In diesem Beitrag erörtern wir das Phänomen der Schlafparalyse, klären über die Hintergründe auf und geben Tipps für Betroffene.

Digital Desk: Lukas Böhl (lbö)

Inhaltsverzeichnis:
 


Wenn Sie das erste Mal eine Schlafparalyse erleben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie gar nicht wissen, was Ihnen widerfährt. Der Körper ist gelähmt, Sie fühlen sich, als könnten Sie nicht atmen, geschweige denn um Hilfe rufen. Was sich wie ein Albtraum anfühlt, ist pure Realität. Sie sind bei vollem Bewusstsein in Ihrem Schlafzimmer und erleben eine Starre, die sich auf den ganzen Körper ausdehnt. Allein Ihre Augen folgen noch Ihren Befehlen.

 

Doch damit nicht genug, Sie spüren eine Präsenz im Raum, etwas Böses, das sie beobachtet. Dann sehen Sie es und es sieht Sie, kommt näher, auf Ihr Bett zu. Eine schwarze Gestalt ohne erkennbare Züge, die sich langsam über Sie beugt. Der Körper gerät in Panik, Adrenalin schießt ins Blut. Mit aller Kraft versuchen Sie, Ihre Gliedmaßen wieder unter Kontrolle zu bringen.

Dann, ganz unvermittelt, ist es vorbei. Sie sind wieder in der Lage sich zu bewegen. Doch das ungute Gefühl hält an, Sie sind sicher, dass das mehr als nur ein gewöhnlicher Traum war. Die gefühlte Bewegungsunfähigkeit, die Erscheinung - das alles haben Sie so bewusst erlebt, dass es sich unmöglich um ein Traumgebilde gehandelt haben konnte.


Was passiert bei einer Schlafparalyse?

Die Wissenschaft ist sich derzeit noch nicht einig, wie genau und warum es zu der Schlaflähmung kommt. Eine weithin verbreitete Theorie geht jedoch davon aus, dass es sich bei dem Phänomen um eine Fortsetzung der in der REM-Phase auftretenden Muskellähmung handelt. REM steht für Rapid Eye Movement, zu Deutsch „schnelle Augenbewegungen“, und bezeichnet eine etwa zweistündige Phase im Schlaf, die von eben diesen Augenbewegungen geprägt ist. Auslöser sind die in der REM-Phase auftretenden Träume. Es wird angenommen, dass der Körper während dieser Traumphasen in eine Starre verfällt, um geträumte Bewegungen nicht tatsächlich auszuführen und sich versehentlich zu verletzen. Während der Schlafparalyse hält dieser Zustand an, wobei das Bewusstsein fälschlicherweise wieder zurückkehrt. Daher tritt die Schlaflähmung auch immer unmittelbar vor dem Einschlafen oder Aufwachen auf. Das Erleben der halluzinogenen Erscheinungen rührt wahrscheinlich ebenfalls von der Traumphase, grenzt sich aber durch den Wachzustand von gewöhnlichen Träumen ab.

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Wie wahrscheinlich ist eine Schlaflähmung?

Es ist schwierig für die Wissenschaft, eine Prognose über die Häufigkeit von Schlafparalysen in der Gesamtbevölkerung zu geben. Das liegt unter anderem daran, dass bei Befragungen nicht klar ersichtlich ist, wer wirklich einen Wachanfall erlebt und wer schlicht geträumt hat. Dennoch gab es bereits etliche Studien zu dem Phänomen. Eine systematische Übersichtsarbeit zweier Professoren aus den USA, die 35 Studien aus aller Welt zu den lebenslangen Schlaflähmungsraten als Grundlage genommen hat, kam zu dem Ergebnis, dass etwa 7,6 % der Gesamtbevölkerung mindestens eine Schlafparalyse in ihrem Leben erlebt haben. Allerdings war die Rate unter den Studenten mit 28,3 % bedeutend höher. Bei psychiatrischen Patienten waren es sogar 31,9 %.

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Welche Arten der Schlafparalyse gibt es?

Isolated Sleep Paralysis Episode:

Hierbei handelt es sich um eine einmalige Schlafparalyse, die der Betroffene weder als besonders beängstigend empfindet noch als erwähnenswert. Im Zuge des Alltags wird sie schnell vergessen.

Fearful Isolated Sleep Paralysis Episode:

Diese Art der Schlaflähmung ist identisch mit der obigen, jedoch schwingt hier Furcht mit. Meistens liegt diese in den Halluzinationen begründet, aber auch die Angst vor einer anhaltenden Lähmung oder dem Verrücktwerden können vorherrschen.

Reccurent Isolated Sleep Paralaysis Episode:

Hier spielt der Wiederholungsaspekt eine Rolle, da die Schlafparalyse nicht einzeln auftritt und sich im Laufe einer gewissen Zeitspanne (etwa sechs Monate) häuft.

