Die Schonerts aus dem Stuttgarter Westen haben sich auf das Öffnen von Tresoren spezialisiert. Ihre Kunden sind Banken, Firmen, Privatleute. Und manchmal braucht auch die Polizei ihre Hilfe.

S-West - Zwei Jahre hat Freimut Schonert für seinen ersten Coup gebraucht. Jeden Tag hat er nach der Schule daran gearbeitet, mit abgezwickten Drähten und Gerätschaften des Vaters. Irgendwann war der Wandtresor offen, den er als Zehnjähriger einem Schrotthändler abgeschwatzt hatte. Ein uraltes Ding mit Brandschaden. „Das war ein Galama. Er wollte 20 Mark dafür. Der war zu, aber den wollte ich haben“, erinnert sich Freimut Schonert. Nach zwei Jahren der Rumwurstelei war eine Briefmarkensammlung freigelegt. Und rückblickend war das der Start einer waschechten Panzerknacker-Karriere. Seit 45 Jahren betreibt Freimut Schonert am Hölderlinplatz seine Fachfirma für Sicherheitstechnik mit mehreren Standbeinen: Einbruchschutz, Schließsysteme, Schlüsseldienst und eben dem Aufbohren von Tresoren.

 

Gründe, warum gewaltsam geöffnet werden muss, was eigentlich verschlossen gehört, gibt es viele. Schlüssel gehen verloren oder brechen ab, Mechanik, Elektronik oder Batterien können versagen, nicht selten erben Nachkommen einen Safe, aber nicht die Geheimkombination. „Der Klassiker ist, dass jemand den Tresor schließt, und der Schlüssel liegt drinnen“, sagt Helmut Schonert (34), der die Firma mit seinem 70-jährigen Vater betreibt. Der andere Sohn, Ingo, ist auch in der Branche und verkauft mittlerweile Tresore übers Internet.

Der Meister hat noch alles aufgekriegt

Die Dienste des Aufbrecher-Duos werden von Firmen in Anspruch genommen, von Behörden, von Apotheken und Krankenhäusern, von Banken, von Sportschützen. Auch die Polizei oder die Zollfahndung ziehen die Profis immer wieder hinzu, wenn es darum geht, aus Gaunerbeständen Geld, Drogen oder Diebesgut zu sichern. Freimut Schonert betont: Aufbekommen habe er noch alles, von der Blechkiste bis zum Hightech-Kassenschrank der höchsten Widerstandsklasse fünf, vom kleinen Bankfach bis zur 8,5-Tonnen-Panzertür. In besonders kniffligen Fällen könne das aber auch mal zwei Tage dauern.

Die Schonerts sind in ganz Süddeutschland tätig. Konkurrenz gebe es kaum, das Handwerk sterbe aus, „viele Kollegen sind in Rente oder gestorben“, sagt Freimut Schonert, der stellvertretende Vorsitzende des Fachverbands Metall, Arbeitskreis Sicherheitstechnik. Eine Ausbildung gebe es hierzulande nicht. Freimut Schonert reißt mit zwei Fingern eines seiner Augen auf, sein Sohn, ein Ingenieur, liefert die Erklärung, was die Geste heißen soll: „Mit den Augen lernen.“

Viel sei Gefühl, Erfahrung, erklärt der Seniorchef. Erst prüfe er, ob der Schlüssel intakt sei, dann beäuge er die Mechanik des Schlosses, schließlich mache er sich ans Riegelwerk. „Mit dem Geräuschverstärker höre ich, klappert’s oben, klappert’s unten?“ Erst dann werde gebohrt und mit einem Endoskop ins Innere des Mechanismus gelugt, schließlich werde berechnet, wo weitergebohrt werden müsse. Alle Geheimnisse verraten die Profis freilich nicht, nicht umsonst muss in dem Job ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden.

In offene Tresore wird nicht hineingegafft

Auch ist die Werkstatt, in der die Schonerts mit Flex und Spezialbohrern – einige schleift der Vater selbst zu – am Werk sind, vor den Blicken der Schlüsseldienst-Kunden geschützt. Diskretion ist ihr Geschäft. Klienten bleiben anonym, und in offene Stahlschränke werde nie hineingegafft, betont Helmut Schonert.

Die Arbeit wird den Schonerts so schnell nicht ausgehen. Zwar machten immer mehr Bankfilialen zu, dafür seien die Schließfächer derer, die es noch gibt, teilweise restlos ausgebucht. Zudem rüsteten Privatleute und Firmen auf. Mit steigenden Einbruchzahlen steige auch das Sicherheitsbedürfnis und die Nachfrage nach Geldschränken. In jedem dritten, vierten Haushalt sei heute ein Sicherheitsfach zu finden, schätzt der Senior, selbst sogenannte Panikräume gebe es häufiger, als man denke. Helmut Schonert sagt: „Der Trend geht zum Zweittresor.“