Schlechte Laune? Dann ab ins Ankleidezimmer! Warum dies früher tatsächlich das Motto war – und warum dieses Zimmer auch heute noch die Stimmung heben kann.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Es ist keineswegs eine neumodische Idee, sich ein Ankleidezimmer einzurichten. Das Boudoir, wie das Ankleidezimmer bis heute auch im Deutschen genannt wird, geht auf das französische Verb bouder zurück, zu Deutsch: schmollen.

 

Es bezeichnete ursprünglich einen kleinen, elegant eingerichteten Raum, in den sich die Dame des Hauses zurückziehen konnte (oder sollte) – wenn sie schlechte Laune hatte. Zum Beispiel wegen hormoneller Schwankungen während der Periode, die dazu führten, dass die Frauen sich unwohl fühlten und lieber unter sich blieben. Denn Männern war der Zutritt verwehrt.

Platz für eine Poudreuse

Später bezeichnete das Boudoir das Ankleidezimmer ganz allgemein. Jenes findet sich häufig als Raumbezeichnung zwischen Wohn- und Schlafzimmer auf Grundrissplänen der klassischen Moderne und stellt damit einen festen Begriff in der Architektur dar. Die Ausstattung eines Boudoirs war meist aufwendig. Die Möblierung war je nach Größe unterschiedlich umfangreich. Eine Poudreuse, eine Art Tisch für Kosmetikgegenstände, gehörte in der Regel zur Grundausstattung mit dazu.

Heute liegt das Ankleidezimmer wieder stark im Trend. „Es wird als besonderer Komfort empfunden, dass die Kleidung, aber auch Schuhe oder Handtaschen in einem Ankleidezimmer ansprechend präsentiert werden“, sagt Christine Scharrenbroch, Sprecherin des Verbands der Deutschen Möbelindustrie. Zudem habe man alles im Blick und die Dinge lägen griffbereit.

Dazu kommt laut Scharrenbroch, dass das Schlafzimmer gleichzeitig noch mehr zur Ruheoase wird, indem der Fokus dort ganz auf den Themen Ausruhen und Schlafen liegt.

Das Ankleidezimmer könne man sich exakt auf den persönlichen Bedarf zuschneiden. So gebe es für die Innensysteme vielfältige Optionen, um individuelle Lösungen zu finden. Möglich ist auch eine Kombination aus offenen und geschlossenen Elementen, um staub- und lichtempfindliche Garderobe durch Türen zu schützen.

„Installieren Sie Stangen auf unterschiedlichen Höhen, für lange und kurze Sachen, und nutzen Sie auch die Ecken des Raumes. Wenn Sie noch mehr Stauraum im kleinen Ankleidezimmer schaffen wollen, dann setzen Sie auf ausziehbare Kleiderstangen oder klappbare Kleiderbügel“, raten die Einrichtungsexperten der Münchner Firma Westwing. Neben den üblichen Kleiderstangen gibt es spezielle Stangen zum Aufhängen von Krawatten sowie Kleiderlifte, mit denen sich Kleiderstangen heranziehen lassen. Das Zubehör umfasst zudem unter anderem Schubladen, ausziehbare Schuhregale, Tablare zur Aufbewahrung von Schmuck, Handtaschenhalter und setzkastenartige Fächer für Krawatten.

Wichtig ist darüber hinaus das richtige Licht: Integrierte LEDs sorgen für eine angenehme Atmosphäre und beleuchten den Schrankinhalt. Per Bewegungsmelder oder Lichtschalter werden das Raumlicht und die in den Schränken integrierten LEDs angeschaltet. „Erlauben Sie sich auch, genügend Gemütlichkeit zu erzeugen und nicht nur Stauraum zu schaffen. Deko-Elemente und weiche Textilien sind echte Wohlfühlfaktoren“, so die Westwing-Experten. Und natürlich brauche es „einen großen Spiegel, in dem man sich gut sehen und stylen“ kann.

Bei der Gestaltung lässt sich jeder Stil verwirklichen – egal ob klassisch, elegant, glamourös oder skandinavisch. Bei der farblichen Gestaltung greifen die meisten auf Weiß und helle Holzdekore zurück, aber auch auf den Grauton Taupe. „Gewünscht wird eine helle und freundliche Atmosphäre“, so Scharrenbroch. Im Trend liege aber auch das Thema „Farbe und dunkel“, also etwa Anthrazit.

Wer keinen separaten Raum für ein Ankleidezimmer hat, hat immer noch die Möglichkeit, einen begehbaren Kleiderschrank im Schlafzimmer unterzubringen, indem ein Teil oder eine Ecke des Raums zum Beispiel durch Trockenbau oder auch durch die Schränke selbst optisch abgetrennt wird. Der Übergang zwischen den Begriffen Ankleidezimmer und begehbarer Kleiderschrank ist fließend, denn durch Schiebetüren kann ja gewissermaßen auch ein eigener Raum entstehen.

Die Wiege der Emanzipation der Frauen

Ein begehbarer Kleiderschrank muss laut Scharrenbroch nicht unbedingt groß sein. Ungefähr vier Quadratmeter Grundfläche sollten vorhanden sein, um über ein Ankleide nachdenken zu können. Je nach Materialien und Ausstattung ist die preisliche Spannbreite für ein Ankleidezimmer oder einen begehbaren Kleiderschrank sehr groß.

Diese Boudoirs und die späteren von Frauen geführten literarischen Salons waren im Übrigen die Wiege der Emanzipation der Frau: Im vertrauten Zirkel konnten gesellschaftliche Ereignisse und literarische Neuerscheinungen ungestört diskutiert werden. Denn damals konnten sich Frauen nicht einfach ohne männliche Begleitung im Kaffeehaus treffen: Sie müsse wohl „ein Schnurrbärtchen haben, Brillen tragen oder eine Schriftstellerin seyn“, steht im Pariser „Album der Boudoirs“ von 1836 geschrieben.

Die Modedesignerin Vivienne Westwood sagte einmal: „Jede Frau braucht so etwas wie ein persönliches Boudoir, egal in welchem Raum. Hauptsache, sie ist dort ungestört.“ Sie kreierte dann auch ein Parfum namens „Boudoir“.