Wie stellen Sie sicher, dass nicht nur bildungsnahe Eltern zu Wort kommen?
Das ist ein wichtiger Punkt. Die Eltern werden einzeln angeschrieben. Im Moment haben wir auch Beschwerden von Eltern über die Ganztagsschule, deren Kinder noch gar nicht in die Schule gehen. Diese Eltern befürchten zum Teil, dass ihrem Kind in der Schule nicht genug geboten werden wird.
Es gibt ja keinen Zwang zur Ganztagsschule. Aber es gibt eine Kehrtwende der Landesregierung. Diese will auch flexible Betreuung fördern. Wie bewerten Sie dies?
Eine Kehrtwende des Landes kann ich noch nicht erkennen. Ich schaue mir erst mal die Stuttgarter Verhältnisse an: Wo können wir noch besser werden? Wie können wir Sport und musische Angebote in die Ganztagsschule holen? Wenn wir das tun, können wir auch gute Qualität anbieten. Die muss so bestechend sein, dass das Thema Flexibilität in Stuttgart in den Hintergrund rückt. Meine These ist, dass Eltern sichergehen wollen, dass ihr Kind auch ein Musikinstrument lernen oder ein Sportangebot wahrnehmen kann und dies nicht durch einen Ganztagsunterricht verhindert wird. Dem schließe ich mich voll an: Das muss möglich sein.
Halten Sie ein paralleles Angebot einer verbindlichen, kostenfreien Ganztagsschule und einer flexiblen, kostenpflichtigen Nachmittagsbetreuung für wünschenswert?
Ich halte die verbindliche Ganztagsschule für ein gutes Modell, wenn es uns gelingt, es mit guter Qualität – womöglich noch besserer als bisher – auszustatten und weiterzuentwickeln. Ich bin überzeugt, dass wir damit ein gutes Angebot machen können – für alle Kinder. Für das sogenannte Rosinenpicken der flexiblen Betreuung sehe ich derzeit keine Ressourcen. Es könnte dann passieren, dass die bildungsfernen Kinder in der Ganztagsschule sind und die anderen, deren Eltern es sich leisten können, im Hort. Es geht auch um Bildungsgerechtigkeit. Von der Ganztagsschule sollen nicht nur die bildungsfernen Kinder profitieren, sondern jedes einzelne Kind soll mit seinen Potenzialen individuell so gefördert werden, dass es alle Chancen hat. Dazu kann zum Beispiel auch gehören, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, an einer Schule Geigenunterricht zu bekommen oder andere Instrumente kennenzulernen. Ich möchte das Niveau der Ganztagsschule heben. Kita und Schule bieten die einzigartige Chance, an Kinder den Reichtum dieser Welt heranzutragen.
Das ist teuer. Wollen Sie unterschiedliche Profile von Ganztagsschulen herausbilden?
Das wird der Weg sein. Die Steg-Studie des Bundesbildungsministeriums zur Entwicklung von Ganztagsschulen beweist, dass nur so die sozialen und die kognitiven Fähigkeiten der Kinder verbessert werden können. Dafür müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Das kostet Geld. Die Musikschule ist sehr an einer Zusammenarbeit interessiert. Wir brauchen Musikpädagogen in den Schulen – und in den Kitas. Das Schöne ist: Ich bin ja jetzt für beides zuständig. Ich habe mit dem Leiter der Musikschule und der Rektorin der Musikhochschule gesprochen: Wir werden ein Konzept entwickeln, um Musik in Grundschulen und Kitas zu verankern.