Mit Heinrich Fiechtner, Bernd Klingler und Ralph Schertlen müssen gleich drei Stadträte gehen, die immer wieder in den Schlagzeilen waren. Doch neue Stadträte stehen parat.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Der Stuttgarter Gemeinderat ist ein politisches Gremium und in erster Linie nicht zur Unterhaltung da. Da geht es um folgenreiche Entscheidungen, das Ringen um die Identität der Stadt und nicht zuletzt um viel Steuergeld. Trotzdem ist es wichtig, dass kommunalpolitische Themen auch in der Öffentlichkeit ankommen und da spielen das Charisma und der Unterhaltungswert der Mandatsträger eine große Rolle. Laut der ersten Stimmenauszählung verlässt gleich eine ganze Riege an Charakterköpfen das Gremium – es rücken aber auch welche nach.

 

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Von denen, die gehen müssen, sind Heinrich Fiechtner und Bernd Klingler vom Bündnis Zukunft Stuttgart 23 (BZS 23) und Ralph Schertlen von SchuUB hervorzuheben, die am häufigsten für Schlagzeilen gesorgt haben.

Bernd Klingler, der Parteiwechsler

Bernd Klingler vom BZS 23 muss gehen. Erst saß er für die FDP im Gemeinderat, dann für die AfD und schließlich für das neugegründete Bündnis um Fiechtner. Klingler schaffte es in der jüngeren Vergangenheit allem wegen der Veruntreuung von FDP-Fraktionsgeldern in die Schlagzeilen, es ging um 23 500 Euro. Es folgte die Trennung von der FDP-Fraktion, die Fahnenflucht zur AfD, das Zerwürfnis mit der AfD, das Überlaufen zu BZS 23.

Vor allem im Sportausschuss hat er während seiner Zeit bei der FDP viel bewegt. Klingler war in verschiedenen Vereinen aktiv, um deren Förderung bemüht und gab vor allem in seinem Heimatort Weilimdorf immer ein umtriebiges Bild ab, was von der Veruntreuung vielleicht auch zu unrecht etwas überstrahlt wird.

Ralph Schertlen, der Flexible

Ein noch schlechteres Wahlergebnis hat der Einzelstadtrat Ralph Schertlen mit 0,2 Prozent der Stimmen und seiner Bewegung SchUB eingefahren – er hat es nicht geschafft.

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Schertlen ist ein ziemlich eigenwilliger Querdenker, vielleicht zu quer für die Stadtisten, von denen er sich getrennt hatte. Seine Auftritte bleiben in Erinnerung: Der extravagante Kleidungsstil, seine Liebe zu Zukunftstechnologien und die äußerste Flexibilität zwischen öko-sozialen und liberal-konservativen Positionen – bei knappen Entscheidungen war Schertlen sozusagen der Chaos-Faktor und galt als ziemlich unberechenbar.

Heinrich Fiechtner, der Aufbrausende

Heinrich Fiechtners Außenwirkung dürfte der am heftigsten umstrittene sein. Zweifellos ist der Mann skandalumwittert. Im Stuttgarter Gemeinderat vergleicht er Aussagen aus dem Koran mit Hitlers „Mein Kampf“, nannte OB Fritz Kuhn (Grüne) einen „miesen faschistoid-populistischen Scharfmacher“, handelte sich einen Platzverweis bei einer Demo gegen steigende Mieten ein und weigerte sich erst vergangene Woche, im Gesundheitsausschuss den Saal zu verlassen, nachdem er gegen die Frau des grünen Sozialbürgermeisters Werner Wölfle gepöbelt hatte.

Durch seine provozierende Art machte er sich bei vielen anderen Stadträten unbeliebt. Fiechtner verabschiedete sich nach der Auszählung, die das BZS 23 bei 0,3 Prozent sieht, auf Facebook.

Ganz aus der Politik verabschiedet sich Fiechtner damit aber nicht. Noch immer sitzt er, damals für die AfD gewählt, im Landtag – allerdings hat er sich auch dort mit seiner Fraktion derart verkracht, dass sie ihn aus zwei Ausschüssen abgezogen und ihm außerdem das Rederecht entzogen hatte.

Die Neuen

Im neuen Gemeinderat wird es aber auch zukünftig schillernde Figuren geben. Womöglich sind es vor allem die vielen jungen Kandidaten, die bei dieser Kommunalwahl auf den vorderen Listenplätzen standen und bereits angekündigt hatten, die Kommunalpolitik in vielen Punkten umkrempeln zu wollen.

Maximilian Mörseburg, der Cannabis-Befürworter

Maximilian Mörseburg ist Vorsitzender der Jungen Union Stuttgart, unter 30 und jetzt im Gemeinderat. Er lässt sich von seiner Partei wenig sagen, ist gegen den CDU-Mainstream Befürworter der Legalisierung von Cannabis und hat nach der Wahlschlappe bei der Kommunalwahl nach grundsätzlichen Veränderungen verlangt. „Das werde ich einfordern“, sagte Mörseburg selbstbewusst.

Marcel Roth, der Clubber

Marcel Roth (26), ein Grüner, ähnliches Semester und sicher drin, sieht nicht nur so aus als würde er direkt aus einem Berliner Techno-Club kommen. Er feiert wirklich Nächte durch und geht damit auch ganz offensiv um. Keine Frage, dass er sich als Anwalt des Stuttgarter Nachtlebens versteht. Mit ihm dürfte der Stuttgarter Gemeinderat künftig deutlich großstädtischer daherkommen.

Jasmin Meergans, die junge Frau

Mit Jasmin Meergans (23) zieht für die SPD die jüngste Kandidatin in das Gremium ein. Sie gab sich bereits im Wahlkampf besonders angriffslustig und verteidigte bis zuletzt die Plakatkampagne gegen den grünen OB Kuhn. Zusammen mit ihrer Parteikollegin Anna-Lucia Schanbacher, die es auch erstmals in den Rat geschafft hat, hatte sie angekündigt, mehr Frauen-Power in die Kommunalpolitik bringen zu wollen.

Auch diese Parteien und Gruppierungen sind dabei

Dann gibt es noch Joannis Sakkaros von der Liste Kein Fahrverbot in Stuttgart, der sich in den vergangenen Monaten in Stuttgart mit seinen Pro-Diesel-Demos einen Namen gemacht hat. Auch auf Die Partei, die Tierschutzpartei, die Junge Liste und die Piraten darf man im Stuttgarter Gemeinderat gespannt sein.

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