Jahrelang hat der Göppinger Schlossplatz ein Dasein als Parkplatz gefristet. Wenn er im Oktober eröffnet wird, könnte er zum schönsten Platz der Industriestadt werden.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Stadtpolitisch ist der Göppinger Schlossplatz der Ort, an dem der Streit zwischen dem Oberbürgermeister Guido Till und dem Baubürgermeister Olav Brinker im Jahr 2010 erstmals öffentlich geworden ist. Obgleich als Fachdezernent zuständig, war Brinker beim Architektenwettbewerb für die Neugestaltung des Platzes von seinem Chef aus dem Preisgericht gekegelt worden.

 

Jetzt führt Brinkers Nachfolger Helmut Renftle, der als Tiefbauamtschef damals Mitglied im Preisgericht war und wohl auch sonst mehr mit der Platzgestaltung zu tun hatte, über die Baustelle, die sich nach drei Jahren allmählich ihrer Fertigstellung nähert. Am 25. Oktober soll der Schlossplatz mit einem Kultur- und Bürgerfest eingeweiht werden und schon jetzt ist sich nicht nur Renftle sicher, dass es „der schönste Platz von Göppingen“ wird. Eine regelrechte italienische Piazza könnte hier an der Nahtstelle zwischen dem klassizistischen und dem letzten Rest des alten Göppingens entstehen, der beim großen Stadtbrand von 1782 dank eines Westwinds verschont geblieben ist. „Die Stadtkirche sieht ja wirklich ein bisschen italienisch aus“, sagt der Stadtplaner Günter Helmel halblaut. Denn natürlich weiß er, dass solche Klischees in einer deutschen Stadt immer ein wenig anbiedernd wirken.

Je weniger desto besser

Für die Stuttgarter Architektin Jelena Bozic, deren Büro Cheret-Bozic den Wettbewerb gewann, ist es jedenfalls ein sehr schönes Projekt gewesen. „Wir wollten das, was hier rumsteht, zur Geltung bringen“, sagt sie. Das Renaissanceportal des Schlosses mit seinen Löwen und Hirschen sei ein Kleinod. Je weniger Gestaltungselemente desto besser sei daher der Grundsatz ihres Entwurfs gewesen, der unter anderem dadurch besticht, wie er die Höhendifferenzen des Platzes ausgleicht.

Beim Pflaster habe man sich für bunte und unterschiedlich große Steine entschieden, die aber dennoch wegen der abgesägten Oberflächen auch mit Highheels, Ledersohlen oder Rollator gut begehbar seien. In den kommenden Wochen ist die Baufirma damit beschäftigt, den westlichen Teil fertig zu stellen. Dann werden noch vier Kastanienbäume aufgestellt, deren Wurzeln durch einen unterirdischen Stahlrost nach oben gesichert werden. Drei große, aber kranke Kastanien hatten für die Umgestaltung weichen müssen.

Ein Café soll den Platz beleben

1,2 Millionen Euro hat die Stadt für den zweiten der drei Bauabschnitte ausgegeben. Im kommenden Jahr sollen die Arbeiten in der Schlossstraße und der Marstallstraße weiter gehen. Dann wird es Aufgabe sein, den Platz zu beleben. „Das wird nicht einfach, weil er ja lange ein Dasein als Parkplatz fristete“, räumt Renftle ein. „Die einzige Bank hier war das Bankhaus Martin.“

Große Hoffnungen setzt Renftle in ein neues Café, das am 1. Oktober öffnen soll. Der Göppinger Gastronom Mathias Pulvermüller (Club Rouge, Helmle) und sein Team werden die Gäste unter den Kastanienbäumen im autofreien östlichen Teil bewirten. Man habe über das Projekt nicht lange nachdenken müssen, sagt Pulvermüllers Geschäftspartner Remus Catau. „Das ist definitiv der schönste Platz.“ Der Name des Cafés: Bozen. Das liegt natürlich auch in Italien, wenn auch in Südtirol.