Als sie die Zeitung holt, sieht sie, dass jemand über Nacht die Schwätzbank vor ihrem Haus in S-West entfernt hat. Doch Maria Meyer lässt sich davon nicht unterkriegen.

Maria Meyer kann’s einfach nicht fassen. Sie ist sprachlos: „Jemand hat unser Schwätzbänkle gestohlen“, meldet sich die Initiatorin der Nachbarschaftsbank vor dem Haus an der Seyfferstraße 50 am vergangenen Freitagvormittag telefonisch. „Heute Morgen um 7 Uhr bin ich vor die Haustür getreten, um die Stuttgarter Nachrichten aus dem Halter zu holen. Als ich mich umsah, da war unser schönes Sitzbänkle auf dem Bürgersteig weg“, berichtet Meyer im Namen der Hausgemeinschaft.

 

Kein vorgezogener Erster-Mai-Scherz

Seitdem ist das Möbel aus hellem Holz wie vom Erdboden verschluckt. Sie suchte noch am gleichen Morgen die umliegenden Straßen ab: „Vielleicht hat sich irgendjemand einen Streich erlaubt“, denkt sie. Junge Leute, die das gute Stück in Bierlaune mitgeschleift und irgendwo anders aufgestellt haben. Vielleicht eine Art vorgezogener Erster-Mai-Scherz? Doch ihr Bemühen erweist sich als vergeblich, die Bank fehlt weiter. Am Tag davor saß sie mit einigen Menschen aus ihrer Straße darauf noch gemütlich vor ihrer Wohnung, plauderte und genoss die ersten wärmeren Strahlen der Märzsonne, erzählt sie und ärgert sie sich ein klein wenig über ihre eigene Arglosigkeit: „Klar, ich hätte das Bänkle anketten müssen wie sonst auch oder im Hinterhof verstauen. Aber wer macht denn so etwas?“, fragt sich Maria Meyer.

Eine neue Bank ist in Planung

Doch nachhaltig beeindrucken lässt sich diese Frau durch den „Bankraub“ vor ihrer Haustür in Stuttgart-West offensichtlich nicht. Sie hat jedenfalls schon eine neue Idee. In Tauberbischofsheim kennt sie einen begabten Handwerker, der was vom Schreinern versteht: „Der macht mir nach meinen Entwürfen eine schöne neue Holzbank. Die holen wir dann ab und stellen sie wieder auf.“ Schließlich hatte sogar das Ordnungsamt in der Angelegenheit zuletzt eingelenkt und sein Placet fürs Aufstellen gegeben. Denn erst sollte die Bank von Amts wegen weg, dann durfte sie doch bleiben: die nun so plötzlich verschollene kleine Sitzbank vor dem Haus an der Seyfferstraße 50. Noch im vergangenen Sommer hatte die Straßenverkehrsbehörde Stuttgarts strikt „eine Möblierung im öffentlichen Verkehrsraum“ als nicht genehmigungsfähig abgelehnt und dann im Herbst auf großen öffentlichen Druck (wir berichteten) doch klein bei und grünes Licht gegeben. Als die Duldung der Bank von der Behörde verlautbart wurde, hatten Maria Meyer und ihre Mitstreiter aus der Straße diese Nachricht der Behörde mit einem Gläschen Sekt im Oktober und vor laufenden Fernsehkameras gefeiert.

Die Pflanzen müssen in größere Töpfe.

Zuletzt waren vor einigen Wochen Bezirksvorsteher Bernhard Mellert und eine Mitarbeiterin vom Ordnungsamt vor Ort erschienen, um die künftigen Modalitäten für das Schwätzbänkle vor dem Haus an der Seyfferstraße 50 mit Maria Meyer und Hauseigentümer Thomas Jooß längerfristig und en detail zu besprechen. Dabei wurde vereinbart, dass das Bänkle erst einmal bleiben darf. Allerdings sollen die ganzen Blumenstöcke, Kräuter und anderen Accessoires, die bisher auf dem Trottoir auf Tischchen und in Regalen verteilt standen, künftig in größeren und wetterfesteren Pflanzkübeln untergebracht werden.

Maria Meyer will die Umpflanzaktion um Ostern herum erledigen. Bis dahin soll auch das neue Nachbarschaftsbänkle wieder am gewohnten Platz stehen. Denn unterkriegen lässt sich diese Frau sicher nicht.