Secondhand-Läden haftet ein Schmuddel-Image an. Dabei entspricht das längst nicht mehr der Realität. Zu Besuch an zwei Orten, wo der Handel mit ausgesonderten Kleidern zu einem Geschäft geworden ist.

Waldenbuch/L.-E. - Im Zentrum des Secondhand-Ladens in Waldenbuch steht eine Schaufensterpuppe. Eine Bluse steckt im wadenlangen Seidenrock – ein Outfit, wie es auch in den Auslagen großer Modeketten ausgestellt ist. Doch im Gegensatz dazu hängen im Laden von Elisabeth Veit ausschließlich Einzelstücke auf der Stange, die schon mal getragen wurden. Sie verkauft Kleidung aus zweiter Hand. „Mir hat schon immer der Gedanke gefallen, das, was da ist, unter die Leute zu bringen“, sagt die Ladeninhaberin.

 

Wer bei Secondhand an einen dunklen Kellerraum mit muffiger Kleidung von Omas Dachboden denkt, der täuscht sich. Nach Farben sortiert, reihen sich die Kleidungsstücke aneinander. Neben Pullovern für 30 Euro findet sich hier auch eine Lederjacke mit einem Futter aus Lammfell. 180 Euro müssen hierfür über den Tresen wandern. Trotzdem zahlen die Kunden Secondhand dafür viel weniger, als Jacken und Co. neu wert wären. Mit ihrem Laden möchte Veit die Lebensdauer von Kleidung verlängern. Dabei setzt sie bei Schicki Miki, wie ihr Laden heißt, gezielt auf hochwertigere Ware – nicht nur, weil diese eine höhere Qualität im Vergleich zu Klamotten von Billigketten aufweist: „Wenn ich mir ein T-Shirt für zwei Euro kaufe, kaufe ich mir schnell auch ein zweites oder drittes. Es ist eine seltsame Einstellung, dass man T-Shirts, anstatt sie zu waschen, wegen eines Flecks wegschmeißt“, sagt Veit. Im Durchschnitt kauft sich jeder Deutsche 60 Kleidungsstücke im Jahr.

Die Bedeutung von Secondhand wächst

Auf dem Luxusmarkt wächst die Bedeutung vom Handel mit Secondhand-Ware. Dies zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Bain & Company aus dem Jahr 2019. So wurden der Studie zufolge im vergangenen Jahr 26 Milliarden Euro mit Luxusartikeln aus zweiter Hand umgesetzt. Uhren und Schmuck machten dabei den Großteil des Umsatzes aus, 70 Prozent entfallen auf den Verkauf im stationären Handel. Dabei ist der Handel mit Gebrauchtwaren nichts Neues. „Kindersachen noch mal zu nutzen, ist zum Beispiel ganz normal“, sagt Veit.

Das zeigt sich auch bei der Schatztruhe in Leinfelden. Hier verkaufen Ehrenamtliche Secondhand-Ware für Kinder. Für einen Anorak zahlt man sechs bis acht Euro, Shirts bekommt man schon ab zwei Euro. Auch hier gilt: Discounter-Kleidung findet in den Regalen keinen Platz. Ursula Krause, die jede Woche hinter der Kasse steht, erklärt das so: „Wenn die Discounter die Kleidung für zwei Euro anbieten, was sollen wir dann noch verlangen? Da sind die Ausgaben höher, als wir am Ende damit einnehmen.“ Die Hälfte des Geldes erhält der Besitzer der Kleidung, die andere kommt dem Trägerverein Arche Nora zugute.

Dadurch werde weniger produziert

Zwei Gründe führen Eltern und Großeltern immer wieder in den Laden. „Vielen ist es wichtig, dass die Chemie schon aus den Kleidern herausgewaschen ist“, sagt Krause. Neben diesem Bewusstsein spiele laut Christa Wentsch, ebenfalls ehrenamtliche Helferin, der Kaufpreis eine Rolle: „Beim ersten Kind kauft man es vielleicht noch neu. Dann merkt man: Das lohnt sich nicht.“ Denn nicht selten findet sich an den Knien schon nach wenigen Malen Tragen ein Loch in der Hose. Hinzu kommt, dass die Kinder schnell aus den Hosen und Pullis rauswachsen. „Statt es wegzuwerfen, wird es durch wen anders noch mal getragen. Dadurch wird weniger produziert“, sagt Wentsch.

Elisabeth Veit bezeichnet ihren Laden in Waldenbuch als einen Umschlagplatz. Hier sind viele Kundinnen auf der Suche nach Schätzen – dafür sind sie auch bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Auf der anderen Seite bringen Kundinnen Kleidung vorbei, die oft ungetragen im Kleiderschrank hängt. „Viele geben hier Klamotten auf, die sie im Überfluss gekauft haben und jetzt wieder loswerden wollen.“ Eine Greenpeace-Umfrage zeigt: Jedes fünfte Stück aus dem Kleiderschrank wird so gut wie nie getragen. Statt im Altkleidersack landen manche davon im Fachgeschäft von Veit.

Es gibt auch Tipps, was man sonst mit den Kleidern machen könnte

Eine ältere Dame betritt den Laden. In der Hand hält sie eine Papiertüte. Darin befindet sich ein Zweiteiler, bestehend aus Blouson und Plisseerock. „Ich will gar keinen hohen Preis erzielen. Hauptsache, es landet nicht im Müll“, sagt sie zu Veit. Diese veranschlagt für die beiden Kleidungsstücke 50 Euro. Werden sie verkauft, erhält die Kundin die Hälfte davon.

Doch nicht jedes Teil findet einen neuen Besitzer. Hütet etwas länger als zwei Monate den Laden, muss die Kundin es wieder abholen. Befürchtet Veit, dass das Kleidungsstück dann im Müll landet, gibt sie den Kunden Tipps, was sie mit der Kleidung stattdessen anstellen könnten. So wurde aus einem Kaschmir-Poncho zum Beispiel eine Decke für die Sofaecke.