Die wenigsten Helikopter und Kampfjets der Luftwaffe sind völlig intakt. Die technischen Probleme werfen die Frage auf, wie schlagfähig die Bundeswehr im Ernstfall überhaupt wäre.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Jens Flosdorff, der Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), kommuniziert an diesem Montag auf verlorenem Posten. „Weder bestätigen noch dementieren“ will er den Bericht des Magazins „Der Spiegel“, wonach die große Überzahl von verschiedenen Hubschrauber-Typen und Flugzeugen der Luftwaffe nicht einsatzfähig seien. Damit ist klar, dass mehr als nur ein Körnchen Wahrheit in dem erschreckenden Befund steckt, wonach nur acht Kampfjets vom Typ Eurofighter, ein Dutzend Transporthubschrauber und 21 Transall-Transportflugzeuge aus dem Bestand der Bundeswehr derzeit voll einsatzbereit sind.

 

Auch aus der Koalition kommt kein Dementi

Da hilft es von der Leyens Pressemann auch nicht weiter, dass er aus Sicherheitsgründen „nichts über einzelne Waffensysteme“ sagen will und betont, dass die Ausrüstung der Bundeswehr für den „Normalfall“ ausreichend sei. Hätte er die Sache dementieren können, hätte er dementiert. Den Verdacht, dass der weit überwiegende Teil der fliegenden Großgeräte ihrer Armee wegen technischer Mängel nicht einsatzbereit ist, lässt eine Regierung nicht ohne Not auf sich sitzen.

Kein Wunder also, dass von Verteidigungsexperten aus der schwarz-roten Koalition keine Dementis zu hören sind. Sie warten zwar noch auf den Bericht über die gesamten Großgeräte der Bundeswehr, der demnächst vorgelegt werden soll; mancher ärgert sich, dass das Kapitel über die Luftwaffe anscheinend vorab durchgestochen wurde. „Ins Reich der überschießenden Fantasie“ werden die jetzt bekannt gewordenen Details aber nicht verwiesen.

Nicht einmal jeder zehnte Eurofighter ist voll einsatzfähig

Demnach wären von 109 Eurofightern der Luftwaffe lediglich acht voll einsatzfähig – das sind gerade einmal sieben Prozent. Von 67 Transporthubschraubern der Marke CH 53 wären nur sieben, von 33 Helikoptern vom Typ NH90 nur fünf ohne Einschränkung funktionstüchtig.

Gemessen an diesen Verhältnissen steht der Lastesel der Luftwaffe – die Transall, die 1968 bereits in Dienst gestellt wurde – noch relativ gut da. Sie sollte zwar schon vor drei bis vier Jahren komplett ausgemustert und durch das neue Transportflugzeug A 400 M ersetzt werden. Weil die Auslieferung der neuen Maschinen sich aber verzögert, muss die „Trall“ länger durchhalten. Wie robust die Maschine ist, zeigt sich im Vergleich mit den neueren Systemen: Von insgesamt 56 Exemplaren wird 21 Transalls die volle Einsatzfähigkeit attestiert – das ist immerhin ein starkes Drittel. Bei den Eurofightern erreichen dieses Testat nur sieben Prozent; von den Transporthubschraubern sind es beim NH90 rund 15 Prozent und bei der CH 53 zehn Prozent.

Wie marode der Zustand der fliegenden Flotte insgesamt ist, lässt sich an diesen Zahlen noch nicht genau ablesen. Denn erstens ist es eingeführte Instandhaltungspraxis in vielen Armeen, dass Waffensysteme mit Defekten zeitweise ausgeschlachtet werden, um andere Exemplare funktionsfähig zu halten. Zweitens dürfen Flugzeuge und Hubschrauber, die nicht „voll einsatzbereit“ sind, nicht automatisch als total fluguntauglich eingestuft werden.

Aber dass offenbar nur ein so geringer Anteil der genannten Systeme top in Schuss sind, ist gleichwohl ein Alarmzeichen. Vier Eurofighter werden im Rahmen der Nato-Verpflichtungen noch in dieser Woche ins Baltikum verlegt, um die Luftraumüberwachung über Litauen, Lettland und Estland zu gewährleisten. Damit ist schon mehr als die Hälfte der tadellos einsatzfähigen Maschinen verplant. Viel Sicherheitsvorsorge für unvorhergesehene Situationen steckt darüber hinaus nicht mehr im System Bundeswehr.

Noch liegt der Gesamtbericht über den Zustand der Großgeräte nicht vor. Stehen die anderen Waffensysteme nicht deutlich besser da, stellt sich die Frage nach der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr noch viel grundlegender als bisher angenommen.