Ob bärbeißiger Marshal oder abgehalfterter Countrysänger: Der Schauspieler Jeff Bridges ist in seinen Rollen nie zu übersehen. Am 4. Dezember wird er siebzig Jahre alt.

Stuttgart - „Ich hasse die verdammten Eagles“, schimpft Jeffrey Lebowski, den alle nur den „Dude“ nennen. Er zieht sich im Auto seine Lieblingsband CCR rein und einen Joint – der ihm glühend in den Schritt fällt, als er versehentlich einen Müllcontainer rammt. „The Big Lebowski“ (1998) heißt die grandiose Zivilisationsfarce der Coen Brothers, in deren Zentrum der Charakterdarsteller Jeff Bridges seinen vielleicht eindrücklichsten Auftritt hatte: als Rebell ohne Ziel, der sich an den Verhältnissen reibt und sich dabei irgendwie durchmogelt.

 

Kantige, unbequeme Typen hat Bridges zu seinem Metier gemacht. Eine Paraderolle gaben ihm die Regisseure Ethan und Joel Coen in ihrem wüsten Western „True Grit“ (2011): Bravourös spielt Bridges darin den versoffenen, bärbeißigen Marshal Rooster Cogburn, der den Ruf hat, zuerst zu ziehen und dann zu fragen – und der nun im Jahr 1872 ein Mädchen auf der Suche nach seinem Vater ins Indianerterritorium von Arkansas eskortieren soll.

Bridges spitzte die Rolle noch ein wenig zu in dem zeitgenössischen Western „Hell or High Water“ (2017), einem feinsinnigen Ausflug ins abbruchreife Westtexas der Abgehängten. Darin brilliert er als Texas Ranger kurz vor dem Ruhestand, ein latent rassistisches Fossil mit einem großartigen Riecher für die Profile und Strategien von Missetätern, das seine Pappenheimer kennt.

Einen Oscar für „Crazy Heart“

Beide Rollen brachten ihm je eine von insgesamt sieben Oscar-Nominierungen ein. Bekommen hat er den Preis für seine Hauptrolle als abgehalfterter Countrysänger in „Crazy Heart“, der gerade noch einmal die Kurve kriegt.

Die Schauspielerei wurde Jeff Bridges in die Wiege gelegt: Er kam am 4. Dezember 1949 in Los Angeles zur Welt als Sohn des Schauspielers Lloyd Bridges und als kleiner Bruder von Beau Bridges, der ebenfalls zum Film ging. In „Die fabelhaften Baker Boys“ (1989) spielen die beiden zwei Brüder, zwischen die eine attraktive Barsängerin (Michelle Pfeiffer) gerät.

Wenn Jeff Bridges auftritt, ist er nie zu übersehen oder zu überhören, auch wenn er einmal stillere Figuren spielt. Er fiel schon als unglücklicher junger Mann in Peter Bogdanovichs Coming-of-Age-Drama „Die letzte Vorstellung“ (1971) auf. In Michael Ciminos Actionkomödie „Thunderbolt and Lightfoot“ (1974) spielte er einen kleinen Gauner und Herumtreiber, und es gelang ihm, neben dem älteren Clint Eastwood zu bestehen. In John Carpenters Zukunftsromanze „Starman“ (1984) gab sich Bridges einfühlsam als ein humanoides Alien, das der irdischen Einladung an Bord der Sonde „Voyager 2“ folgt.

Verschollen im Code

Im Science-Fiction-Thriller „Tron“ (1982), einer damals spektakulären Visualisierung der Szenerie im Innern eines Videospiels, verkörperte Bridges den bestohlenen Programmierer Flynn, einen bärbeißigen Kerl – der, verjüngt im Computer, in einer späten Fortsetzung (2010) im Code verschollen ist.

Nun wird Jeff Bridges siebzig Jahre alt. Vielleicht lässt er sich zum Geburtstag einen Bart stehen, fährt im Auto durch L. A. und zieht sich CCR rein. Oder er schlüpft in ein Marshal-Kostüm, legt die Colts an, setzt den Hut auf und reitet hinaus in die kalifornische Wüste. Niemand würde sich wundern.