Recurrent Fearful Isolated Sleep Paralysis Episode:

Wie bei der einmalig auftretenden Schlafparalyse, gibt es auch bei wiederholten Episoden solche, die von besonders beängstigender Natur sind. Die Wiederholung dieser furchteinflößenden Wachanfälle kann besonders belastend für die Betroffenen sein, da das Zubettgehen regelrecht mit Angst verbunden ist.

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Halluzinationen

Als wäre die Lähmung des Körpers nicht erschreckend genug, kommt es in vielen Fällen der Schlafparalyse zusätzlich zu Halluzinationen. Während in diesem Zusammenhang oft von schwarzen Gestalten die Rede ist, gibt es eine ganze Bandbreite an verschiedenen Wahrnehmungen, die sich wie folgt gestalten:

Geräusche: Brummen, Summen, Rauschen oder gar Stimmen, mal verständlich, mal nicht. Aber auch Schreie, Schritte oder Scharren.

Präsenzen: Es wird eine Präsenz wahrgenommen, die nicht physisch anwesend ist, fast so, als würde man beobachtet werden. Diese Präsenz wird meist als bösartig empfunden.

Empfindungen: Manche Betroffene berichten von Hitze- oder Kältewahrnehmungen, aber auch von Druck oder Gewicht auf dem Körper, meist dem Brustkorb, wodurch ein Gefühl des Erstickens entsteht.

Außerkörperliche Erfahrungen: Ob ein Gefühl des Schwebens oder die komplette Loslösung vom Körper, auch außerkörperliche Erfahrungen gehören zu den Halluzinationen, die in Verbindung mit einer Schlafparalyse auftreten können.

Dämonen oder Geister: Warum sehen so viele Menschen schwarze Gestalten?

Die schwarzen Gestalten gehören wohl zu den bekanntesten Erscheinungen im Zusammenhang mit Schlaflähmungen. In früheren Zeiten wurden sie als Dämonen oder Geister verstanden, die uns in unseren Träumen heimsuchen. Diese Wesen sind meist menschenartig, weisen jedoch keine spezifischen Züge wie Augen oder Hände auf. Oftmals treten sie auch in Gestalt von Tieren oder reinen Schatten auf. In seltenen Fällen wurde überdies von Außerirdischen berichtet. Es kann durchaus passieren, dass diese Wesenheiten in Kontakt mit dem Gelähmten treten, meist in böswilliger Absicht, darunter auch sexuelle Handlungen, wenn es sich bei der Gestalt um einen Succubus bzw. Incubus handelt.

Angst vor dem Zubettgehen

Die Erfahrung einer Schlafparalyse ist ein erschreckendes Erlebnis, das für viele Betroffene kaum in Worte zu fassen ist. Die erlebte Angst, oftmals gepaart mit dem Gefühl zu ersticken oder realer Todesfurcht, kann sich bis weit über den Tag des Geschehens hinausziehen. Besonders empfindliche Personen fürchten sich womöglich vor dem Zubettgehen, weil sie ihr Schlafzimmer mit der negativen Erfahrung verbinden. Auch die Angst vor permanenter Lähmung oder einer psychischen Erkrankung kann die Folge eines solchen Erlebnisses sein.

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Ist eine Schlafparalyse gefährlich?

Nein, aus schlafmedizinischer Sicht ist die Schlafparalyse ungefährlich. Auch die oftmals verspürte Atemnot ist nicht real, da die Atmung bei einem Wachanfall automatisch vom Körper gesteuert wird. Das Gefühl zu ersticken rührt von der Bewegungsunfähigkeit, die Atmung wird dabei nicht aktiv gespürt. Zu gesundheitlichen Folgen kann es aber kommen, sobald die Schlafparalysen oder die Angst davor die Schlafqualität beeinträchtigen. In diesem Fall sollte über eine ärztliche Untersuchung nachgedacht werden.

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Wann sollte man zum Arzt?

Für viele Betroffene ist die Schlafstarre ein einmaliges Ereignis, welches sie gleich einem unangenehmen Traum als Fantasiegebilde abtun und relativ schnell wieder vergessen. Da die Schlaflähmung in der Folge nicht erneut auftritt, gerät sie schon bald aus dem Fokus. Anders sieht es bei Menschen aus, die regelmäßig unter solchen Schlafparalysen leiden, ob nun mit Halluzinationen oder ohne. Erfüllen Sie die folgenden Kriterien, sollten Sie über eine schlafmedizinische Untersuchung nachdenken:

  • Sie fürchten sich regelrecht vor dem Zubettgehen
  • Sie glauben, die Schlafparalyse liegt in einer psychischen Erkrankung begründet.
  • Sie schlafen nicht mehr durch und sind dadurch im Alltag eingeschränkt.
  • Sie haben bereits eine andersgeartete Schlafstörung, die in Verbindung mit der Schlafparalyse stehen könnte. Gerade bei der Narkolepsie kommt es in vielen Fällen zusätzlich zu Schlafparalysen.

