Die Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim will helfen, Obstbrände zu verbessern. Sensoren zeichnen dafür beim Schnapsbrennen Daten digital auf. Ein Besuch.

Hohenheim - Kann der Einsatz von Digitaltechnik Obstbrände nachhaltig verbessern? Daniel Einfalt, der Leiter der Forschung- und Lehrbrennerei der Universität Hohenheim, ist fest davon überzeugt. Schließlich basiert die Qualität vieler Spirituosen von Kleinbrennern vor allem auf der Erfahrung und dem Geschick von Brennern und weniger auf datenbasiertem Know-how darüber, was genau im Innern der Destillationsanlage passiert und wie man durch eine Feinjustierung an der einen oder anderen Stelle die Qualität möglicherweise steigern kann. Die Destillationsanlagen von Kleinbrennern seien eine Blackbox, sagt Einfalt. Wolle man von zehn Brennern erfahren, wie man den Brennvorgang idealerweise steuere, „gibt es zehn Meinungen dazu“, sagt Einfalt. Bislang aber habe sich niemand die Mühe gemacht, die Abläufe in einer Destillationsanlage genau zu erforschen.

 

Mit dem Projekt „Brennerei 4.0“ will die Universität Hohenheim nun genaue Einblicke in diese Blackbox Destillationsanlage erhalten. Die auf Destillations- und Brautechnik spezialisierte Eislinger Firma Carl hat dafür eine Anlage der Uni grundlegend modernisiert und mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet. Diese messen während des Brennvorgangs unter anderem an verschiedenen Stellen die Temperaturen, den Druck, die Volumenströme oder die Schaumbildung während des Destillierens der Fruchtmaische. Die digitalen Daten werden dann an einen Computer oder alternativ an mobile Endgeräte übertragen und dort gespeichert.

Kontinuierliche Verbesserung angestrebt

Die Auswertung der Daten – in Verbindung mit der weiterhin wichtigen sensorischen Prüfung des Endprodukts – soll dazu führen, die Herstellung von Obstbränden kontinuierlich zu verbessern. „Wenn man weiß, mit welchen Einstellungen die beste Spirituose hergestellt wurde, lässt sich das dann so wiederholen“, erklärt Alexander Plank, der Geschäftsführer der Firma Carl.

Von den Ergebnissen des Forschungsprojekts sollen vor allem die knapp 14 900 Klein- und Obstbrenner in Deutschland profitieren. Denn seit der Abschaffung des Branntweinmonopolgesetzes im Jahr 2018 sei es für viele Klein- und Obstbrenner schwieriger geworden, den in ihren Anlagen hergestellten Alkohol zu verkaufen, sagt Professor Ralf Kölling-Paternoga, der Leiter des Fachgebiets Hefegenetik und Gärungstechnologie an der Universität Hohenheim. Bis zur Abschaffung des Gesetzes habe der Staat den Alkohol zu festgesetzten Preisen abgenommen – „unabhängig von der Qualität“. Inzwischen aber müsse jeder seine Produkte selbst vermarkten. „Die Qualität wird daher für die Brennereien in Deutschland immer wichtiger“, so Kölling-Paternoga.

Modernisierung hat rund 40 000 Euro gekostet

Die Modernisierung der Destillationsanlage hat rund 40 000 Euro gekostet, wie Einfalt und Kölling-Paternoga verraten. Das Geld für die Modernisierung stammt laut Daniel Einfalt zum einen „aus dem Schaum-Forschungs-Cluster“. Dieses beschäftigt sich damit, wie die Schaumbildung in Destillationsanlagen verringert werden kann. Außerdem hat die Forschungs- und Lehrbrennerei durch den Verkauf der dort erzeugten Spirituosen eigene Gelder generiert. Und auch die Firma Carl hat sich an den Kosten beteiligt.

Erste Anlagen mit Digitaltechnik und Datenübermittlung auf mobile Endgeräte des Eislinger Destillationsanlagenbauers sind bereits im Einsatz. „Die Anlage in Hohenheim ist mit ihren vielen unterschiedlichen Sensoren aber weltweit einzigartig“, sagt Alexander Plank.

Großes Potenzial für Klein- und Obstbrenner

Er sieht wie Kölling-Paternoga und Einfalt in der Qualitätsverbesserung der Spirituosen – vor allem bei den Aromen – großes Potenzial für die Klein- und Obstbrenner. Weil der Einbau der Digitaltechnik für viele Brenner laut Einfalt aber zu teuer wäre, sei es das Ziel des Projektes, am Ende Empfehlungen für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage zu erstellen. Diese könnten von den digitalen Daten abgeleitet werden. Auch würde erforscht, wie die wenig positive Schaumbildung bei der Destillation reduziert werden kann, der man bislang vor allem durch den Einsatz von Silikonölen entgegenwirkt. Und nicht zuletzt sei es durch einen optimierten Einsatz der Anlage möglich, den Energieverbrauch zu senken.