Amtsgericht Bad Cannstatt: Mieter müssen nicht mit den Folgen von Fehlplanungen leben.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Immer wieder müssen sich Mieter beschweren bei ihren Vermietern, bis diese Mängel oder Schäden an ihrem Eigentum beseitigen. Und wird dann was unternommen, bleibt es häufig Stückwerk, mit den Konsequenzen daraus muss der Mieter leben. Ein Urteil vom Amtsgericht Bad Cannstatt hat da die Position des Mieters gestärkt.

 

Im hier verhandelten Fall wurden in einem Dreifamilienhaus aus dem Jahre 1960 die alten Fenster durch moderne Isolierglasfenster ersetzt. Schon bald waren vor allem im Bad erste Schimmelspuren zu sehen. Mit Hilfe des Mietervereins wurde der Vermieter im Januar 2017 aufgefordert, diesen Mangel unverzüglich zu beseitigen.

Keine fristlose Kündigung

Dieser drohte dagegen mit der fristlosen Kündigung. Die Begründung: Die Mieter hätten nicht ausreichend geheizt und gelüftet. Die Mieter sollten innerhalb von sechs Wochen „die selbst verschuldete Schimmelproblematik beseitigen“. Eine Architektin des Mietervereins stellte dagegen bauliche Ursachen für die Schimmelbildung fest. Deshalb konnten die Mieter nur die oberflächlich sichtbaren Schimmelsporen abwischen, aber nicht beseitigen. Deshalb erfolgte im Juli 2017 die fristlose Kündigung. Diese Drohung ist nun nach dem Urteil vom Tisch, der Vermieter trägt die Kosten dieses Verfahrens. Der vom Gericht bestellte Gutachter hat sich der Auffassung des Mieteranwalts angeschlossen: Die Ursache des Schimmels liegt nicht in einem Fehlverhalten der dort lebenden Mieter. Die Ursache ist hier ausschließlich baubedingt. „Weil der Wärmeschutz von neuen Isolierglasfenstern deutlich besser sei als der Wärmeschutz der alten Außenwand, schlägt sich die Luftfeuchtigkeit in den Räumen an den Problemzonen der Außenwand nieder“, so der Gutachter: „Zudem ist wegen der luftundurchlässigen Fensterfungen der Luftaustausch erheblich geringer.“

Warnung vor Fehlplanung

Die Konsequenz: „ Deshalb ist der alleinige Einbau von Isolierglasfenstern, ohne auch den Wärmeschutz der Außenwände zu verbessern, als Schimmelpilzrisiko zu werten. Diese technische Fehlplanung ist dem Wohnungsmieter nicht anzulasten“. Das Gericht hat sich dieser Argumentation angeschlossen, „die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung sind nicht gegeben“.

Rolf Gaßmann, Chef des Mietervereins, nimmt dieses Urteil zum Anlass, die Vermieter vor technischer Fehlplanung beim alleinigen Fenstertausch zu warnen. Gaßmann: „Die Vermieter können von ihren Mietern nicht mehr ein in der Praxis of undurchführbares Lüftungsverhalten verlangen.“