Das Schwabenderby im Basketball ist denkbar knapp ausgegangen. Der letzte Ulmer Wurf brachte den 77:76-Sieg in Ludwigsburg.

Ludwigsburg - Die Serie hat nicht gehalten. Der Basketball-Bundesligist EnBW Ludwigsburg unterlag im Schwabenderby gegen ratiopharm Ulm mit 76:77 (42:40). Seitdem beide Mannschaften wieder erstklassig spielen - Ludwigsburger stieg 2002, Ulm 2006 auf - gewannen die Ulmer erstmals in der Barockstadt.

 

„Gerade mit dem Derby vor der Brust ist eine gewisse Drucksituation nicht von der Hand zu weisen, und gerade für die Fans hat die Partie gegen Ulm noch einmal eine ganz besondere Bedeutung. Für uns zählt jedoch nur unser eigenes Spiel. Wir haben es selbst in der Hand“, hatte der Ludwigsburger Trainer Markus Jochum im Vorfeld gesagt. Dieser Druck erhöht sich nun, schließlich war die vierte Niederlage nacheinander ein weiterer Rückschlag.

Spielverlauf: Das ist mal eine Ansage gewesen: Rund 400 Ulmer Fans reisten am Samstagabend mit in die Ludwigsburger Arena, um ihr Team zu unterstützen. Dementsprechend laut war es bereits vor dem Beginn der Partie, die insgesamt 3546 Zuschauer sahen.

Jochum startete am achten Spieltag der Basketball-Bundesiligasaison 2011/2012 mit Jerry Green, Alex Harris, Johannes Lischka, Donatas Zavackas und John Bowler. Der Neuzugang Jeff Greer, der nach einer kurzen Testphase erst einen Tag vor der Partie einen Vertrag bis zum Saisonende unterschrieben hatte, saß zunächst auf der Bank.

Ulms Trainer Thorsten Leibenath vertraute in seiner Startformation auf Per Günther, Isaiah Swann, Steven Esterkamp, Dane Watts und John Bryant.

Beide Mannschaften beginnen auf einem ähnlichen Level

Das Spiel startete mit einem Balgewinn der Ludwigsburger, Zavackas erzielte den ersten Punkt mit einem Freiwurf. Ulm konterte mit einem Distanztreffer. In den Folgeminuten agierten beide Mannschaften auf einem ähnlichen Leistungslevel, kein Team konnte sich absetzen.

Beim 13:14 nach knapp sieben Minuten nahm Jochum die erste Auszeit der Partie. Bislang setzten vor allem die Gäste auf schnelle Gegenstöße, Ludwigsburg versuchte mehr das Spiel zu kontrollieren - beides ging auf, auch nach einigen Spielerwechseln, sodass nach dem ersten Durchgang Ulm mit 18:17 führte.

Im Anschluss blieb das Tempo hoch, die Leistung ähnlich, das Ergebnis knapp. Ludwigsburg traf dabei gut jenseits der Dreipunktelinie. „Wir müssen den Ball schnell bewegen und unsere Werfer ins Spiel bringen. Im Abschluss hängt dann alles vom Selbstvertrauen ab,“ hatte Jochum gesagt. Das klappte, der Mut, die Würfe zu nehmen, war größer als bei der Heimniederlage gegen Braunschweig.

Harris ist gut aufgelegt und Greer trifft per Dunking

Die Ludwigsburger waren nun bissiger, kämpften und konnten sich leicht absetzen. Greer dunkte, die Halle feierte - 37:30. Besonders Alex Harris zeigte nun, dass er viel mehr kann, als er bei den schwachen Vorstellungen in der jüngsten Vergangenheit zeigte.

Der Flügelspieler hatte nach 17 Minuten bereits mehr als doppelt so viele Punkte wie bei den vergangenen zwei Auftritten. Mit einem Dunk und einem anschließenden Freiwurftreffer erhöhte er auf 40:30.

Doch Ulm wehrte sich, kam mit einem 8:0-Lauf zurück. Die Partie blieb hitzig, die Zuschauer wurden unterhalten. Das Spiel war gut, spannend, bisweilen hektisch. Die Halbzeitpause bei der 42:40-Führung für die Heimmannschaft tat demnach nicht nur den Akteuren gut.

Ulm setzt sich mit einem 13:0-Lauf ab

Mit fünf Punkten der Gäste begann der dritte Abschnitt. Lischka glich mit einem Dreipunktespiel - zwei Punkte durch einen Wurftreffer und ein weiterer Zähler, weil er bei seinem Versuch gefoult wurde - von der Freiwurflinie aus.

Der Flügelspieler legte nach, Ludwigsburg führte mit vier Zählern. Doch Ulm blieb dran - 49:49 nach fünf Minuten in diesem Durchgang. Die Gäste waren in den Folgeminuten treffsicherer und wacher. Die Folge: ein 13:0-Lauf.