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Ursachen für die Schlafparalyse

Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es noch keine allgemeingültige Theorie über die Ursachen der Schlafparalyse. Es gibt jedoch Hypothesen, die die folgenden Auslöser als Ursache für die Schlafparalyse sehen:

  • Schlafmangel
  • Nicht erholsamer Schlaf, zum Beispiel wegen Lärmbelästigung
  • Unregelmäßige Schlafenszeiten und –gewohnheiten
  • Psychischer Stress oder Stress im Allgemeinen
  • Medikamente
  • Drogenmissbrauch
  • Angststörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen usw.
  • Altersbedingte Prädisposition, zum Beispiel bei jungen Leuten.

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Wie lange dauert eine Schlafparalyse?

Auch diese Frage stellt die Wissenschaft vor eine große Herausforderung. Denn wie genau sind die Angaben von Individuen, die zur Länge ihrer Schlafparalyse befragt werden? Wer nicht das Glück hat, eine Uhr direkt im Blickfeld zu haben, wird sich schwertun, die Zeit richtig einzuschätzen. Zumal der Kampf gegen die Lähmung oder die begleitenden Halluzinationen das Zeitempfinden zusätzlich verzerren kann. Es gibt Schätzungen, die von sechs bis sieben Minuten als durchschnittliche Dauer für eine Schlafparalyse ausgehen. Andere Schätzungen bewegen sich im Sekundenbereich. In extremen Einzelfällen wird sogar von mehreren Stunden ausgegangen.

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Wie lässt sich eine Schlafparalyse verhindern?

Das Problem bei der Schlaflähmung ist, dass sie ganz zufällig auftritt. Eine Strategie zu Vermeidung gibt es daher nicht. Natürlich können Sie versuchen, die oben genannten Ursachen auszumerzen, doch selbst dann besteht keine hundertprozentige Garantie, vor der Schlafstarre gefeit zu sein. Grundsätzlich kann es aber helfen, die Schlafstarre als solches als medizinische Gegebenheit zu akzeptieren. So real die Halluzinationen auch erscheinen mögen, es handelt sich weder um Geister noch Dämonen. Solche unhaltbaren Theorien sollten Sie tunlichst meiden. Halten Sie sich auch von Foren und esoterischen Webseiten fern. Manche dieser selbsternannten Gurus behaupten, die Schlafparalyse willentlich einleiten zu können und bieten womöglich sogar Anleitungen zum Nachmachen, die mitunter gefährlich für die eigene Psyche sind.

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Wie geht man mit anhaltenden Schlafparalysen um?

Vielen Betroffenen hilft es, sich mit den medizinischen Hintergründen einer Schlafstarre vertraut zu machen. Ein grundlegendes Verständnis des Phänomens hilft, beim nächsten Mal nicht davon überrumpelt zu werden. Während der Schlafparalyse sollten Sie sich selbst gut zureden und sich überzeugen, dass es bald vorbei ist. Sollte es zu Halluzinationen kommen, halten Sie sich an die wissenschaftlichen Fakten: Sie erleben einen Wachanfall, was Sie sehen ist nicht real und für Sie besteht keinerlei Gefahr. Manche Betroffene schaffen es, durch pure Willenskraft einen Finger oder Zeh zu bewegen, um die Schlaflähmung zu durchbrechen. Übrigens beenden Reize von außen die Bewegungsunfähigkeit sofort. Wenn Ihr Partner im Bett liegt, können Sie versuchen, ihn durch lautes Atmen oder Knurren zu wecken. Sprechen Sie sich am besten darüber ab, welche Signale auf eine Schlafparalyse hindeuten. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) empfiehlt weiterhin folgende Maßnahmen:

  • Verbessern Sie die Schlafqualität und –dauer.
  • Falls Sie unter Stress leiden, sollten Sie aktiv nach Methoden zur Bewältigung suchen.
  • Verwenden Sie ein schwaches Nachtlicht am Bett. (Beruhigende Nachtlichter online kaufen - ANZEIGE)
  • Vermeiden Sie die Rückenlage, da sie Schlafparalysen begünstigt.
  • Verzichten Sie auf Alkohol und andere Drogen, um zu sehen, ob diese Auslöser für die gehäuften Schlafparalysen sein können.
  • Informieren Sie sich bei Ihrem Arzt über die Möglichkeiten einer medikamentösen Behandlung, wenn die Schlafparalysen besonders belastend sind.

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