetzt. In Hattenhofen ist dieses Prozedere nicht zuletzt deshalb schwierig, weil in der knapp 3000 Einwohner zählenden Voralbgemeinde ein Sauerwasserbrunnen trinkbares Nass spendet, das der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung steht.

 

Bürgermeister Jochen Reutter würde es zwar ausdrücklich begrüßen, wenn im Ort, der sich aktuell um den European Energy Award bemüht, die Geothermie ausgebaut werden könnte. Er stellt aber auch klar, dass der Sauerbrunnen nicht zur Disposition stehe. Man habe zuletzt eine Menge Geld investiert, um die Betriebserlaubnis verlängert zu bekommen. Der Schultes lässt keinen Zweifel daran aufkommen: „Wir werden den Brunnen in tausend kalten Wintern nicht schließen, um die Erdwärme in stärkerem Umfang nutzen zu können.“

Erkundung der Bodenverhältnisse erforderlich

Dennoch hat sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung des Themas angenommen, um auszuloten, welcher Aufwand für eine aussagekräftige Erkundung der Bodenverhältnisse erforderlich ist. Das Problem dabei: niemand weiß bis jetzt, aus welchem Einzugsbereich sich der Brunnen speist, der an der Straße in Richtung Bezgenriet liegt. „Es liegt zwar die Vermutung nahe, dass das Wasser aus Richtung Reustadt kommt, aber das Landratsamt, das Regierungspräsidium und das Landesbergbauamt fordern da natürlich Sicherheit“, sagt Reutter.

Um diese Sicherheit zu bekommen, müssten vermutlich an vier Stellen Probebohrungen stattfinden, die wiederum ziemlich teuer sind. Je nach Tiefe ist, wie ein Experte herausgefunden hat, mit Kosten zwischen minimal 40 000 Euro und maximal 90 000 Euro zu rechnen. Der Rathauschef zeigt die möglichen Alternativen auf: „Wir können auf die Erkundung verzichten, was dann das Ende für die Geothermie wäre, oder wir untersuchen und lassen eine Erdwärmenutzung dort zu, wo es bedenkenlos möglich ist.“

Unterschiedliche Ansichten im Gemeinderat

Im Kommunalparlament gebe es unterschiedliche Ansichten, fügt er hinzu. „Einige Räte sind der Meinung, dass wir in dieser Hinsicht schon genug Geld ausgegeben haben, andere, auch ich, würden es gerne vollends zu Ende bringen“, erklärt Reutter. Ehe ein Beschluss fällt, wird die Verwaltung nun noch einmal mit den zuständigen Stellen sprechen. Zum einen müssen die detaillierten Rahmenbedingungen für die Bohrungen festgelegt und die genauen Kosten ermittel werden. Zum anderen geht es der Kommune darum, eine Zusage zu bekommen, dass die gewonnenen Ergebnisse später auch anerkannt werden.

„Kommt dann am Ende heraus, dass wir die Erkundung bleiben lassen, geht die Welt aber nicht unter“, erklärt der Bürgermeister. Auch wenn einer Klimabündnisgemeinde wie Hattenhofen die Erdwärmenutzung gut zu Gesicht stünde.

Interview mit Bernhard Riek, Landratsamt Göppingen

Herr Riek, über Geothermie wird viel gesprochen – und nur selten positiv. Ist es wirklich so kritisch, Erdwärme zu nutzen?
Erdwärmeheizungen sind grundsätzlich eine technisch ausgereifte und je nach Einsatzzweck sinnvolle Alternative. Man hat aus den Vorkommnissen der vergangenen Jahre gelernt, auch die aktuell auftretenden Schäden resultieren ja aus älteren Bohrungen. Man setzt auf eine restriktive Qualitätssicherung, beim Abteufen ebenso wie beim Abdichten der Bohrungen. Gerade dieses Verpressen ist wichtig, da die zwischen 50 und 150 Meter langen Sonden oft mehrere Grundwasserebenen durchdringen. Wird das Bohrloch beim Verfüllen nicht ordnungsgemäß abgedichtet, können ungünstige geologische oder hydrogeologische Bedingungen allerdings wirklich schwerwiegende Auswirkungen haben.
Wie ist es denn um Geothermie-Nutzung im Kreis Göppingen bestellt?
Im Landkreis Göppingen sind zurzeit rund 200 Anlagen mit jeweils mehreren Sondenbohrungen in Betrieb. Hieraus resultierende Gebäude- oder Umweltschäden sind mir nicht bekannt. Das Landratsamt lässt jedoch generell keine Bohrungen in besonders sensiblen Gesteinsschichten zu. Das stößt mitunter auf ein gewisses Unverständnis bei den an Erdwärme interessierten Bürgern.
In Hattenhofen ist das Thema jetzt in Zusammenhang mit dem Sauerbrunnen aufgeploppt. Wo liegt dort das Problem?
Das Hattenhofer Sauerwasser dürfte aufgrund seiner besonderen Eigenschaften einzigartig sein und wird an einem öffentlich zugänglichen Brunnen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die sauerwasserführende Schicht des Angulaten-Sandsteins wird von der darüber liegenden Arietenkalkschicht auf natürliche Weise gedeckelt und somit vor anthropogenen Einflüssen geschützt. Das Landratsamt lehnt aus diesem Grund jeglichen Eingriff in den Sandstein ab, da das Risiko, dass das Sauerwasser verunreinigt wird, nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Das Bohren müsste bereits mit Erreichen des Arietenkalks beendet werden.
Das heißt, dass gar nicht so tief gebohrt werden könnte, wie es notwendig wäre?
Aufgrund der oberflächennahen Ausbildung besagter Gesteinsschichten wäre zumindest in Teilen von Hattenhofen eine Erdwärmenutzung durch Sonden nicht möglich. Der Vollständigkeit halber möchte ich aber erwähnen, dass wir in Göppingen oder in Jebenhausen aufgrund der dortigen Mineralwasservorkommen ähnliche Verhältnisse haben. Auch im Unteren Filstal und im Voralbgebiet gibt es Begrenzungen zum Schutz des Mineralwassers. Nur liegen die Schichten dort um einiges tiefer und lassen deshalb vernünftige Sondenlängen zu.
Kann es in Hattenhofen also nur ein Entweder-Oder zwischen Sauerwasser und Erdwärmesonden geben?
Aus Sicht des Landratsamts eindeutig ja.

Zwischen Schützen und Nützen

Bernhard Riek ist im Umweltschutzamt des Landkreises Göppingen für die Wasserschutzgebiete und für den Grundwasserschutz zuständig. Der 43-jährige Bautechniker der Wasserwirtschaftsverwaltung ist im Landratsamt, für das er seit 1995 tätig ist, zudem mit dem Thema Erdwärmenutzung befasst.