Lischka erlöste die Ludwigsbuger Anhänger, verkürzte auf 51:62 - doch das Heimteam kam durch Unkonzentriertheiten (drei Ballverluste von Dorris, Offensivfoul von Kurt Looby) nicht näher heran. Zudem hatte Jochums Mannschaft in dieser Phase Glück, dass Ulm viele Versuche vergab.

Ludwigsburg kommt zurück

Im letzten Viertel blieb das Aufbäumen dann zuerst aus. Ludwigsburg kämpfte zwar vereinzelt, doch die kreativen Ideen im Angriff fehlten. Hinzu kamen weitere Ballverluste. Der Rückstand war auch fünf Minuten vor dem Ende noch zweistellig (60:71).

Ein erfolgreicher Dunking von Bowler ließ die Ludwigsburger Verantwortlichen und Fans dann noch einmal hoffen. Lischka legte nach, und Bowler traf zweimal von der Freiwurflinie - 70:73, das Heimteam in Schlagdistanz.

Nach einem Offensivfoul des Ulmers Steven Esterkamp gegen Green und einer Auszeit der Gäste vergab Ludwigsburg dann aber, und Bowler wehrte sich beim Kampf um den Rebound regelwidrig. Aufgrund von fünf Mannschaftsfouls durfte Watts an die Freiwurflinie - und traf nur einen. Green erzielte hingegen zwei Punkte für das Heimteam und Zavackas verwandelte beide Freiwürfe - 74:74, Restspielzeit 45 Sekunden.

Der Krimi begann. Ulm traf nur einen Freiwurf, Ludwigsburg aber aus der Nahdistanz. Jochums Mannschaft verteidigte anschließend gut, doch Roderick Trice brachte den Ball irgendwie in Richtung Korb, Watts kam mit den Fingerspitzen noch heran - und Ulm führte 77:76. Das reichte, weil Ludwigsburg bei einer Restspielzeit von 0,3 Sekunden die Minimalchance mit einem Distanzwuf vergab.

Kommentar: Ludwigsburg und Ulm agierten in der ersten Hälfte auf dem gleichen Leistungslevel. Kein Team konnte sich absetzen, beide Mannschaften trafen gut. Ulm bschleunigte dabei das Spiel mit schnellen Gegenstößen, Ludwigsburg baute die Angriffe langsamer auf, passte dann aber zügig den Ball an der Zone entlang - und erspielte sich somit gute Wurfpositionen.

Doch nach der Pause legte Ulm los, und Ludwigsburg traf nicht mehr gut, spielte in der Offensive nicht mehr ideenreich. Der Ballführende wusste öfters nicht, wo er das Spielgerät hinpassen sollte. Dementsprechend war die hohe Ulmer Zwischenführung verdient.

Genauso aber auch die Ludwigsburger Führung 21 Sekunden vor dem Ende (76:75) nach einer beeindruckenden Aufholjagd. Doch Ulm hatte am Ende das eine Quäntchen mehr Glück - 77:76. Ludwigsburg verlor die Partie aber vor allem durch die schlechte Leistung im dritten Durchgang. 

Ludwigsburg: Zavackas (31:42 Minuten / 19 Punkte, 6 Rebounds, 0 Assists), Lischka (27:36 / 14, 7, 2), Bowler (28:55 / 13, 4, 1), Harris (27:05 / 10, 2, 5), Green (28:03 / 9, 2, 1), Greer (22:01 / 4, 5, 3), Dorris (12:55 / 4, 1, 1), McCray (11:57 / 3, 0, 2), Looby (9:46 / 0, 2, 0), Bekteshi, Maier, Koch (alle nicht eingesetzt).

Ulm: Swann (24:40 / 16, 1, 1), Esterkamp (29:56 / 13, 2, 1), Watts (34:40 / 13, 11, 3), Nankivil (27:58 / 9, 2, 0), Günther (26:40 / 8, 2, 3), Bryant (15:41 / 8, 4, 1), Trice (19:55 / 8, 1, 0), Betz (5:29 / 2, 0, 0), Wenzl (1:41 / 0,0,0), Oladipo, Heberlein (beide nicht eingesetzt). 

Schiedsrichter: Martin Matip, Christof Madinger, Claus-Arwed Lauprecht.

Zuschauer: 3546.

Stimmen:

Jochum - "Es ist viel Unerwartetes passiert - und wir haben uns dennoch wieder zurückgekämpft und den Rhythmus gefunden. Auch den letzten Wurf der Ulmer hat die Mannschaft gut verteidigt. Dass Watts dann genau dort steht, wo der Versuch hingeht, ist halt im Sport so."

Leibenath - "Wir haben nur im dritten Viertel guten Basketball gespielt und die hohe Führung dürfen wir auch nicht mehr hergeben, Wenn man den letzten Punkt betrachtet, muss man sagen, dass der Sieg glücklich war."