Der Häckselplatz ist ein Kompost für sich. Was dort landen darf, ist nicht immer klar. Wer fragwürdige Fracht mit sich führt, gerät am Eingang zur Entsorgungsstation in Erklärungsnöte.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart -

 

Aus China werden nicht nur gefälschte, sondern auch gefährliche Sachen zu uns importiert, etwa der immer noch nicht allseits bekannte Buchsbaumzünsler. Das mag ähnlich lächerlich klingen wie Maschendrahtzaun, aber es handelt sich um eine ernst zu nehmende Bedrohung: einen umherflatternden Schädling, dessen Raupen sich durch die Gegend fressen und bei uns keine natürlichen Feinde haben – außer den gemeinen Buchsbaumbesitzer, dem der Nimmersatt ein fünfzehn Jahre altes Prachtexemplar erlegt hat.

Was tun, wenn der Buchsbaum größer als die Tonne ist?

Der Buchsbaum muss also weg – nur wohin? Experten warnen: Über eine Zwischenlandung auf dem Häckselplatz kann sich der Zünsler umso mehr verbreiten. Experten empfehlen: Entsorgung im Restmüll – aber der Buchsbaum ist größer als die Tonne. Die Gemeinde sagt am Telefon: „Ha, bringen Sie ihn halt vorbei.“

Der gemeindeeigene Häckselplatz ist nur selten geöffnet, also auf zur nächstgrößeren Stadt, in der das Kfz-Zeichen gerade noch Zugehörigkeit simuliert. Auch dort werden neue Vorschriften knallhart durchgesetzt, kann man sein gammeliges Zeug nicht einfach abladen, sondern muss es am Kassenhäuschen anmelden. „Muss man was anmelden?“, fragt der auch über Nacht nicht zum Experten gewordene Entsorgungsbeauftragte lässig aus dem Fenster heraus. „Ja, was haben Sie denn?“ – „Einen Buchsbaum.“ – „Mit Wurzel?“ – „Ne, nur mit Stamm.“ – „Aber mit Zünsler?“

Peinliche Befragung an der Häckselplatzpforte

Blöde Frage, die zum Ausstieg aus dem Auto und einer bis dahin souveränen Performance zwingt, um ein „möglicherweise“ einzuräumen. Schließlich wäre ein Nein zu dreist und könnte ein Ja zur Konsequenz führen: „Dann fahren Sie mal schön nach China damit!“ Muss der Buchsbaum also an der B 27 ausgesetzt oder dem Chef in den Vorgarten geworfen werden, droht doch mit der nächsten Frage die Enttarnung. „Ist er im Sack?“ Natürlich – wie sonst soll man einen mit Zünslern verseuchten Buchsbaum transportieren als in einem sorgsam verklebten 240-Liter-Müllsack?!

Der Häckselplatzwärter gibt sich unverhofft gnädig. Das deutsche Gewächs darf für 2,50 Euro in den geschlossenen Container, begleitet von Ausführungen, wie sehr sich der Zünsler durch Billigimporte bei uns ausgebreitet habe und man aufpassen müsse. Danke, jetzt wissen wir das auch. Erleichtert wie nach innerdeutschen Grenzkontrollen oder einer Gewissensprüfung als Kriegsdienstverweigerer sind wir nun gestählt für den nächsten Gefahrguttransport auf den Wertstoffhof. Reagiert da nicht irgendwo im Keller noch ein alter Chemiebaukasten vor sich hin?