Wer beim Radeln unterwegs ein bisschen Kultur aufschnappen will, ist auf dem „Sculptoura-Radweg“ im Landkreis Böblingen genau richtig. Am Ende der rund 40 Kilometer langen Strecke von Weil der Stadt nach Waldenbuch lockt eine süße Belohnung.

Weil der Stadt/Waldenbuch - Was ursprünglich als ein auf ein Jahr begrenztes Projekt begann, ist zu einem dauerhaften Anziehungspunkt geworden: Im Sommer 2014 hat der Landkreis Böblingen einen Skulpturen-Radwanderweg auf einer Teilstrecke entlang des Museumsradwegs von Grafenau bis Waldenbuch eröffnet. Etwa 60 Künstlerinnen und Künstler hatten sich mit mehr als 80 Arbeiten daran beteiligt. Anfangs war die Strecke rund 34 Kilometer lang und verlief auf einem Radweg von der Galerie Schlichtenmaier in Dätzingen über Ehningen, Hildrizhausen, Altdorf, Holzgerlingen und Weil im Schönbuch bis zum Museum Ritter nach Waldenbuch.

 

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Mittlerweile hat sich die Sculptoura sowohl in die Länge als auch in die Breite weiter ausgedehnt. So beginnt die Hauptroute seit 2017 auf dem Marktplatz in Weil der Stadt und ist damit fast 40 Kilometer lang. Wer möchte, kann zudem auf alternativen Radtouren auch die Seitenäste des Skulpturenpfades erkunden – zum Beispiel zum Schönbuchturm – und dabei deutlich längere Touren machen.

Was macht die „Sculptoura“ besonders?

Das Wörtchen „Tour“ in „Sculptoura“ sagt es schon: Die Standbilder und Plastiken dürfen hier gerne auf sportliche Weise besichtigt werden. Vom Fahrradsattel aus erlebt man Kunst wie in keiner Galerie und in keinem Museum: Durchs Blätterdach dringen warme Sonnenstrahlen aufs Gesicht, die Luft riecht nach frisch gemähtem Gras (vielleicht manchmal auch nach Kuhmist), und über die Haut streicht ein angenehmer Fahrtwind. So manches Kunstwerk beschert einem aus unmittelbarer Nähe einen echten „Wow“-Moment.

Zum Beispiel die wuchtige Bohnet-Stahlplastik „Kraft - Bewegung“ zwischen Dätzingen und Aidlingen. Wer im Auto daran vorbeifährt, nimmt das markante Zacken-Gebilde nur aus einiger Entfernung und aus den Augenwinkeln wahr. Hier ist das etwas völlig anderes: Man rollt mit dem Rad aus dem schattigen Wald heraus und reißt verblüfft die Augen auf, wenn dieses monumentale Werk plötzlich im hellen Sonnenlicht vor einem aufragt.

Für wen ist die Tour geeignet?

Wer sich für Kunst interessiert und sich zudem gerne in der Natur bewegt, wird auf diesem Skulpturen-Radwanderweg viel Spaß haben. Auf der Strecke von der Weil der Stadt nach Waldenbuch sind zwar durchaus einige Höhenmeter zu bewältigen. Wie groß die sportliche Herausforderung dabei sein soll, kann im E-Bike-Zeitalter aber jeder selbst bestimmen (Ausleihmöglichkeiten gibt es zum Beispiel an den Bahnhöfen in Herrenberg und Holzgerlingen).

Familien mit Kindern haben auf der „Sculptoura“ die Chance, mit ihrem Nachwuchs einmal Kunst nicht nur zum Anschauen, sondern auch zum Anfassen und Hochklettern zu erleben. Je nach Alter der Kinder kann man die ganze Tour in Angriff nehmen oder sich nur ein Teilstück aussuchen.

Wie kommt man hin?

Wer eine weitere Anreise hat, kann die „Sculptoura“ recht bequem mit dem ÖPNV erreichen. Gute Einstiege sind zum Beispiel Weil der Stadt mit der S 6 aus Stuttgart. Wer die Tour lieber in der Mitte beginnen möchte, nimmt die S 1 und steigt in Ehningen aus. Wer noch ein Stück näher am Zielpunkt Waldenbuch anfangen möchte, erreicht Holzgerlingen mit der Schönbuchbahn aus Richtung Böblingen oder Dettenhausen.

Wie gut ist die Streckenführung?

Wer schon mal eine Radtour ohne gewissenhaftes Kartenstudium im Voraus gemacht hat, der weiß, was Amerikaner mit dem Ausdruck „taking the scenic route“ meinen. Und auch, wenn es bei dieser Freiluftgalerie vor allem um die schöne Aussicht geht, haben doch die wenigsten Lust, unfreiwillig auf Um- und Abwege zu gelangen.

Zum Glück helfen bei der Orientierung neben den alle paar Kilometer aufgehängten Schildern mit dem pinkfarbenen Schriftzug „Kunst in der Natur“ die roten Quader, die der Künstler HD Schrader unter dem Motto „cubes and trees“ in und neben Bäumen auf der gesamten Strecke platziert hat. Trotzdem schadet es nicht, sich vor dem Losradeln einmal die „Sculptoura“-Website anzuschauen. Dort gibt es neben nützlichen Tipps auch eine interaktive Karte, auf der man sich vorab sämtliche Kunstwerke und ihre Standort anschauen kann.

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Wie sieht’s mit Gastro-Angeboten aus?

An den Startpunkten und entlang der Route gibt es von Eisdielen über Biergärten bis hin zum Sternerestaurant diverse Möglichkeiten, sich zu stärken. Wer Weil der Stadt als Zielort anpeilt, kann die Tour zum Beispiel im idyllisch unter Bäumen gelegenen Biergarten „Zur Säge“ ausklingen lassen. Am anderen Ende der Route wartet das Museum Ritter mit seinem Museumscafé und dem Schoko-Shop von Ritter Sport.

Dafür lohnt es, in der Satteltasche ein wenig Platz für das eine oder andere Kilo Schokolade zu lassen. Und wer seiner Tour die „Krone“ aufsetzen will, der speist zum Abschluss im gleichnamigen mit einem Michelin Stern ausgezeichneten Gasthof in der Nürtinger Straße. Allerdings sollte man dafür vielleicht Waschzeug und ein paar schicke Wechselklamotten dabei haben.