Bastian Schweinsteigers Wechsel nach England scheint die Bayern-Bosse ziemlich kalt zu lassen. Mehr Rückhalt dürfte den Ur-Münchner bei Manchester United erwarten, wohin ihn sein ehemaliger Förderer Louis van Gaal gelotst hat.

München – Vielleicht kommt Trainer Pep Guardiola und dem FC Bayern die bevorstehende PR-Reise nach China ganz gelegen. Sie hetzen dort zwar von Termin zu Termin, eine geordnete Vorbereitung dürfte kaum möglich sein, aber wenigstens lassen sie das Aufregerthema dieser Tage erst einmal zurück, wenn sie am Donnerstag ins Flugzeug steigen. Bastian Schweinsteiger weilt dann mit Manchester United bereits seit ein paar Tagen auf der anderen Seite des Erdballs, in den USA. Die Distanz, die zwischen dem Rekordmeister und seinem ehemaligen Vizekapitän herrscht, könnte nicht viel größer sein. Allerdings nicht nur räumlich.

 

Als die Münchner am Samstag im Rahmen ihrer Teampräsentation vor 60 000 Zuschauern im eigenen Stadion den Abschied von dem bereits auf dem Weg nach England befindlichen Schweinsteiger unter Pfiffen des Publikums verkündeten, konnte man eine Entfremdung spüren. Geschäftsmäßig, ohne große Empathie, sprach der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge über die Unterhaltung mit dem 30-Jährigen, an deren Ende feststand, dass Schweinsteiger nach 17 Jahren den FC Bayern verlassen wird.

Keine ernsthaften Gegenmaßnahmen

Das Gespräch sei „seriös und ehrlich“ gewesen, erzählt der Vereinschef und betont, dass es der Wunsch des Spielers gewesen sei, die Bayern-Ära zu beenden. „Er möchte noch einmal etwas Neues machen.“ Offenbar gab es von Seiten der Münchner aber auch keine allzu ernsthaften Versuche, den Mittelfeldspieler umzustimmen. Den Verdacht, dass Schweinsteigers Abschied dem Club ganz gut ins Konzept passt, konnte weder Rummenigge noch Sportvorstand Matthias Sammer entkräften. „Von uns wird immer verlangt, einen Übergang zu schaffen. Da ist auch frisches Blut vonnöten“, sagte der Vereinschef. Und Sammer findet, „dass wir immer wieder ganz sensibel darauf achten müssen, wie sich die Mannschaft für die Zukunft aufstellt“.

Bastian Schweinsteiger wird demnächst 31 Jahre und war zuletzt häufiger in den Arztpraxen zu finden als auf dem Platz. „So schnelllebig ist das Fußballgeschäft“, sagte Thomas Müller. Das klingt ein wenig kühl, aber der Eindruck täuscht. Denn sowohl Müller als auch die anderen Spieler schienen den Abschied mehr zu bedauern als die Vereinsführung. Sogar der sonst oft sehr diplomatisch im Sinne des Vereins argumentierende Philipp Lahm zeigte sich ernsthaft betroffen. „Für mich ist es sehr traurig, denn wir haben viel miteinander erlebt, Positives wie Negatives, unsere ganzen Karrieren zusammen Fußball gespielt“, sagte der Kapitän. „Er ist ein bayerischer Bua und wird uns fehlen, definitiv.“

Van Gaal steht für mehr Rückendeckung

Sportlich kann Guardiola mit dem von Mittelfeldspielern beherrschten Kader der Münchner die Lücke womöglich füllen, leichter jedenfalls als die, die Schweinsteiger als eine der letzten Identifikationsfiguren hinterlässt. „Er ist jetzt schon eine Ikone“, gibt Sammer zu. Und auch Rummenigge versuchte, den scheidenden Schweinsteiger zu würdigen: „Für so einen verdienten Spieler ist immer eine Tür offen.“

Der Bundestrainer Joachim Löw ist überzeugt, „dass der neue Reiz der Premier League Basti gut tun wird“. Schweinsteiger trifft in Manchester nun auf seinen alten Förderer Louis van Gaal, der ihn einst vom Flügelspieler ins defensive Mittelfeld beordert hatte. Am Ende gab für Schweinsteiger vielleicht nicht nur der Reiz des Neuen den Ausschlag, sondern auch der Rückhalt.