Alle paar Tage ändern sich die Regeln für die Gastronomie. Sebastian Ludwig von der Weinstube am Stadtgraben in Stuttgart-Bad Cannstatt studiert ständig die Coronaverordnung des Landes – und ist über neue Öffnungsschritte trotzdem überrascht.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Sebastian Ludwig studiert ständig die Coronaverordnung des Landes. Der Wirt der Weinstube am Stadtgraben wird trotzdem nicht immer schlau daraus. Manche Öffnungsschritte kommen für ihn sogar überraschend schnell, sagt er im Interview.

 

Herr Ludwig, haben Sie noch den Überblick, welche Regeln gerade gelten?

Ich habe ihn eindeutig nicht. Aus der Zeitung habe ich erfahren, dass wir diese Woche bis 1 Uhr öffnen dürfen. Dabei müsste laut der Corona-Landesverordnung erst die Stufe zwei mit Öffnungszeiten bis 22 Uhr kommen. Ich verstehe es nicht. Aber ich muss es genau wissen, schließlich will ich keine Ordnungswidrigkeit begehen.

Wie schaffen Sie Klarheit?

Ich studiere regelmäßig die Coronaverordnung, ich lese diverse Blogs. Nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr war ich zu eifrig: In der Verordnung von Mecklenburg-Vorpommern hieß es damals, dass man die Tische mit Plexiglasscheiben trennen kann. Das habe ich sofort umgesetzt. Ein paar Tage später stand in der baden-württembergischen Verordnung, dass dies bei uns nicht zulässig ist. Die Plexiglasscheiben hängen trotzdem noch. Die geben dem Gast ein gutes Gefühl, das ist das Allerwichtigste.

Sind den Gästen die neuen Regeln nicht auch zu kompliziert?

Tatsächlich hatten wir gerade überdurchschnittlich viele Essensabholer. Die kurzen Öffnungszeiten waren für uns und die Gäste auch extrem unerfreulich. Wir waren gut besucht. Aber für manche Gäste hat es nicht mehr bis zum Dessert gereicht. Als Gast kümmert man sich um die ganzen Regeln nicht, sondern hat die Erwartung, dass alles wie früher ist.

Bringt es etwas, dass die Testpflicht für den Außenbereich bald wegfällt?

Dieselben Regeln für innen und außen sind einfacher. Was mache ich mit einem Tisch, wenn es regnet? Dürfen dann nur die in den Innenraum, die getestet sind, und die anderen müssen draußen fertig essen? Eigentlich hat Tübingen doch gezeigt, dass das Testen eine gewisse Kontrolle bringt. Warum man so schnell darauf verzichtet, verstehe ich nicht. Zumal jetzt auch viele Pfingsturlauber nach Hause gekommen sind – teilweise in Kreise, in denen keine Testpflicht mehr besteht.

Sind Sie strenger als die Verordnung?

Das ist definitiv nicht mein Ziel. Aber manchmal macht man sich Gedanken, was sinnvoll ist und was nicht – und warum das, was man mühevoll umgesetzt hat, plötzlich nicht mehr sinnvoll sein soll.

Zur Person

Sebastian Ludwig hat eine Kochlehre absolviert, wollte dann aber Geschichts- und Französischlehrer werden. Nach einem Jahr als Assistenzlehrer in Frankreich entschied er sich wieder um – und wurde Schulbuchredakteur. Der Übergang in die Gastronomie war fließend: Der Einstieg erfolgte übers Catering, 2005 übernahm er den Adler in Untertürkheim. Seit 2008 betreibt der 53-Jährige die Weinstube am Stadtgraben in Cannstatt.

Die Geschäftsessen und die Touristen fehlen Sebastian Ludwig noch für einen wirtschaftlichen Betrieb. Am Wochenende ist die Weinstube jetzt wieder gut besucht. Doch früher war auch montags voll.