Die Corona-Maßnahmen werden in den Stuttgarter Freibädern gut angenommen. Nur bei den Online-Tickets gibt es vereinzelt Probleme.

Stuttgart - Es geht sehr gemächlich los an diesem ersten Tag der Wiedereröffnung. Es ist ein trüber Montagmorgen, später soll es noch regnen. Wenige ziehen trotzdem ihre Bahnen im Becken des Höhenfreibads Killesberg. Schwimmer-Autobahn nennt sich das jetzt – die Richtung und die Anzahl der Personen sind klar vorgegeben. In zwei Zeitfenstern mit jeweils fünf Stunden dürfen maximal 450 Besucher ins Bad. Die Besucheranzahl soll irgendwann erhöht werden. „Wir starten erst einmal mit weniger bis alle Abläufe für Badegäste und für die Mitarbeiter eingespielt sind“, sagt der Sprecher der Bäderbetriebe, Jens Böhm. Am Ende des ersten Zeitfensters werden es am Montagmorgen knapp über 90 Badegäste sein.

 

Nachdem der Lenkungskreis beschlossen hatte, dass die Bäder und Badeseen im Land am 6. Juni unter Auflagen wieder öffnen dürfen, war noch einmal Geduld gefragt. Die Entscheidung kam für die Stuttgarter Bäderbetriebe etwas zu kurzfristig. Nun wurde vergangene Woche unter Hochdruck gearbeitet, um alle Anforderungen in den Bädern umsetzen zu können.

Uter Hochdruck wurde an der Umsetzung der Maßnahmen gearbeitet

Im Höhenfreibad Killesberg weisen Markierungen auf dem Boden am Eingang auf den Mindestabstand hin. Auf Plakaten sind die Erläuterungen zu den Hygienemaßnahmen rot hervorgehoben. Besuchermagnete wie die Sprunganlage, der Strömungskanal und der Api-Ball zum Erzeugen von Wellen sind erst einmal gesperrt. Um die Sitzbänke rund um das Becken wurde Absperrband gewickelt, lediglich ein paar Rucksäcke, Taschen und Handtücher finden darauf noch Platz. „Vor allem die letzte Woche war knackig“, sagt die Schwimmbadleiterin Jessica Eckardt. Der Großteil der rund 300 Mitarbeiter der Bäderbetriebe kam da gerade aus der Kurzarbeit, die Zeit für die Vorbereitungen war entsprechend knapp. Was sonst Priorität hat vor dem Freibadsaisonstart – etwa das Gelände von Unkraut zu befreien – musste der Umsetzung der neuen Regelungen weichen. Jetzt sei aber alles geschafft.

Armin und Bettina sind mit die ersten Gäste an diesem Tag. „Wir wollten heute die Lage checken und schauen, ob es unter diesen Bedingungen Spaß macht“, sagt der 53-Jährige. Bettina sagt: „Ich war skeptisch.“ Doch beide sind überrascht: Es funktioniere erstaunlich gut. „Wieder unter Leute zu gehen, Bahnen schwimmen: Das tut gut“, sagt die 52-Jährige. Armin kennt das Höhenfreibad Killesberg in- und auswendig. Er habe dort Schwimmen gelernt und sei heute Dauerkartenbesitzer. Das Killesbergbad nennt er sein zweites Wohnzimmer.

In diesem Jahr muss er auf die Dauerkarte verzichten – das E-Ticket-System sieht nur den Verkauf von Einzeltickets vor. Das neue System ist am vergangenen Freitag um 0 Uhr gestartet. Wer ins Bad will muss sich vorab online registrieren und online bezahlen. So sollen lange Warteschlangen an den Kassen vermieden werden. Einige Stammgäste waren da schon in den Startlöchern: Kurz nach Mitternacht waren die ersten Tickets für Montagfrüh verkauft, berichtet Eckardt.

Die Online-Tickets führen bei manchen zu Problemen

Das E-Ticket-System stellt manche Besucher aber auch vor Herausforderungen. An diesem Morgen steht eine Frau an der Kasse, die nach einigen Schwierigkeiten zwar ein Ticket buchen konnte – nur hat sie das Zeitfenster nachmittags statt morgens erwischt und muss erst einmal wieder umkehren. Auch manche Kunden anderer Bäder haben Probleme. „Ich bin damit nicht klargekommen“, sagt ein 62 Jahre alter Stuttgarter, der ins Inselbad Untertürkheim wollte. Vor allem die Bezahlung habe ihm zu schaffen gemacht. Lieber wäre es ihm, man müsse sich nur online registrieren und könnte anschließend im Bad bar bezahlen. Falls jemand kein Internet zuhause habe, solle man sich an Familie, Freunde oder Bekannte wenden, die die Online-Buchung übernehmen können, steht auf der Internetseite der Bäderbetriebe. „Aber viele Menschen haben niemanden“, sagt der 62-Jährige.

Ruhiger Start in eine etwas andere Badesaison

Die Beschwerden kommen auch bei den Bäderbetrieben an. „Wir möchten niemanden ausschließen“, sagt Böhm. Doch nur durch die Online-Registrierung könnten die Regeln eingehalten, die Anzahl der Badegäste begrenzt und Warteschlangen an der Kasse vermieden werden. „Nur mit diesem Prozedere kann es funktionieren“, sagt Böhm und bittet um Verständnis. Falls es bei jemandem mal gar nicht klappen sollte, gebe es außerdem eine Telefonnummer, unter der man Hilfe bekomme „Dann versuchen wir gemeinsam eine Lösung zu finden.“

Bei Claire hat es gut funktioniert. „Ich habe mich heute morgen ganz spontan entschieden“, sagt die 52-Jährige. Innerhalb einer halben Stunde habe sie sich registriert, bezahlt und sei zum Bad gekommen. Sie wohnt im Stuttgarter Norden und hat es nicht weit. Jetzt sitzt sie im Bademantel auf den Stufen am Beckenrand und trinkt einen Cappuccino. „Es ist schön, wieder zu schwimmen und die Verspannungen zu lösen, die gerade auf einem lasten“, sagt sie. Grundsätzlich sei sie noch sehr vorsichtig. „Aber es klappt toll. Alle nehmen Rücksicht aufeinander.“

Auch Jessica Eckardt und die Badeaufsicht vor Ort sind zufrieden mit den ersten Stunden. „Es läuft alles sehr diszipliniert ab“, sagt Eckardt. Und so war das Wetter zwar nicht besonders einladend, hat aber allen Beteiligten einen ruhigen und übersichtlichen Start in die etwas andere Freibadsaison 2020 ermöglicht.