Industrie 4.0 ist bisher ein Thema vor allem für große Unternehmen. Das Bundesforschungsministeriums will nun auch kleinen Firmen mit 50 bis 100 Beschäftigten die vernetzte Produktion nahe bringen. Speziell für sie wird nun ein Programm aufgelegt.

Stuttgart - Bis jetzt ist Industrie 4.0, die Vision von der vernetzten Industrie der Zukunft, ein Thema vor allem für große und mittelgroße Unternehmen; viele kleinere warten dagegen ab. Sie hätten gar nicht die Ressourcen, ein großes Forschungsprojekt aufzulegen, heißt es beim Bundesforschungsministerium. Ihnen würde zum Teil nicht nur die Infrastruktur, sondern auch die notwendigen Apparate würden fehlen. Diese Unternehmen, die zwischen 50 und 100 Mitarbeiter beschäftigen, will das Bundesforschungsministerium nun mit einem neuen Förderprogramm ansprechen. Auf dem IT-Gipfel, der Mitte November in Berlin stattfindet, soll das Programm auf den Weg gebracht werden, hat die Stuttgarter Zeitung erfahren.

 

Für Unternehmen wie den Technologiekonzern Bosch, den Automatisierungsspezialisten Festo oder den Maschinenbauer Wittenstein ist die Zukunft schon näher; sie haben bereits Pilotlinien für die neuartigen Produktionsverfahren, die die Effizienz enorm steigern sollen, eingerichtet. Festo hat erst vor Kurzem gar eine ganze Technologiefabrik eingeweiht. Viele der großen Unternehmen haben dafür Fördergelder, die es bereits in unterschiedlicher Ausgestaltung gibt, in Anspruch genommen. Allein das Bundesforschungsministerium hat seit Ende 2011 rund 100 Firmen mit mehr als 100 Millionen Euro unterstützt. Auch Baden-Württemberg stellt in separaten Programmen Fördermittel bereit.

Bundesweit gibt es 20 Demozentren

Die Idee für die Kleinen, die das Forschungsministerium nun auf den Weg bringt, sieht so aus: Der Mittelständler soll sein eigenes Pilotprojekt entwickeln und seine Realisierbarkeit nicht im eigenen Unternehmen, sondern in einem der bundesweit entstandenen Demonstrationszentren testen. In den vergangenen Jahren sind in Deutschland 20 dieser Zentren entstanden, sechs davon befinden sich in Baden-Württemberg, etwa beim Fraunhofer-Institut oder bei SAP. „Kleine und mittlere Unternehmen brauchen in der Zeit rasch voranschreitender Digitalisierung die Möglichkeit, ihre neuen Ideen und Techniken in der Praxis zu testen. Dabei unterstützen wir sie, denn sie sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka der Stuttgarter Zeitung.

Dabei finanziert das Ministerium nicht das gesamte Projekt, rund 40 Prozent der Kosten muss das Unternehmen selbst aufbringen. An bloße Mitnahmeeffekte glaubt man beim Ministerium deshalb nicht. Ein Mittelständler nimmt kein eigenes Geld in die Hand, wenn es nicht zu seinem Vorteil ist, heißt es in Berlin. Dort rechnet man damit, dass im Startjahr des Programms rund 100 Projekte gefördert werden. Das Programm soll mindestens drei bis vier Jahre laufen; in den folgenden Jahren dürfte dann – mit steigender Zahl der Demonstrationszentren – auch die Zahl der Projekte zunehmen. Das Budget für das gesamte Programm ist nicht gedeckelt; beim Forschungsministerium geht man davon aus, dass sich die Kosten in Grenzen halten werden; nicht zuletzt weil es sich überwiegend um kleinere Projekte handeln wird.

Fraunhofer spielt eine wichtige Rolle

Betreut werden die Mittelständler von einem Expertenteam, dessen Mitglieder gerade ausgewählt werden. Sie sollen die Projekte beurteilen und die richtigen Demonstrationszentren auswählen. Fest steht, dass das Fraunhofer-Institut dabei sein wird. Thomas Bauernhansl, der unter anderem das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung leitet, solle eine wichtige Rolle spielen, heißt es. Da das Programm noch nicht veröffentlicht ist, ist unklar, wie es von den Betrieben in Anspruch genommen wird. Die zuständigen Wirtschaftsverbände hätten in den Vorgesprächen positiv reagiert, heißt es.