Sechs Schülerinnen und Schüler aus dem Stuttgarter Katzenstift haben als deutsches Nationalteam bei einem internationalen Wettbewerb Bronze geholt. Die Schul-AG leistet das, was dem Regelunterricht meist fehlt: Naturwissenschaften durch Tüfteln und Ausprobieren spannender zu machen.

„Es heißt Gudrun – und wir sind das nationale Robotik-Team Deutschland.“ Mit diesen Worten stellen die sechs Katzenstiftler sich und ihren unter Wettkampfbedingungen zusammengebauten Roboter in der Werkstatt des Königin-Katharina-Stifts vor. Mit ihm hat das paritätisch besetzte Team im Oktober bei der First Global Challenge in Genf Bronze geholt. Aber es ging dabei nicht nur darum, aus Alustangen, Rädchen, Schräubchen und einer Batterie ein Gerät zu bauen und zu programmieren, das zuverlässig und besonders zielgenau Bälle in einen Korb werfen kann. Sondern das Gespräch mit den jungen Leuten zeigt: Die Beschäftigung mit der Robotik braucht einen langen Vorlauf, im Kleinen, in der Schule: in der Theorie und ihrer Umsetzung, aber auch im Gemeinschaftshandeln. Damit konnte das Team aus dem Katzenstift auch im Wettbewerb punkten.

 

„Geduld und Leidenschaft“

„Geduld und Leidenschaft sind wichtig“, sagt die Elftklässlerin Annalisa, die seit der fünften Klasse ein Basteljunkie ist, anfangs in der Lego-AG der Schule. Und ihre ebenfalls 17-jährige Mitschülerin Katharina ergänzt: „Erst braucht man eine Idee, dann kann man sich überlegen, wie man sie umsetzt.“ Keine Frage, dass das Team seiner Robotik-Leidenschaft auch in den Sommerferien frönt, sich daheim trifft und es schon oft bedauert hat, dass um 18 Uhr das Schulhaus abgeschlossen wird. Leo, der mittlerweile bereits studiert, meint: „Ein gewisses Verständnis für Technik ist wichtig – und Zeitmanagement.“ Neben geschickten Fingern schadeten aber auch Kenntnisse aus der Trigonometrie nicht, ergänzt Paul, der ebenfalls das Abi schon in der Tasche hat. Denn die Abschussrampe auf der Lafette müsse sich im richtigen Winkel neigen, damit der Ball sein Ziel treffe. In Mathe, Informatik und Physik lerne man zwar in der Schule viel Theorie, aber nicht die Anwendung: nämlich wie man das nach mechanischen Prinzipien wirklich baue.

Mathe üben kommt im Unterricht zu kurz

Mahir, der als 17-Jähriger kurz vor dem Abi steht, war zwar bei keiner Lego-AG, hatte aber eine Roboter-Vorführung am Katzenstift gesehen – und war angefixt. Genau mit diesem Ziel führe das Gymnasium am Infotag für die Viertklässler solche Roboterspiele vor, erklärt Werner Fick, der als Mathelehrer und Mint-Koordinator auch diese AGs betreut. Und, ja, da sei Lego eine echte Einstiegsdroge. Er räumt aber ein: „Manche stehen mit Mathe auf Kriegsfuß und machen trotzdem Robotik.“ Bei solchen Begabten-AGs schaue er nicht auf die Noten. Fick hat die Erfahrung gemacht, dass der Regelunterricht nicht ausreiche, um Begeisterung für Mathe zu wecken. Denn im Matheunterricht gebe der Lehrer alles vor. „Ich habe als Lehrer zu wenig Zeit, um das mit den Schülern im Unterricht zu üben.“ Und nicht jeder Schüler schafft das dann selbst aus eigenem Antrieb, das mache ihm Bauchweh, so Fick. Denn wer nicht rechnen könne, sei aufgeschmissen.

Viel mehr als nur Robotik

Im Robotik-Team ist das kein Thema. Da hilft man einander. Auch das Alter spielt keine Rolle. Sarah ist als 14-Jährige und Neuntklässlerin die Jüngste im Team. „Ich liebe Mathe, Physik, diese Mintfächer, gerade wegen ihrer Logik – und weil alles einen Sinn ergibt“, sagt sie: „Und ich programmiere auch gern. Im Lockdown hab ich mich noch mehr für Technik interessiert.“ Doch nicht nur ihre Freude am Fachlichen konnte die 14-Jährige beim Wettbewerb ausleben. „Sarah war eigentlich unsere Frau Außenministerin, sie hat im Vorfeld die ganzen Online-Meetings organisiert und war in Zoom-Konferenzen in der ganzen Welt unterwegs“, berichtet Fick, der als Teamcoach mit in Genf war. Dort halfen dem Team auch die multikulturellen Sprachkenntnisse: von russisch über türkisch, arabisch, italienisch bis zu französisch und englisch – neben deutsch. Nur schwäbisch hatten sie nicht im Angebot.

Selbstbewusstsein und gute Laune

Was ihnen vom Wettbewerb geblieben ist? Neue Länder kennengelernt, Freundschaften geschlossen, Selbstbewusstsein gestärkt – und diese unglaublich gute Laune. „Diese Community von First verlässt dich nicht“, meint Annalisa. Fick nennt noch etwas anderes: „Schüler, die mal beim First-Wettbewerb mitgemacht haben, stehen nachher ganz anders vor Publikum.“ Denn auch die Präsentation gehört bei dem globalen Bildungswettbewerb zum Programm. Er ist überzeugt: „Egal, was die später arbeiten, die schaffen ihr Ding.“

Was Schule besser machen sollte

Und was sollte Schule besser machen, damit Schüler im Regelunterricht einen Zugang zu den Mintfächern finden? „Man sollte mehr Anwendungen machen und sie die Experimente selber durchführen lassen“, meint Mahir. Und: „Bei Mathe wäre der beste Weg, es spielerisch anzugehen, damit man das dahinter liegende Prinzip verstehen kann.“

Spielerische Mint-Förderung am Dillmann-Gymnasium

Escape-Raum
Im Stuttgarter Dillmann-Gymnasium tüfteln Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Studierenden an einem Mint-Escape-Raum, aus dem man nur durch experimentelles Lösen verschiedener Rätsel wieder herauskommt. Möglich wird das Projekt durch eine Bildungspartnerschaft mit der Hochschule Heilbronn. Die sei mithilfe einer Schülermutter zustande gekommen, sagt Johannes Ehrenmann, Englisch- und Chemielehrer und Abteilungsleiter Naturwissenschaften am Dillmann: „Ein glücklicher Zufall.“

Mint für alle
Der Escape-Raum werde als modulares Angebot konzipiert, das in jedem Klassenzimmer eingesetzt werden soll. Eine Idee sei, die Schüler eine Kiste öffnen zu lassen, die mit einem Magnetschloss gesichert sei, bei dem der Elektromagnet fehle. Den müssten die Schüler selber basteln: aus Kupferdraht, Eisennägeln, einer Batterie. Damit, so Ehrenmann, ließen sich wichtige Aspekte aus dem Bildungsplan verknüpfen. Mit einer Science Night und Show-Experimenten von Schülern will das Dillmann am 16. Januar Viertklässler heiß auf Mint machen. ja