Mit Bußgeldern und Gewinnabschöpfungen will Landesumweltminister Untersteller (Grüne) gegen fünf Unternehmen vorgehen. Es geht um Millionengewinne, weil Firmen Müllmengen falsch angegeben haben.

Stuttgart - Bei der Einsammlung von Verpackungsmüll und seinem Recylcing sind bundesweit zehn Firmen tätig, die dabei mit gelben Säcken und gelben Tonnen arbeiten. Im Fachjargon heißen die Betriebe „duale Systeme“ – jedem zweiten von ihnen hat der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) jetzt den Kampf angesagt. Er wirft ihnen vor, einer unabhängigen Clearingstelle, die die Müllmengen erfasst und anhand dieser Daten die anteiligen Kosten für die Entsorgung berechnet, zu niedrige Mengenangaben gemacht zu haben.

 

Einige Betreiber nutzen die Löcher im System

„Einige duale Systeme nutzen die Löcher des Systems unrechtmäßig und profitieren von Mindermeldungen an die Clearingstelle im Wert von insgesamt rund 70 Millionen Euro bei Kunststoff- und Metallverpackungen sowie rund 15 Millionen Euro bei Glas und Papier“, so Untersteller. Das könne man „nicht tatenlos“ hinnehmen. Um welche Betriebe es sich handelt, will der Minister nicht mitteilen.

Das Umweltministerium führt Aufsicht über das duale System im Land. Im aktuellen Fall ist Untersteller aber bundesweit tätig geworden. Neben der Clearingstelle müssen die Betreiber dualer Systeme ihre Produkte oder Verpackungen auch der Deutschen Industrie- und Handelskammer melden. Immer wieder kommt es bei den Zahlen zu Diskrepanzen. Das Umweltministerium hat sich aber im Wege der Amtshilfe vom Bundeskartellamt Marktzahlen von 2015 übermitteln lassen, mit denen es gelungen ist, die unterschiedlichen Mengenmeldungen offen zu legen.

Das Bußgeldverfahren ist ein stumpfes Schwert

Der direkt Geschädigte sind nicht die Verbraucher, sondern die Mitbewerber. „Eine zu niedrige Mengenangabe mindert die Kosten gegenüber der Konkurrenz“, sagt Untersteller. Damit bereicherten sich Betreiber des dualen Systems „zu Lasten Dritter“. Laut der Verpackungsverordnung ist bei Falschmeldungen der Mengen ein Bußgeld bis höchstens 10 000 Euro möglich. Das Umweltministerium hat auch gegen fünf Betriebe entsprechende Verfahren eingeleitet. Doch bei den genannten „unterschlagenen Mengen“ sei ein solches Bußgeld viel zu niedrig, sagt Untersteller. Deshalb versuche sein Ressort bundesweit über den Weg der Gewinnabschöpfung den „Schwarzen Schafen“ unter den dualen Systemen beizukommen.

Insgesamt geht es um einen unrechtmäßig erzielten Profit von 85 Millionen Euro, der eingezogen werden könnte. Laut Königsteiner Schlüssel – ein Verteilsystem für die Länder – könnten bis zu elf Millionen an das Landesfinanzministerium zurückfließen. Da es sich aber um „juristisches Neuland“ handelt und einer der Betreiber pleite ist, rechnet das Land mit einem erheblich geringeren Rückfluss. In der Branche wird der Vorstoß begrüßt. In den vergangenen Jahren habe es „immer wieder eine Lücke“ bei den Zahlen gegeben, sagt ein Sprecher der Firma „Grüner Punkt“, die ein Drittel des Marktes beherrscht.