Immer wieder tauchen die Schädlinge auf – seit März haben sich Schorndorfer Bürger daher mehrfach an die Stadtverwaltung gewandt. Doch nach wie vor sind die Nager in den Gärten. Die Stadt erklärt, dass sich das Ausbringen der Köder verzögert habe.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Schorndorf - Gleich fünf Ratten habe sie kürzlich am helllichten Tag auf ihrer Terrasse in Schorndorf-Haubersbronn beobachtet, berichtet Hannelore Gutmann. „Ich habe Angst, dass die mir mal reinkommen“, sagt die Rentnerin. Auch die Gehwegplatten vor der Haustür seien instabil geworden, weil Ratten darunter gegraben hätten. Die Tiere kämen vom Kanal in der Nähe des Hauses zu ihr herauf, erklärt Gutmann. Von einer „Granatensauerei“ spricht ihre Nachbarin Sigrid Hofer. In der ganzen Straße tauchten die Ratten in den Gärten auf, die Hofers haben auch schon eine in der Garage entdeckt. Der Tiere Herr zu werden sei schwierig. „Wir haben Fallen aufgestellt, da haben sie die Nutella einfach rausgeschleckt“, berichtet Hofer. Nur eine Ratte sei kürzlich in die Falle gegangen.

 

Eine Ratte im Waschküchenabfluss

Eine weitere Anwohnerin, Renate Wagner, spricht ebenfalls davon, dass das Rattenproblem „wirklich Überhand“ nehme. „Die laufen bei uns auf den Grundstücken rum und fressen die Tomaten an.“ Ihre Tochter habe unter dem Gitter des Abflusses in der Waschküche erst einen langen Schwanz und schließlich die Ratte entdeckt. Weiter ins Haus vorgedrungen seien die Nager bislang nicht – „wir machen immer alles gleich zu“. Mehrfach, so berichten die drei Frauen übereinstimmend, hätten sie die Stadtverwaltung darüber informiert. Denn ein Rattenbefall unterliegt der Meldepflicht. „Aber es wird nichts getan“, kritisiert Wagner. Dabei bestehe das Problem schon seit März, sagt Hofer.

Ines Hagmann, zuständig für die Projektsteuerung im Fachbereich Infrastruktur der Stadt Schorndorf, bestätigt, dass es in diesem Jahr verstärkt Meldungen über Ratten gegeben habe. Es sei aber nicht so, dass nichts gegen die Tiere unternommen würde. So würden zwei Mal pro Jahr flächendeckend Köder von einer Fremdfirma in der Kanalisation ausgelegt. Das koste 60 000 Euro. Der geplante Termin im Winter sei jedoch ausgefallen – „weil die Schächte zugefroren waren“, sagt Hagmann. Daher seien die Köder erst im Juli ausgebracht worden. Warum sich der Termin so verzögert hat, kann sie nicht sagen.

Mehr Nahrung, mehr Nachwuchs

Grundsätzlich, sagt Stefan Altenberger, der Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung, müsse man zielgerichtet mit den Giftködern umgehen und entsprechende Vorschriften beachten, damit andere Tiere, etwa Hunde, nicht gefährdet würden. So müssten die Köder in einer bestimmten Mindesttiefe in die Kanalschächte gehängt und nach zwei Wochen entfernt werden, sofern sie nicht angenagt worden seien. „Die Rattenköder werden zur Zeit nicht mehr so stark angenagt“, sagt Altenberger. Das liege wohl am relativ umfangreichen Nahrungsangebot in den Schächten – da die Kanäle aufgrund der langen Trockenheit nicht mehr durchgespült wurden, sammelten sich darin beispielsweise Essensreste, die die Menschen über die Toilette entsorgt haben. „Gibt es mehr Nahrung, vermehren sich die Ratten stärker“, erklärt Altenberger.

Die Stadt hat deshalb vor kurzem ihre Bürger dazu aufgerufen, Speisereste weder in die Toilette noch auf den Kompost zu werfen. Ferner sollten Essensreste nicht offen in den Hausmüll gegeben und Müllsäcke nicht neben den Tonnen gelagert werden. Die Tonnen sollten stets geschlossen gehalten werden.

Essensreste würden bei ihnen nicht ins Klo gespült, betont Sigrid Hofer: „Wir sind Schwaben, wir schmeißen nix weg.“ „Aber wenn es andere Anwohner gibt, die das machen, lockt es die Tiere trotzdem an“, warnt Ines Hagmann. „Da ist jeder gefragt.“ Durch die Corona-Pandemie seien die Menschen in den vergangenen Monaten mehr zuhause gewesen und hätten wohl häufiger gekocht, vermutet sie.

Remshalden reagiert auf Einzelmeldungen

Auch in Remshalden sind in diesem Jahr mehr Meldungen über Ratten registriert worden – und zwar über die Kommune verteilt, berichtet Gunnar von Bushe vom Tiefbauamt. „Das Problem ist ernstzunehmen“, sagt er. Normalerweise werde die Rattenbekämpfung in der Kanalisation von einer Firma einmal pro Jahr vorgenommen. Melden Bürger einen Befall, kümmert sich laut von Bushe ein speziell geschulter Mitarbeiter der Stadt darum. Das sei wichtig, weil die Giftköder nicht mit dem Wasser in Berührung kommen sollen. „Die Meldung geht an den Kollegen von der Kläranlage, der prüft den Hinweis, legt Köder aus und entfernt diese dann auch wieder“, erklärt von Bushe.

In Schorndorf soll der bisherige Turnus zunächst beibehalten werden, sagt Ines Hagmann. „Wir haben nicht die Personaldecke, dass wir jede Woche etwas auslegen können“, erklärt sie. Gleichwohl gebe es bei der Stadt seit einigen Wochen ein Projektteam, das nach Lösungen für das Rattenproblem suchen soll. Sigrid Hofer und ihre Nachbarn hoffen, dass eine solche Lösung bald gefunden wird: „Ich wohne seit 65 Jahren hier, aber so eine Sauerei haben wir noch nicht gehabt.“