Vor dem Großen Preis der Eifel am Sonntag (14.10 Uhr/RTL) auf dem Nürburgring ist die Trainingsfahrt von Mick Schumacher im Alfa Romeo ins Wasser gefallen – dennoch scheint sein Weg in die Formel 1 festgelegt.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Nürburg/Stuttgart - Hätte, hätte, Fahrradkette. Das typisch garstige Eifelwetter hat Mick Schumacher einen Strich durch sein Formel-1-Debüt gemacht. Am Freitag hätte der Nachwuchspilot im Alfa Romeo von Antonio Giovinazzi von 11 bis 12.30 Uhr im freien Training seine ersten Runden im Rahmen einen Großen Preises auf dem Nürburgring drehen sollen, doch endloser Regen und hartnäckiger Nebel verhinderten die Rückkehr des Namens Schumacher auf offizielle Formel-1-Ergebnislisten. Der Rettungshelikopter konnte in der zähen Suppe nicht starten, dies ist bei einem Grand Prix unerlässliche Bedingung.

 

So stand der 21-Jährige vor der Alfa-Romeo-Hospitality und wartete auf die Einsatzfreigabe, die aber nicht kam. Irgendwann war er verschwunden, ohne ein Wort zu sagen. Dafür sprach Beat Zehnder. „Mick ist ein sehr positiv eingestellter Mensch, er weiß, dass niemand was dafür kann“, sagte der Alfa-Teammanager, „er spricht mit allen, es ist schön zu sehen, wie er sich einfügt. Er ist schon erstaunlich gut strukturiert in seinen jungen Jahren.“ So geschieht das häufiger bei Mick Schumacher – der Bursche fährt zwar nicht in der Formel 1, doch redet dort annähernd jeder mal über ihn.

Wie viel Michael steckt in Mick Schumacher?

Das gesteigerte Interesse an dem Kerl liegt in dessen Genen, er ist Sohn der Legende Michael Schumacher, direkter Nachkomme des Rekordweltmeisters. Den würde jeder liebend gern in der Formel 1 begrüßen, von den Fans über die Funktionäre bis hin zu den Fahrern. Jeder stellt sich die Frage: Wie viel Michael steckt in Mick? Innerhalb von sechs Jahren hat sich Schumacher junior vom Formel-4-Einsteiger zum ernsthaftesten Formel-1-Kandidaten chauffiert. Dabei wäre es zu einfach und überdies unzutreffend, den unaufhaltsamen Aufstieg des Jungen aus Gland am Schweizer Ufer des Genfer Sees allein mit seinem Nachnamen zu begründen.

Der eigentlich gewöhnliche Name, den sein Vater im Motorsport auf hellsten Glanz poliert hat, mag ein wichtiger Katalysator gewesen sein. Die Worte „Schumachers Sohn“ öffnen Türen zu Büros von Teamchefs, weil sie hohe Aufmerksamkeit bei Medien generieren und der Rennstall für Sponsoren lukrativer wird. Prema Racing aus Mailand, wo Mick Schumacher untergekommen ist, zählt in den Nachwuchsserien zu den allerbesten Adressen. „Ich habe immer gesagt, dass Mick, der den Namen Schumacher trägt, etwas mehr hat als andere Fahrer“, betont sein ehemaliger Teamchef Frits van Amersfoort, „allein wegen der PR.“ Dass ein Mick Schumacher über nahezu endlose finanzielle Mittel verfügt, mag die Karriere zudem beschleunigt haben, nach dem dritten gleich den sechsten Gang im Streben um die Pole-Position einzulegen. Technischer Fortschritt kostet, und wer bei der Entwicklung von Technologie eine ordentliche Mitgift beisteuert, kommt schneller voran – wenngleich in der Formel 2 ein Einheitschassis sowie ein Einheitsmotor vorgeschrieben sind.

Mick Schumacher kann mit Druck umgehen

Also doch ein Promibonus? Nein. Allein damit ist kein namhaftes Talent schneller als der unbekannte Konkurrent. Oder wie Nico Rosberg sagte, ebenfalls Sohn eines Ex-Weltmeisters, als er 2006 seine ersten Runden in der Eliteserie drehte: „Im Auto bin ich allein, da habe ich niemanden. Weder mein Vater noch mein Name können mir helfen, ein Auto schnell über eine Strecke zu bewegen.“ Diese These dürfte zu 100 Prozent auch für den jungen Schumacher gelten, der deutscher Vizemeister in der Formel 4 (2016) sowie Europameister in der Formel 3 (2018) war und der aktuell mit zehn Podiumsplatzierungen die Tabelle der Formel 2 anführt. Dabei hat der Filius nicht nur auf der Strecke bewiesen, dass er Druck aushält. Der Youngster muss ein Päckchen tragen, das nicht jeder schultert. Zu Hause wird er stets mit den Folgen des schweren Skiunfalls von Michael Schumacher 2013 konfrontiert – er hat keinen Vater, der ihn in Gland mit offenen Armen empfängt, der sich mit ihm über Motorsport unterhält, der ihm eine mentale Stütze und ein guter Ratgeber sein kann. „Ich bin sicher“, sagt Rennexperte Christian Danner, „dass Mick mit Drucksituationen klarkommt, wo ein anderer Mensch längst ab durch den Gully gegangen wäre.“

Schnell, mental stark und einen guten Namen. Für viele Fachleute steht fest, dass die Frage nicht mehr lautet, ob der Formel-2-Pilot in die Formel 1 befördert wird, sondern nur noch, wann das passiert. Die geplante Trainingsfahrt auf dem Nürburgring war ein Fingerzeig, da widerspricht Alfa-Teamchef Fred Vasseur nicht: „Wir werden Mick ganz sicher bald in der Formel 1 sehen. Ich denke, wir stehen kurz vor einer Entscheidung, was unsere Fahrer für nächstes Jahr betrifft.“ Es wird gemunkelt, der Deutsche ersetzt Giovinazzi – dann können weder Regen noch Nebel den Italiener davor bewahren, dass Mick Schumacher in sein Auto steigt.