Das Landgericht Stuttgart hat einen Schwaikheimer wegen Drogendelikten zu einer Haftstrafe verurteilt. Es sah als erwiesen an, dass der 34-Jährige Marihuana über Kryptohandys gekauft und weiterverkauft hatte.

Der Mann auf der Anklagebank kann sich auf seine Familie verlassen: Mehr als zehn Angehörige haben verfolgt, wie die 17. Große Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts nach nur zwei Prozesstagen ein Urteil über ihn gefällt hat. Der Schwaikheimer muss wegen Drogenhandels in zehn Fällen für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Zudem ordnete das Gericht die Unterbringung des 34-Jährigen in einer Entziehungsanstalt an und zog 9500 Euro aus seinem Gewinn ein. Mit dem Urteilsspruch von dreieinhalb Jahren wählte das Gericht genau die Mitte der Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die vier beziehungsweise drei Jahre Haft gefordert hatten.

 

Der Prozess kam zu einem schnellen Ende, da der Angeklagte bereits am ersten Verhandlungstag ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte, in dem sich die Tragik der Coronapandemie für Solo-Selbstständige widerspiegelt. Der ausgebildete Schreiner hatte sich 2010 nach Abschluss seiner Ausbildung mit einem Montagebetrieb selbstständig gemacht. Die Geschäfte liefen nicht schlecht, er verdiente rund 3000 Euro netto und hatte sogar Aufträge in Las Vegas und bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi. „Als aber 2020 die Coronapandemie kam, habe ich meinen Betrieb aufgegeben und Hartz IV beantragt“, so der Angeklagte.

Als Zwischenhändler Marihuana gekauft und weiterverkauft

Da der Schwaikheimer seit dem Ende seiner Realschulzeit regelmäßig Marihuana konsumierte, verfiel er auf die Idee, in den Rauschgifthandel einzusteigen, um so auch seine Sucht zu finanzieren. „Bis zur Geburt meines Kindes habe ich täglich zwei bis vier Gramm geraucht, es hat mich irgendwie erleichtert“, sagte er. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 34-Jährige zwischen Mai und Dezember 2020 als Zwischenhändler rund zehn Kilogramm Marihuana über Kryptohandys gekauft und weiterverkauft hatte. In der Regel orderte der Angeklagte danach ein Kilogramm Marihuana von durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von etwa zehn Prozent. „Pro Kilo habe ich 6000 Euro bezahlt und es für 7000 Euro weiterverkauft.“ Die Geschäfte wurden über sogenannte Kryptohandys der Marken Encrochat und Sky-ECC getätigt, die lange Zeit als nicht zu knacken galten. Bei einer Hausdurchsuchung und Festnahme des Schwaikheimers Anfang Dezember 2022 fanden die Beamten in seiner Wohnung drei Gramm Haschisch, zehn Gramm Marihuana und fünf THC-Kapseln sowie zwei griffbereite Messer.

Der 34-Jährige, der nach eigenen Angaben rund 80000 Euro Schulden hat, zeigte sich sehr erleichtert, dass er im Gefängnis clean geworden ist. Der Familienvater will eigenen Angaben einen Schlussstrich ziehen und nach seiner Therapie nie mehr mit Drogen zu tun haben.

Verschlüsselte Messenger-Dienste

Kryptohandys
Sky-ECC war einer von mehreren Dienstleistungsanbietern in Europa und Kanada, die auf Kryptohandys Ende-zu-Ende verschlüsselte Instant-Messenger anboten. Die Geräte verfügten weder über Mikrofone noch Kameras und kommunizierten ausschließlich über den Server des Anbieters.

Ermittlungen
Nachdem diese Dienste lange Zeit als nicht zu knacken gegolten haben, gelang es einer Kooperation von belgischen, französischen und niederländischen Ermittlern im März 2021 das System von Sky-ECC zu infiltrieren und Zugriff auf rund eine Milliarde verschlüsselte Nachrichten zu kriegen. Bei Hausdurchsuchungen wurden Geldbeträge in Millionenhöhe und mehrere Tonnen Drogen sichergestellt.

Verwertung
Der Bundesgerichtshof hat im Fall von EncroChat-Daten die Verwertung für zulässig erachtet. Wie es für andere Anbieter aussieht, ist noch nicht ganz geklärt.