Seit mehr als 100 Jahren gibt es den Schützenverein Zuffenhausen. Nach den Bluttaten und Amokläufen der Vergangenheit haben die Sportschützen gesellschaftlich einen immer schwereren Stand was auch ein Grund dafür ist, dass es an Nachwuchs mangelt.

Zuffenhausen - Nach der Bluttat von Halle und der Ermordung von Regierungspräsident Walter Lübke ist geplant, das Waffenrecht in Deutschland weiter zu verschärfen. Für Mitte November ist dazu eine öffentliche Anhörung im Bundestag geplant. Dort sollen unter anderem auch Vertreter des Deutschen Schützenbundes (DSB) zu Wort kommen, der weiteren Einschränkungen des Waffenrechts grundsätzlich kritisch gegenüber steht.

 

„In Deutschland haben wir jetzt schon mit das schärfste Waffenrecht in Europa“

„Eine weitere Verschärfung halte ich nicht für sinnvoll. In Deutschland haben wir jetzt schon mit das schärfste Waffenrecht in Europa“, sagt der Stuttgarter Kreisoberschützenmeister Roland Teves. Aktiv ist er beim Schützenverein Zuffenhausen, dessen Vorstandsvorsitzender er auch ist. Der Verein hat seit einiger Zeit massive Probleme, Nachwuchs zu finden. „Winnenden war ein großer Wendepunkt“, erzählt Teves. Am 11. März 2009 hatte ein 17-Jähriger 15 Menschen und schließlich sich selbst erschossen. Seit damals geraten Sportschützen immer stärker ins Visier der Gesellschaft. In jenen Tagen, so erinnert sich Teves, gab es im Schützenverein Zuffenhausen zwei hoffnungsvolle Nachwuchssportler, denen die Eltern aber nach dem Amoklauf von Winnenden verboten hätten, weiterhin zu schießen. Teves beklagt, dass viele Menschen schlichtweg nicht wüssten, worum es beim Sportschießen überhaupt gehe: Abzuschalten, sich zu beruhigen und zu konzentrieren. Immer wieder werde man als Sportschütze mit Vorurteilen konfrontiert. „Wenn es dann aber bei Olympischen Spielen Medaillen beim Schießen oder beim Biathlon gibt, freuen sich die Leute“, erzählt Teves.

Wenig Grund zur Freude hatten die Zuffenhäuser Schützen, als sie im Sommer beim Bezirksbeirat angefragt hatten, ob dieser sich mit Geld aus seinem Verfügungsbudget an der Anschaffung neuer Waffen für die Jugendgruppe beteiligt. Der Antrag wurde abgelehnt, begründet worden war dies unter anderem auch damit, dass Waffen nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gehören.

„Für uns sind Gewehre und Pistolen Sportgeräte, so wie ein Tennisschläger ein Sportgerät ist“, sagt Inge Blumenschein, Sportliche Leiterin des Vereins, und fügt hinzu: „Eine Waffe schießt nie von alleine.“ Blumenschein ist seit 1969 Mitglied im Verein, der Kontakt kam durch ihre Verwandtschaft zustande. Ähnlich ging es Angela Lutsch, die seit 35 Jahren dabei ist und die über ihren Ehemann dazukam. Gerade als Frau, das wissen die beiden, werde man in der Öffentlichkeit als Sportschützin immer wieder schief angeschaut.

In Stuttgart gibt es 19 Schützenvereine

Auf dem Vereinsgelände in Neuwirtshaus wird ausschließlich mit Luftpistolen und Luftgewehren geschossen. Mindestens zwölf Jahre alt muss man dafür sein, solche Waffen können frei erworben werden. Auch Kleinkaliberdisziplinen sind im Programm, allerdings befindet sich die dafür benötigte Schießanlage in Hemmingen (Kreis Ludwigsburg) bei einem Partnerverein. Für Kleinkaliberwaffen sind eine Waffenbesitzkarte (WBK) und eine bestandene Theorieprüfung notwendig, zudem muss man volljährig sein.

„Sportwaffen sind nicht vergleichbar mit Gebrauchswaffen“, sagt Blumenschein. Unter anderem seien Abzug, Griff und Visiereinrichtung verschieden. Sportpistolen und -gewehre werden normalerweise auf den jeweiligen Schützen angepasst, der im Wettkampf auch Handschuhe und eine spezielle Jacke trägt. Rund 2500 Euro kostet eine Waffe.

Laut Teves gibt es 19 Schützenvereine in Stuttgart, zwei davon schießen mit dem Bogen. Größter Verein sei die Neue Schützengesellschaft Stuttgart (NSG) in Botnang mit rund 250 Mitgliedern, die Zuffenhäuser haben circa 50 Mitglieder. Gegründet worden war der Zuffenhäuser Verein im Jahr 1906 von 13 Herren im Lokal „Zum Bären“ als „Zimmerstutzen Verein Diana“ (ein Zimmerstutzen ist eine kleinkalibrige Traditionswaffe). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er 1954 wiedergegründet. Lange gab es kein eigenes Vereinsheim, 1980 konnte die Anlage in Neuwirtshaus in Betrieb genommen werden.

Wie es mit dem Verein weiter geht, steht in den Sternen. Der Nachwuchs rekrutiert sich fast ausschließlich aus dem Familien- und Bekanntenkreis. Momentan gibt es fünf junge Leute im Alter zwischen 14 und 20 Jahren. Die können immerhin mit neuen Waffen üben: Obwohl vom Bezirksbeirat kein Geld kam, konnten mit eigenen Mitteln moderne Sportgeräte angeschafft werden.