Er war Mister Universe, Hollywoodstar und Gouverneur – viel Stoff für ein Leben: Arnold Schwarzenegger hat am Mittwoch auf der Frankfurter Buchmesse seine Autobiografie präsentiert.

Frankfurt - Der Mann hat einen harten Job erledigt, bei dem ihm seine immer noch den Anzug schier sprengenden Muskeln nicht helfen konnten: „Ich musste etwas tun, was ich hasse“, sagt Arnold Schwarzenegger vor so vielen Hundert Menschen am Mittwoch auf der Frankfurter Buchmesse, dass ihn die hinteren weder sehen noch hören können: „Ich musste mich mit meiner Vergangenheit beschäftigen. Wer mich kennt, der weiß: Ich schaue gerne nach vorne!“

 

Er spricht deutsch mit steirischer Färbung. Er zählt seine Erfolge auf. Ein bisschen klingt Arnold Schwarzenegger wie ein Boxpromoter, der Arnold Schwarzenegger ankündigt und ordentlich überzieht. Er hält ein Buch in die Kameras: „Es ist ein Buch, auf das ich so stolz bin, wie auf meine ersten Mister-Universum-Titel und auf ,Conan’.“

Das Buch, die Autobiografie namens „Total Recall“, ist ein gewaltiger 672-Seiten-Wälzer, dessen erstes Viertel sich vornehmlich mit dem Training von Muskelgruppen befasst, von deren Existenz man vorher womöglich noch nichts gewusst hat: Serratus, Latissmus, Deltamuskel, so was alles. Die Rede ist auch davon, wie man seinen Körper oder einzelne Muskeln „definiert“. Viele hundert Seiten später schreibt Schwarzenegger: „Wir haben das Amt des Gouverneurs neu definiert.“ Ein Definator also, dessen erste Geschäftsidee darin bestand, als Zehnjähriger am heimischen Thalersee Eis an die Badenden zu verkaufen, der als Schüler im Sägewerk malochte, und der später in Los Angeles einen Bodybuilding-Versandhandel, eine Baufirma und gewaltige Immobiliendeals gleichzeitig betrieb, während er Bodybuilding-Wettkämpfe gewann, Wirtschaftswissenschaften studierte und seine ersten muskulösen Barbaren spielte.

Es kommt nicht aufs Geld an, sondern auf die Leidenschaft

Arnold Schwarzenegger macht in „Total Recall“ keinen Hehl daraus, dass er von Anfang an vorhatte, erstens reich und zweitens berühmt zu werden und drittens Spaß dabei zu haben: „Alle meine Arbeitsfelder hätten auch meine Hobbys sein können“, schreibt er, und dass es auf den Antrieb ankomme: „Meine Definition von Leben lautet, dass man Begeisterung verspüren muss. Das unterscheidet das Leben von der bloßen Existenz.“ Und dann druckt er tatsächlich eine Auflistung seiner Gagenentwicklung in den achtziger Jahren: „Terminator“: 750 000 Dollar (heute etwa 580 000 Euro); „Predator“: drei Millionen Dollar; „Total Recall“ (der Film): zehn Millionen Dollar. In Frankfurt erzählt er während einer Pressekonferenz nach den Huldigungen durch seine Fans, dass er am Höhepunkt seiner Karriere 30 Millionen Dollar für eine Hauptrolle kassiert hat. Da spricht er dieses Englisch mit steirischem Akzent, das ihn erfolgreich, weil einzigartig gemacht hat: „Your first Motivation should not be Money“, sagt er (Deine Hauptmotivation sollte nicht Geld sein). Stattdessen käme es auf die Leidenschaft an.

Im Buch, das eine Liebeserklärung an sich selber ist, aber auch an seine (Noch-) Ehefrau, handelt Arnold Schwarzenegger seine Megahochzeit mit Maria Shriver mit derselben Akribie ab wie seinen Wahlkampf für den Job, den er selbst gerne „Gouvernator“ nennt. Und „einen Tag, nachdem ich das Amt des Gouverneurs niedergelegt hatte“, schreibt er, musste er beim Eheberater seiner Frau gegenüber zugeben, dass der Sohn seiner Haushälterin auch seiner ist. Schwarzenegger bereut. Aber er versucht auch zu begründen: „Viele Menschen, egal wie erfolgreich sie im Leben sind, treffen dumme Entscheidungen, wenn Sex im Spiel ist“, schreibt er. In Frankfurt sagt er: „Es war der schwärzeste Tag in meinem Leben, als meine Familie durch meine Schuld auseinandergebrochen ist.“

Doch auch wenn die Scheidung schon läuft, bleibt er Optimist und hofft, mit seiner betrogenen Frau wieder zusammen zu kommen. Denn er hat am Ende seines Buches zehn Grundregeln fürs Leben entwickelt, die viel mit Optimismus zu tun haben. Die zweite: „Denk nicht zu viel nach.“ Die zehnte: „Bleib hungrig.“ Zur Erläuterung schreibt er: „Sei hungrig nach Erfolg, hungrig, dir einen Namen zu machen, hungrig, gesehen zu werden, gehört zu werden und etwas zu bewirken.“ Sein Leben ist die Geschichte eines besessenen Weitermachers.

Der erfolgreichste Einwanderer, den Amerika vorzuweisen hat

Das Gesehenwerden ist auf der Frankfurter Buchmesse nicht ganz so einfach. Bodyguards und Trauben von Fotografen umringen Arnold Schwarzenegger, wenn er von der öffentlichen Bühne zur Pressekonferenz hastet. „Austria is great“, sagt er dort, und dass die Treibhausgase in Kalifornien bald um 25 und später um 75, möglicherweise gar um 85 Prozent verringert werden würden. Aber er spricht jetzt leiser, nicht mehr wie ein Boxpromoter. Er sagt: „Ich bin immer sehr kritisch mit mir selbst, auch wenn ich so tue, als ob ich alles unter Kontrolle habe.“ Aber wenn er die Zähne bleckt und sein Kinn nach vorne schiebt, dann vereinigen sich Hollywood, Hochfinanz und Höchstpolitik in der Gestalt des wohl erfolgreichsten Einwanderers, den Amerika vorzuweisen hat. Und er zeigt, dass er das genießt.

Vor seinen Fans sagt Schwarzenegger, dass er gerade vier Filme innerhalb eines Jahres gedreht habe. So als sei es selbstverständlich, dass ein ehemaliger US-Gouverneur Actionfilme dreht, so als sei nur die Zahl vier spektakulär. Er ist jetzt 65. Er will jetzt lehren, am von ihm ins Leben gerufenen Schwarzenegger-Institut für Politik. Er zählt auf: „Terminator“, dann irgendwas, was man im Tumult nicht versteht, dann „Educator“.

Und als er seine beiden berühmtesten Filmsätze aufsagt, schmunzeln auch die Literaturexperten, die gut darin sind, mit verkniffenem Gesicht zum Ausdruck zu bringen, dass sie nur zufällig bei Schwarzeneggers Rede stehen geblieben sind. „Hasta la Vista, Baby“, sagt er. Und „I‘ll be back.“ In seinem neuen Film „The Expendables 2“ macht er einen selbstironischen Witz, den man so verstehen kann, dass Actionhelden mit schweren Waffen ins Museum gehören. Zum Glück wohnen so viele Arnold Schwarzeneggers in seinem Körper, dass die Chancen gut stehen, von mindestens einem von ihnen noch gehörig überrascht zu werden.