An den Schulen in Baden-Württemberg gibt es aktuell zehntausend Kinder weniger als im Vorjahr. Trotzdem wird auch weiterhin viel Unterricht ausfallen, heißt es aus dem Kultusministerium.

Stuttgart - Im aktuellen Schuljahr besuchen 10 000 Kinder weniger die öffentlichen allgemein bildenden Schulen in Baden-Württemberg. An der schlechten Unterrichtsversorgung ändert sich dennoch nichts. Die rückläufigen Zahlen seien zu erwarten gewesen, sagte eine Sprecherin von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). „Wir brauchen dennoch mehr Lehrer“, betont sie. Die aktuellen Zahlen entsprächen den längerfristigen Prognosen des Statistischen Landesamts. Demnach sollen die Schülerzahlen bis zum Jahr 2020 zurückgehen und danach insgesamt ansteigen.

 

Sinkende Zahlen seit 2004

Eine Million Schüler (genau 1 000 568) zählt das Statistische Landesamt gegenwärtig an den Schulen im Südwesten. Damit hat die Zahl der Schüler gegenüber dem vergangenen Schuljahr um ein Prozent abgenommen. Den rückläufigen Trend beobachten die Statistiker seit 2004. Seither sei die Schülerzahl um gut 18 Prozent gesunken. In diesem Schuljahr ist der Trend mit einem Rückgang um 10 000 Schüler etwas stärker als im Vorjahr. Im Schuljahr 1016/17 wurde ein Minus von 3000 Schülern verzeichnet.

Gemeinschaftsschulen holen auf

Die einzelnen Schularten entwickeln sich aufgrund des Wahlverhaltens von Eltern und Schülern unterschiedlich. Die 580 Haupt-/Werkrealschulen im Land haben erneut 20 Prozent verloren. Sie zählen jetzt noch 64 000 Schüler. Das sind so viele wie an den 304 Gemeinschaftsschulen. An dieser Schulart, die noch im Aufbau ist, stieg die Schülerzahl um 26 Prozent. Die 199 000 Realschüler bedeuten zwei Prozent weniger als im Schuljahr 2016/17. Die Gymnasien melden mit 266 000 Schülern ein Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Grundschulen wachsen

Einen Zuwachs verzeichnen aber die Grundschulen. Hier gibt es tausend Schüler mehr als im Schuljahr 2016/17. Der Zuwachs fällt aber deutlich bescheidener aus als der ein Jahr zuvor. Im Schuljahr 2015/16 gab es knapp 362 000 Grundschüler, ein Jahr später waren es 368 500, jetzt sind es 369 600. Dennoch zeichnet sich an den Grundschulen der bevorstehende Anstieg der Gesamtschülerzahlen bereits ab.

Wegen steigender Geburtenraten hat etwa die Bertelsmann Stiftung für die kommenden Jahre zwischen 2021 und 2025 an den Grundschulen einen erheblichen Anstieg der Schüler prophezeit. Das ist für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) Anlass zur Warnung. „Wenn es schon aktuell bei sinkenden Schülerzahlen einen eklatanten Mangel an Lehrerinnen und Lehrern gibt, dann muss man kein Prophet sein, um zu erahnen, was das für die kommenden Jahre bedeutet“, mahnt Gerhard Brand, der VBE-Landesvorsitzende. Dass die Schülerzahlen momentan sinken, sei zu erwarten gewesen. Das sei kein Grund für die Politik, sich zurückzulehnen.

Zu wenige Lehrer auf dem Markt

Im Moment seien nicht die Schülerzahlen die Hauptursache für die schlechte Unterrichtsversorgung, betont die Sprecherin Eisenmanns, sondern der Lehrermangel. „Die Unterrichtsversorgung ist auf Kante genäht“, erklärt die Ministerin regelmäßig. Entwarnung sei nicht in Sicht. „Das wird auch im kommenden Schuljahr eine Herausforderung.“ In diesem Schuljahr waren von den 5100 zu besetzenden Stellen 4300 wegen Pensionierung frei geworden. 400 Stellen konnten gar nicht besetzt werden. Der Ersatzbedarf bleibe hoch.

Außerdem würden zusätzliche Lehrer gebraucht, weil das Angebot an Ganztagsgrundschulen ausgebaut werde. Grundschüler haben jetzt mehr Unterricht in Deutsch und Mathematik, an den weiterführenden Schulen wird Informatik angeboten. „Das wurde vor sechs, sieben Jahren, als die Lehrer für den heutigen Markt ausgebildet wurden, noch nicht bedacht“, sagt die Ministeriumssprecherin.

Mehr Studienplätze für Grundschullehrer verlangt

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verlangt 200 bis 300 weitere Studienplätze für Grundschullehrer. Der VBE fordert, „Motivationslücken“ bei den Studierenden zu schließen. Derzeit kämen von 8000 Studierenden für das Grundschullehramt nur 7000 an den Schulen an. „Motivierend“ könnte demnach wirken, die Unterrichtsverpflichtung von 28 Stunden pro Woche zu senken und die Besoldung zu erhöhen.