Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Doch just zu dieser Zeit kippte die Stimmung, auch Württemberg rutschte in die Vorwehen der Revolution von 1848. Die Geschichte der Jubiläumssäule spiegelt diese Wende wider: Als man just 1848 auf die Idee kam, die Säule mit einer Bronzestatue des Königs zu adeln, kam es zum Streit. Wilhelm I. lehnte das Ansinnen ab, weil er zunehmend enttäuscht von seinem Volk war; und auch unter den Bürgern wuchs der Widerstand gegen das obrigkeitliche Denken.

 

So blieb die Säule lange Zeit unbekrönt, und gerade in diesen Jahren zeigte Wilhelm I. zunehmend sein anderes – manche sagen: sein wahres – Gesicht. In der Tiefe des Herzens sei der König selbstherrlich, schroff und vor allem politisch reaktionär gewesen, schreibt Ernst Marquardt in seiner Geschichte Württembergs. Immer stärker entfernte er sich von Volk und Familie – am Ende war er ein sehr einsamer Mensch.

Römische Göttin der Eintracht

Warum man sich schließlich 1863, ein Jahr vor dem Tod Wilhelms, für die Concordia, die römische Göttin der Eintracht, als Abschluss der Säule entschied, weiß man heute nicht mehr. Vielleicht war es die nahende Idee des vereinten Deutschen Reiches, die dahinter steckte; vielleicht war es aber auch die Sehnsucht der Württemberger, die alte Nähe zu ihrem König wiederherzustellen. Der Hofbildhauer Ludwig von Hofer hat die fünf Meter hohe und hundert Zentner schwere geflügelte Göttin aus Erz erschaffen; Johann Michael Knapp, der es vom Bäckerssohn zum Hofbaumeister brachte, hatte die Säule entworfen.

Insgesamt 35 Meter hoch ist die Jubiläumssäule. Der Concordia kann der Normalsterbliche selten ins Gesicht schauen. Aber beim nächsten Gang über den Schlossplatz könnte man seinen Stechschritt mal verlangsamen und sich den Fuß der Säule genauer ansehen. Auf einem der vier Bronzereliefs ist Wilhelm mit der Landesverfassung abgebildet; die anderen drei zeigen, „wien’r anno 1814 en Frankreich helfe de Napoleon verschlage hat“, wie es der Stuttgarter Historiker und Mundartautor Gerhard Raff ausdrückt. Die vier Figuren am Sockel zeigen Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe, Landwirtschaft sowie das Militär.

Man fragt sich ja immer, wie echt solche Aufzüge sind: Steckt wahre Liebe dahinter oder war alles nur in DDR-Manier inszeniert? Damals, so darf man annehmen, war Wilhelm I. tatsächlich noch beliebt, weil er nach dem „Jahr ohne Sommer“ 1816 und den darauf folgenden Hungersnöten Reformen eingeleitet und die Landwirtschaft mit neuen Techniken verbessert hat. Gleichzeitig führte er das Land aus dem Agrarzeitalter in die Industrialisierung. Und vor allem hatten er und die Landstände sich im Jahr 1819 auf eine neue Verfassung geeinigt, die die Bürger als sehr liberal begriffen.

Als die Holzsäule im Jahr 1846 dann durch eine Säule aus Granit ersetzt wurde, schien die bürgerlich-feudale Gesellschaft noch in Ordnung im Land. Jedes der zehn Granitstücke, die in einem Schwarzwälder Steinbruch gehauen worden waren, wog übrigens 300 Zentner – es war logistisch ein Meisterwerk, diese Last auf Fuhrwerken bis nach Stuttgart zu fahren.

Der König wehrte sich gegen seine Statue auf der Säule

Doch just zu dieser Zeit kippte die Stimmung, auch Württemberg rutschte in die Vorwehen der Revolution von 1848. Die Geschichte der Jubiläumssäule spiegelt diese Wende wider: Als man just 1848 auf die Idee kam, die Säule mit einer Bronzestatue des Königs zu adeln, kam es zum Streit. Wilhelm I. lehnte das Ansinnen ab, weil er zunehmend enttäuscht von seinem Volk war; und auch unter den Bürgern wuchs der Widerstand gegen das obrigkeitliche Denken.

So blieb die Säule lange Zeit unbekrönt, und gerade in diesen Jahren zeigte Wilhelm I. zunehmend sein anderes – manche sagen: sein wahres – Gesicht. In der Tiefe des Herzens sei der König selbstherrlich, schroff und vor allem politisch reaktionär gewesen, schreibt Ernst Marquardt in seiner Geschichte Württembergs. Immer stärker entfernte er sich von Volk und Familie – am Ende war er ein sehr einsamer Mensch.

Römische Göttin der Eintracht

Warum man sich schließlich 1863, ein Jahr vor dem Tod Wilhelms, für die Concordia, die römische Göttin der Eintracht, als Abschluss der Säule entschied, weiß man heute nicht mehr. Vielleicht war es die nahende Idee des vereinten Deutschen Reiches, die dahinter steckte; vielleicht war es aber auch die Sehnsucht der Württemberger, die alte Nähe zu ihrem König wiederherzustellen. Der Hofbildhauer Ludwig von Hofer hat die fünf Meter hohe und hundert Zentner schwere geflügelte Göttin aus Erz erschaffen; Johann Michael Knapp, der es vom Bäckerssohn zum Hofbaumeister brachte, hatte die Säule entworfen.

Insgesamt 35 Meter hoch ist die Jubiläumssäule. Der Concordia kann der Normalsterbliche selten ins Gesicht schauen. Aber beim nächsten Gang über den Schlossplatz könnte man seinen Stechschritt mal verlangsamen und sich den Fuß der Säule genauer ansehen. Auf einem der vier Bronzereliefs ist Wilhelm mit der Landesverfassung abgebildet; die anderen drei zeigen, „wien’r anno 1814 en Frankreich helfe de Napoleon verschlage hat“, wie es der Stuttgarter Historiker und Mundartautor Gerhard Raff ausdrückt. Die vier Figuren am Sockel zeigen Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe, Landwirtschaft sowie das Militär.

Apropos Militär: der Stechschritt passt eigentlich zum Schlossplatz, denn bis weit nach 1800 war er schlicht ein Exerzierplatz. Staubig bei Sonne, morastig bei Regen – und ohne jede Bepflanzung. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts wurde der zentrale Platz so umgestaltet, wie wir ihn heute kennen. Und die Jubiläumssäule wurde so zum Zentrum der Stadt.